Grafik: Pflanzen wachsen an Bankgebäuden und fossiler Infrastruktur hoch
Bild: Kristin Rabaschus

Es regt sich Widerstand gegen grüne Geldanlagen. In den USA nehme sogar in der Politik die Kritik an ESG-Investments immer weiter zu, schreibt ESGZ. ESG steht für environment, social, governance – Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Auch die Anleger würden skeptischer, analysiert die Fachzeitschrift für Nachhaltigkeit und Recht in ihrer jüngsten Ausgabe.

Einen gewichtigen Grund für das wachsende Misstrauen in Politik und Gesellschaft lieferte DWS. Umweltorganisationen warfen der Fondsgesellschaft der Deutschen Bank vor, ein "Greenwash-Salon" zu sein. DWS verwaltet ein Vermögen von mehr als 800 Milliarden Euro und bezeichnet sich selbst als einen der weltweit führenden Vermögensverwalter.

Zunächst hatte die frühere DWS-Beschäftigte Desiree Fixler medienwirksam Greenwashing-Vorwürfe gegen ihren früheren Arbeitgeber erhoben. Was die United States Securities and Exchange Commission (SEC) hellhörig machte.

Die Börsenaufsicht warf DWS dann vor, sogenannte grüne Finanzprodukte als grüner verkauft zu haben, als diese tatsächlich sind. Die SEC ermittelte wegen Falschangaben zu "grünen" Kapitalanlagen und nicht ausreichender Geldwäschekontrollen.

Ende September einigte sich die US-Börsenaufsicht mit der deutschen Fondsgesellschaft auf eine Strafzahlung von 25 Millionen Dollar. Keine Riesensumme, aber immerhin kostet der umstrittene ESG-Compliance-Fall laut Medienberichten DWS schon mehr als 60 Prozent seiner Rückstellungen für den Greenwashing-Fall.

Mögliche Rückforderungen und weitere Ermittlungen

Die Deutsche-Bank-Tochtergesellschaft gibt sich in einem "Statement" reumütig. Die Anordnung der SEC zeige wenigstens, dass keine betrügerische Absicht vorgelegen habe. Stattdessen seien die internen Prozesse mangelhaft und dem sich "ständig weiterentwickelnden regulatorischen Umfeld" nicht gewachsen gewesen. Mittlerweile habe man "viel gelernt" und folge dem Anspruch, "uns kontinuierlich weiter zu verbessern".

 

Ein Ende der Geschichte, die als finstere Wolke über der gesamten Grün-Geld-Szene hängt, bedeutet der Deal mit der SEC aber nicht. Schon jetzt ist erkennbar, dass sich Anwälte in den Vereinigten Staaten, aber auch in Deutschland in Stellung bringen.

Wer in einen Greenwashing-Fonds sein Geld angelegt hat, kann die Investmentsumme und bezahlte Gebühren von DWS zurückfordern – plus X als Schmerzensgeld. Ob es dazu massenhaft kommt, bleibt abzuwarten.

Doch noch von anderer Seite droht dem Vermögensverwalter Ungemach. Wegen der Greenwashing-Vorwürfe gibt es dem Vernehmen nach auch hierzulande Ermittlungen der Aufsichts- und Strafbehörden gegen DWS.

Die Deutsche-Bank-Tochter ist kein Einzelfall. Viele gutmeinende Akteure, seien es Kleinsparer, Fondsmanager oder Verbraucherschützer, sind vom verbreiteten Grünwaschen genervt.

Genervt sind sie aber auch von der Europäischen Union. Diese bremse mit ihrer Taxonomie – Stichwort Atomkraft – und einer ausufernden Nachhaltigkeitsberichterstattung die grüne Geldwende eher, als sie zu beflügeln.

Es gibt auch gute Nachrichten

Inzwischen macht die EU jedoch Ernst beim Bürokratieabbau. Mitte Oktober legte die Europäische Kommission ein Arbeitsprogramm vor. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will die Berichtspflichten in der EU um 25 Prozent reduzieren.

Das wird auch solche Pflichten betreffen, die sich bislang aus der grünen Taxonomie und der Nachhaltigkeitsberichterstattung ergeben. Man darf gespannt sein, ob den vollmundigen Ankündigungen spürbare Erleichterungen für alle Beteiligten folgen werden.

Außerdem will die EU für grün angehauchte Werbung künftig höhere Hürden aufstellen. Unlängst einigten sich das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten in Brüssel darauf, irreführende Reklame mit Umweltaussagen einzudämmen. Entsprechende Verbrauchervorschriften sollen geschärft werden.

Auch diese europäischen Prozesse werden dauern. Weiterhin gebe es zu viel (lückenhafte) Regulierung und zu wenig nachhaltige Taten, beklagte kürzlich eine deutsche Sparkassen-Vorständin selbstkritisch.

Und nach wie vor gilt: Der Gesetzgeber hat einen Rahmen festgelegt, nicht aber den genauen Inhalt. Die Tatsache, dass viele Details nicht ausreichend oder überhaupt nicht geregelt sind, sorgt sowohl bei Anbietern als bei Anlegern für Unsicherheit.

 

Wer sich daher lobenswerterweise mehrfach beraten lässt, muss feststellen, dass die grünen Vorgaben von Anbietern unterschiedlich interpretiert werden. Darauf weisen auch die Verbraucherzentralen hin: "Leider ist noch etwas Geduld erforderlich, bis durch die angeschobenen Regelungen der EU ein Mindestkonsens erreicht wird und die Transparenzregelungen stärker wirken können."

Auch deswegen sollten Sparer und Anleger weiterhin die grundlegenden Kriterien der Geldanlage an die erste Stelle ihrer Überlegungen setzen: Bedarfsgerechtigkeit, das Magische Dreieck (Rendite, Liquidität, Sicherheit) sowie die Kosten. Erst dann sollten sie in den gewünschten Produktklassen nach den nachhaltigen ESG-Varianten suchen.

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