Jetzt also soll es endlich Lösungen geben! Und zwar in der Wochenzeitung Die Zeit (siehe Ausriss).
"Für Menschen, die nach Lösungen suchen" – unter diesem Slogan bietet die größte Wochenzeitung Deutschlands ein neues Ressort an: "Green".
Monatlich soll "ein eigenes Buch mit mindestens vier Seiten" erscheinen.
Das klingt komisch, bedeutet aber in der Zeitungssprache, dass die "greenen" Seiten nicht etwa den Wirtschaftsseiten oder dem Politikteil beigelegt werden, sondern eigenständig sind und damit gleichwertig wie das "Kulturbuch" der Zeit oder die Wissenschaftsberichterstattung.
"Für Menschen, die nach Lösungen suchen" – endlich besetzt also auch Die Zeit das Thema Nachhaltigkeit.
Und wie sieht nun so eine Lösung aus, nach der die Menschen suchen?
So:
Aber das ist doch Markus Söder! Der Populist aus Bayern. Der dort Umweltminister war, heute Ministerpräsident ist und CSU-Chef. Jener Markus Söder, der um ein Haar Kanzlerkandidat der Union geworden wäre!
Und dieser Söder darf nun mitten im Bundestagswahlkampf auf den "greenen" Seiten der Zeit sagen:
Die Kollegen vom Ressort "Green" wissen vermutlich, dass bereits der Erste Sachstandsbericht des Weltklimarates IPCC im Jahr 1990 ein dramatisches Bild von der Erderwärmung zeichnete und dass ihm in den 1990er und 2000er Jahren vier weitere IPCC-Berichte folgten, die das dramatische Bild immer genauer werden ließen.
Die Kollegen fragen auch nach, weisen Söder darauf hin, dass Wörter wie "wir müssen" eigentlich verboten sind an dieser Stelle, wo "Green" Verantwortliche zur Rechenschaft ziehen will. Aber Markus Söder antwortet:
Man könnte das jetzt als typischen Söder ablegen, Populist eben! Man könnte sich auf die anderen Seiten des neuen "Green" in der Zeit konzentrieren. (Es geht beispielsweise um Fleisch, CCS, Altkleider oder Mülltrennung in Korea.)
Allerdings sagt Markus Söder in dem Interview:
Das ist eine glatte Lüge, die nicht unwidersprochen bleiben darf.
Hier die Fakten: Anhand des Indikators "Energiepolitische Programmatik" bewerten Wissenschaftler die Energie- und Klimaschutzkonzepte der Bundesländer – Bayern kommt hier auf Platz sieben (hinter Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Berlin, Brandenburg und Hessen).
Bei den Ausbauzielen für erneuerbare Energien liegt Bayern nur auf dem fünften Platz (hinter Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Berlin und Thüringen). Erfolgreiche Programme zur Förderung erneuerbarer Energien gibt es in Bayern wesentlich seltener als in anderen Bundesländern, hier kommt der Freistaat nur auf Platz elf.
Bei der Bruttostromerzeugung aus Erneuerbaren liegt Bayern nur auf einem Mittelrang, Platz sieben. (Die Erhebung stammt aus dem Jahr 2019, neue Daten gibt es noch nicht.)
Sicherlich: Es gibt auch Spitzenpositionen für die Bayern. Anders als Markus Söder aber der Öffentlichkeit weismachen will, stockt der Erneuerbaren-Ausbau. Im Jahr 2020 wurden in Bayern beispielsweise ganze acht neue Windräder mit einer Gesamtnennleistung von 32 Megawatt errichtet.
Der Klima-Lügendetektor ist ein preisgekröntes Anti-Greenwashing-Portal. Dieser und viele weitere Beiträge, die Klimalügen und -tricks von Unternehmen, Politik oder Medien aufdecken, sind auf klima-luegendetektor.de zu finden.
Obwohl der Freistaat mit Abstand die größte Fläche aller Bundesländer hat, drehen sich hier nur 1.172 Windräder. Im kleinen Schleswig-Holstein sind es dagegen mehr als dreimal so viele: 3.673 Stück.
Der grüne Landtagsabgeordnete und Energieexperte Martin Stümpfig urteilt: "Die Klimapolitik der Söder-Regierung ist auf einem absoluten Tiefstand angekommen".
Leider erfahren wir das alles nicht auf den Seiten "für Menschen, die nach Lösungen suchen". Dort bleibt mitten im Wahlkampf der Eindruck zurück, Bayern sei spitze. Und das ist alles andere als "green"!