Radfahrer in sportlicher Fahrradkleidung und mit Helm fährt auf einer recht schmalen, von Bäumen gesäumten Landstraße.
Autofahren wird teurer, Heizen ebenso. Klimafreundliche und erschwingliche Alternativen fehlen oft. (Foto: Martin Vorel/Libreshot)

Wegen der steigenden Energiepreise debattieren die Verhandler und Verhandlerinnen der neuen Koalition jetzt zunehmend über einen möglichen sozialen Ausgleich. So hat der ehemalige Umweltminister Jürgen Trittin, der für die Grünen an den Verhandlungen teilnimmt, einen höheren Grundfreibetrag in der Einkommensteuer vorgeschlagen.

Benzin und Diesel werden deutlich teurer. Auch die Kosten für Heizwärme steigen. Das hat mehrere Ursachen, etwa weltwirtschaftliche Turbulenzen, steigende Nachfrage nach der Coronakrise, aber auch den geltenden CO2-Preis in Deutschland.

Diese Entwicklung spielt nun eine wichtige Rolle für die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP. Es geht darum, wie sich ein Ausgleich für die steigenden Kosten organisieren lässt, um Privathaushalte und Unternehmen zu entlasten. Derweil hat die französische Regierung bereits eine Zahlung von einmalig 100 Euro für Privathaushalte bis zu einem Nettoeinkommen von 2.000 Euro monatlich angekündigt.

Eine Variante könnte hierzulande darin bestehen, den steuerlichen Grundfreibetrag anzuheben. Dieser liegt momentan bei 9.744 Euro pro Jahr. Wer bis zu dieser Grenze verdient, braucht keine Steuern zu zahlen. "Das ist eine gute Idee, die sich schnell und unkompliziert umsetzen lässt", sagte Martin Beznoska vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. "Sie kann dazu führen, dass alle Steuerzahlenden um den gleichen Betrag entlastet werden."

Es kommt allerdings darauf an, wie die Entlastung konkret umgesetzt wird. "Wenn man den Grundfreibetrag anhebt und den Steuertarif für alle nach rechts verschiebt, profitieren vor allem Haushalte mit hohen Einkommen", sagte Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. "Geringverdienende haben nichts oder nur wenig davon. Die sind aber von den Energiepreiserhöhungen stark betroffen."

Diese Steuerdiskussion dürfte in den Koalitionsverhandlungen noch kompliziert werden. Während Grüne und SPD eine Entlastung der unteren und mittleren Einkommensgruppen im Auge haben, will die FDP auch Wohlhabende und Reiche entlasten.

"Ergänzend kann man daran denken, Sozialtransfers wie Arbeitslosengeld II und das Wohngeld zu erhöhen", fügte IW-Ökonom Beznoska hinzu. Denn die Steuer-Debatte betrifft nur Haushalte, die tatsächlich Steuern zahlen. Ärmere Bevölkerungsgruppen, die Hartz IV beziehen oder auf Wohngeld angewiesen sind, hätten keine Vorteile von einem höheren Grundfreibetrag, von verbesserten Transfers aber schon.

Wird das Abschmelzen der EEG-Umlage ausreichen?

Im Sondierungsergebnis der drei Parteien kommen solche Varianten bisher nicht vor. Die Beteiligten haben sich einstweilen auf die Abschaffung der EEG-Umlage konzentriert, die alle Privathaushalte und die meisten Firmen im Rahmen ihrer Stromrechnung entrichten.

Die Umlage für Ökostrom beträgt derzeit 6,5 Cent pro Kilowattstunde. In den kommenden Jahren soll die EEG-Umlage nach und nach sinken und könnte ab 2025 komplett wegfallen, was Privathaushalte um teilweise mehrere hundert Euro pro Jahr entlasten würde.

Die Entlastungsoption begünstigt Bürgerinnen und Bürger mit niedrigen Einkommen stärker als Wohlhabende, weil erstere einen relativ höheren Anteil ihrer Verdienste für Elektrizität ausgeben. "Ein Vorteil der Abschaffung der EEG-Umlage besteht auch darin, dass die Unternehmen entlastet werden", sagte DIW-Forscher Bach.

Trotzdem ergibt sich die Frage, ob die Abschaffung der EEG-Umlage in den kommenden Jahren ausreicht oder ob sie durch weitere Ausgleichsmechanismen ergänzt werden muss.

Neben Steuerentlastungen kommt da auch das sogenannte Energiegeld in Betracht, das unter anderem die Grünen vorschlagen. Die Kosten des wachsenden Kohlendioxid-Preises würden in gleichen Pro-Kopf-Beträgen an die Bevölkerung zurückgezahlt. Haushalte mit geringem Verbrauch bekämen mehr, als sie einzahlten.

Außerdem gab Stefan Bach zur aktuellen Debatte diesen Hinweis: "Gemessen an der Kaufkraft und vor allem am Einkommen war Benzin bis in die 1970er Jahre wesentlich teurer als heute." So richtig diese Erkenntnis ist, so wenig werden sich die heute von Preissteigerungen Betroffenen davon besänftigen lassen.