Für eine Flugreise von Frankfurt am Main nach Berlin und zurück werden pro Kopf 282 Kilogramm des Treibhausgases CO2 durch die Triebwerke des Jets in die Atmosphäre gepustet, beim Ziel New York sind es 3,65 Tonnen und bei Rio de Janeiro sogar 6,3 Tonnen. Diese Werte zeigt der Emissionsrechner des CO2-Kompensationsanbieters Atmosfair.
Damit wird klar: Wer sich ins Flugzeug setzt, erhöht damit seine persönliche Treibhausgas-Bilanz deutlich. Beispiel: Einmal New York und retour verursacht mehr CO2, als pro Kopf im Schnitt für ein Jahr Wohnen anfällt, also für Strom, Heizen und Warmwasser. Und sogar mehr als doppelt so viel, wie die Ernährung erfordert.
Fliegen ist die klimaschädlichste Fortbewegungsart, das ist altbekannt. Wie stark es inzwischen die persönliche Treibhausgasbilanz hierzulande beeinflusst, macht eine neue Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin deutlich.
Ein Grund ist auch, dass die CO2-Belastungen in anderen Bereichen inzwischen deutlich sinken – wie etwa beim Stromverbrauch durch zunehmende Umstellung auf Wind- und Solarenergie –, während der Verkehrssektor damit nicht Schritt hält.
Und da Haushalte mit hohem Einkommen viel mehr Flugreisen unternehmen, vergrößert dies den "CO2-Fußabdruck" in dieser Gruppe sehr deutlich. Eine Rolle spielt auch die Autonutzung. Demgegenüber macht das Einkommen beim Wohnen und bei der Ernährung in der Klimabilanz kaum einen Unterschied, so das DIW.
Für die Berechnung wurde der Pro-Kopf-CO2-Fußabdruck von Privathaushalten in den Bereichen Wohnen, Ernährung und Mobilität berechnet, der knapp ein Drittel der gesamten CO2- Emissionen in Deutschland ausmacht. Danach verursachen die Menschen hierzulande im Schnitt 6,5 Tonnen CO2 pro Jahr.
Allerdings haben Menschen aus den einkommensstärksten Haushalten dabei mit 10,1 Tonnen einen fast doppelt so großen CO2-Fußabdruck wie Menschen aus Niedrigeinkommens-Haushalten, die auf 5,6 Tonnen pro Kopf kommen. Und es zeigt sich eben: "Der größte Treiber des Unterschieds ist die Mobilität."
"Weniger fliegen, ÖPNV nutzen"
Für ihre Untersuchungen haben die DIW-Forscherinnen Sandra Bohmann und Merve Küçük aktuelle Vorabdaten aus dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) ausgewertet, die im letzten Jahr erhoben wurden. Das SOEP läuft seit 1984, aktuell werden dazu jedes Jahr rund 30.000 Befragte in 15.000 Haushalten vom Umfrageinstitut Infas befragt.
Verglichen wurden für die Studie dann die zehn Prozent der Bevölkerung mit den höchsten und die zehn Prozent mit den niedrigsten Einkommen.
Ein Grund mehr, nicht allein zu bleiben
Der CO2-Fußabdruck in den Sektoren Wohnen, Verkehr und Ernährung beträgt in Deutschland in Durchschnitt 6,5 Tonnen Treibhausgase pro Kopf und Jahr. Im Bereich Wohnen, also Strom, Heizen und Warmwasser, entstehen dabei rund 2,9 Tonnen jährlich.
Die Anzahl der Personen im Haushalt macht dabei einen großen Unterschied: Während ein Vier-Personen-Haushalt pro Kopf nur 1,7 Tonnen CO2 verursacht, sind es in einem Einpersonenhaushalt über vier Tonnen.
Auch die Wohnfläche spielt eine große Rolle. Jeder Quadratmeter Wohnfläche, der pro Person mehr zur Verfügung steht, bedeutet 22 Kilogramm mehr Emissionen pro Kopf. Das Mobilitätsverhalten schlägt mit durchschnittlich zwei Tonnen CO2 pro Kopf zu Buche, die Ernährung mit 1,6 Tonnen.
"Ob arm oder reich: Unser CO2-Fußabdruck ist auf jeden Fall zu groß", kommentierte Küçük. Der CO2-Schnitt von 6,5 Tonnen pro Jahr liegt deutlich über den als klimaverträglich eingestuften Werten. Der Forscherin zufolge müssten hierzulande schon bald drei Tonnen erreicht werden, um wenigstens auf den Zwei-Grad-Pfad der Erderwärmung zu kommen.
Das bedeutet auch, dass reiche Haushalte deutlich stärker als arme zur CO2-Einsparung beitragen müssen. Langfristig ist laut der Klimaforschung ein Emissionsniveau von ein bis zwei Tonnen pro Kopf anzustreben.
Interessanterweise spielt laut DIW die Höhe des Haushaltseinkommens für die Emissionen im Bereich Wohnen und Ernährung kaum eine Rolle. In der Regel verursachen bessergestellte Menschen beim Wohnen sogar etwas weniger Emissionen als Menschen mit niedrigen Einkommen. Grund: Sie leben häufiger in energieeffizienteren Gebäuden, Ärmere hingegen meist in unsanierten Wohnungen.
Bei der Ernährung ist laut der Analyse vor allem der Fleischkonsum entscheidend. Wer kein Fleisch isst, verursacht in diesem Sektor nur 1,2 Tonnen Treibhausgas-Emissionen pro Kopf und Jahr, bei mäßigem bis hohem Fleischkonsum sind es 1,6 bis 2,1 Tonnen.
Küçük rät, um den CO2-Fußabdruck effektiv zu senken, vor allem "weniger zu fliegen und öffentliche Verkehrsmittel zu bevorzugen". "Auch durch gemeinsames Wohnen lassen sich viele Emissionen sparen. Zudem kann man vielleicht einmal pro Woche auf Fleisch verzichten", sagte sie. Das mache schon etwas aus.
Eine zweite DIW-Studie zeigte unterdessen, dass ärmere Haushalte sich umweltfreundlichen Konsum oft gar nicht leisten können. So sind laut der Erhebung rund 20 Prozent der Menschen finanziell nicht in der Lage, Grundbedürfnisse mit nachhaltigen Produkten zu decken – wobei die Preisdifferenz zwischen "normalen" und Ökoprodukten hierzulande im Schnitt 17 Prozent beträgt.
Studienautorin Sonja Dobkowitz sieht den Staat damit in einem Dilemma: "Er will einerseits klimagerechtes Verhalten fördern, andererseits damit verbundene größere Unterschiede zwischen armen und reichen Haushalten abmildern."
Die DIW-Ökonomin mahnt deshalb an, die richtige Balance zwischen Umverteilung – etwa durch höhere Einkommensteuern – und Umweltabgaben wie dem CO2-Preis zu finden, um die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt nicht zu schmälern.