Das Dienstgebäude des Auswärtigen Amtes in Berlin mit dem Eingang am Werderschen Markt, in den Fenstern spiegelt sich der Fernsehturm.
Das Auswärtige Amt ist für die internationale Klimapolitik der Bundesregierung zuständig. (Bild: Manfred Brückels/​Wikimedia Commons)

Als die 28. Weltklimakonferenz in Dubai kürzlich zu Ende ging, herrschte ein gewisses Aufatmen. Die "COP 28" sei nicht gescheitert, sondern habe ein akzeptables Ergebnis gebracht, erklärten viele Expert:innen.

Nun läuft die Debatte, was die Abschlusserklärung von Dubai konkret bedeutet. Müssen Deutschland und die Europäische Union klimapolitisch mehr tun, als sie bisher planen? Zivilgesellschaftliche Organisationen wie Germanwatch sagen "Ja", die Bundesregierung dagegen "Nein".

Die unterschiedlichen Einschätzungen betreffen einen zentralen Punkt des Abschlussdokuments von Mitte Dezember. Im Punkt 27 der Bestandsaufnahme zur bisherigen globalen Klimapolitik heißt es, alle Staaten müssten sich gemeinsam anstrengen, den Treibhausgasausstoß bis 2030 um 43 Prozent im Vergleich zu 2019 zu verringern. Das sei nötig, damit noch eine Aussicht bestehe, den Anstieg der globalen Temperatur auf 1,5 Grad zu begrenzen.

Diese Aussage habe konkrete Konsequenzen für das Reduktionsziel der Europäischen Union, schlussfolgert jetzt die Entwicklungs- und Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. Wenn man das Ergebnis der Weltklimakonferenz ernst nehme, sollte die EU mehr tun, als bisher beabsichtigt.

"Als Konsequenz aus den Beschlüssen von Dubai müsste die EU ihr Ziel der Emissionsreduzierung auf mehr als 59 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 1990 anheben", sagt Charly Heberer, Klimaexperte von Germanwatch. "Das aktuelle Ziel von minus 55 Prozent reicht dafür nicht aus."

Die Umrechnung des EU-Ziels auf das Dubai-Ziel stimmt, Heberer kann das anhand der Emissionsentwicklung der EU nachvollziehbar belegen. Allerdings hat die Weltklimakonferenz keine konkreten CO2-Minderungsziele für einzelne Staaten festgelegt.

Keine konkreten Verpflichtungen

Das Auswärtige Amt, in der Bundesregierung federführend für internationale Klimapolitik, lässt sich nicht auf die Argumentation ein. Die EU "wird bei vollständiger Umsetzung des 'Fit for 55'-Pakets die Nettotreibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent senken", heißt es aus dem Haus von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). "Eine ambitionierte Umsetzung des Pakets würde eine leichte Übererfüllung ermöglichen."

Die Erklärung ist mit dem Wirtschafts- und Klimaministerium von Robert Habeck (Grüne) abgestimmt. Von einer notwendigen Reduzierung des CO2-Ausstoßes der EU um 59 Prozent ist keine Rede.

Die unterschiedlichen Bewertungen spielen auch beim Geld eine Rolle. Germanwatch argumentiert, als reiches Land mit hohen Pro-Kopf-Emissionen habe Deutschland eine besondere Verantwortung, sich mehr anzustrengen. "Die Beschlüsse von Dubai legen nahe, dass Deutschland ab 2025 deutlich mehr Mittel für die internationale Klimapolitik zur Verfügung stellen muss", mahnt Kai Bergmann von Germanwatch.

"Sollte der zugesagte Beitrag von gut sechs Milliarden Euro in 2024 reduziert werden, stellte dies einen schweren Vertrauensbruch dar." Bergmann spricht damit die möglichen Kürzungen im Bundeshaushalt für dieses Jahr an, die die Bundesregierung plant.

Das Entwicklungsministerium von Svenja Schulze (SPD) weist jedoch darauf hin, dass in Dubai keine konkreten Beschlüsse für Finanzierungsverpflichtungen einzelner Staaten gefasst wurden. Zu den kommenden Sparvorgaben heißt es: "Die Einschnitte sind schmerzhaft und werden in vielen Bereichen zu spüren sein, auch bei der internationalen Klimafinanzierung. Welche Folgen es für das Sechs-Milliarden-Klimafinanzierungs-Ziel gibt, lässt sich heute noch nicht prognostizieren."

 

Im Abschlussdokument der COP 28 finden sich noch weitere Ziele, die konkret klingen, es auf den zweiten Blick aber nicht sind. So heißt es in Punkt 28 der Bestandsaufnahme, bis 2030 wolle man die Erzeugungskapazität der erneuerbaren Energien im Vergleich zu heute "verdreifachen" und die jährliche Steigerung der Energieeffizienz "verdoppeln".

Beides sind allerdings globale Ziele, die keine unmittelbaren Pflichten für einzelne Staaten nach sich ziehen. Die Formulierung bedeutet nicht, dass nun Deutschland oder die EU die erneuerbaren Energien in den kommenden sieben Jahren verdreifachen müssten.