Ob Hühnerklein oder Waschmittel, Sparbrief oder Investmentfonds, es gibt kaum noch ein Produkt, das nicht als "umweltfreundlich" oder "CO2-neutral" angepriesen wird. Unternehmen haben längst das Umweltthema als Verkaufsschlager erkannt.
Richtig problematisch wird es, wenn Industrie und Banken sich oder ihre Produkte als umwelt- oder klimafreundlicher darstellen, als sie tatsächlich sind.
Der EU-Kommission ist solches Greenwashing ein populäres Ärgernis. Deswegen hat sie Ende März einen Gesetzesvorschlag unterbreitet, der die Rechte der Verbraucher stärken soll.
Diese EU-Initiative kann eines Tages im Kleinen helfen. Im Großen bleibt die Lage bis auf Weiteres, nun, sagen wir: unübersichtlich.
Zum Beispiel bei der Bundesbank. Deren Bilanzsumme beträgt mehr als drei Billionen Euro, das sind 3.000 Milliarden Euro. Was dem Bruttoinlandsprodukt der Bundesrepublik recht nahe kommt.
Die Bank der Banken in Deutschland hat jüngst ihren ersten Klimareport veröffentlicht. Die "Klimabezogene Berichterstattung der Deutschen Bundesbank 2022" umfasst zwar gerade mal 15 Seiten. Aber der Mini-Bericht verdeutlicht zumindest, wie die Bundesbank ökologische Risiken im Rahmen ihres Mandats in einzelnen Handlungsfeldern berücksichtigen will.
Die Bundesbank orientiert sich dabei an den Empfehlungen der "Task Force on Climate-related Financial Disclosures", kurz TCFD. Die sehen für eine Klimaberichterstattung vier Säulen vor: Unternehmensführung, Strategie, Risikomanagement sowie Kennzahlen und Ziele.
Die Regierungen der G7- und der G20-Staaten haben sich im vergangenen Jahr ebenfalls für die TCFD als Grundlage für die Offenlegung von klimatischen Gefahren ausgesprochen, was das Projekt politisch adelt.
Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß
So weit, so okay. Doch mit ihrem Klimabericht legt die Bundesbank die ökologischen Wirkungen lediglich ihres Portfolios offen, das "nicht-geldpolitischen Zwecken" dient. Dieses Portfolio hat laut Bundesbankmitteilung gerade mal einen Marktwert von rund zehn Milliarden Euro.
Kleinvieh macht zwar bekanntlich auch Mist, aber der Kern des Problems ist ohnehin qualitativer Art: Es mangelt generell an handfesten Angaben und Zahlen, die das Treiben der Akteure an der Basis der Wirtschaft widerspiegeln.
So fehlen die allermeisten durch das Geschäft der Banken mitverursachten Schäden im Bundesbank-Bericht, weil "dafür bislang keine ausreichenden Daten vorliegen". Aufgrund der bislang unzureichenden Datenlage fließen also die von Banken per Investitionen und Krediten finanzierten Umweltbelastungen in die Berechnungen nicht ein.
Ähnlich unbefriedigend endete der erste Klima-Stresstest der Bankenaufseher in der Europäischen Zentralbank (EZB). Selbst von getesteten Kreditinstituten wurde das Prüfungsverfahren als milde eingeschätzt.
Immerhin zeigen die Anfang Juli veröffentlichten Ergebnisse, dass Banken diese Risiken trotz einiger Fortschritte seit 2020 noch nicht hinreichend in ihre internen Modelle mit einbeziehen. Vor allem müssten sie "die aktuellen Datenlücken schließen", sagt Andrea Enria, Vorsitzender des Aufsichtsgremiums der EZB.
Die angeprangerten Banken verteidigen sich mit dem Verweis auf ihre Kundschaft, die zu wenige Daten liefern würde. Unternehmen mit starken Umweltauswirkungen sollen darum zukünftig mehr und bessere Daten bereitstellen.
Es geht um CO2, aber auch um Wasser und Wälder
Die darauf basierende globale Datensammlung soll von der gemeinnützigen Organisation Carbon Disclosure Project (CDP) koordiniert werden. CDP will die Transparenz von Unternehmen mit Blick auf ihre Umweltauswirkungen herstellen. Dabei geht es nicht allein um CO2-Werte, sondern beispielsweise auch um Wasser und Wälder.
Banken und Vermögensverwalter fordern 1.400 große Unternehmen zur Offenlegung von Umweltdaten gegenüber CDP auf. Die ins Visier genommenen Konzerne, darunter "Kochboxen"-Anbieter Hellofresh, Autobauer Tesla und Energiemulti Exxon, haben zusammen einen Börsenwert von rund 25 Billionen Euro und verursachen laut CDP mehr Emissionen als die gesamte Europäische Union.
Womit wir wieder am Ausgangspunkt dieses Beitrags wären. Wenn CDP-Kampagne und EU-Initiative die Anbieter von Hühnerklein, Waschmitteln, Sparbriefen und Investmentfonds eines Tages zwingen, ihre Werbeaussagen konkret zu belegen und "bessere" Daten über ihren ökologischen Fußabdruck zu erheben, wäre dies, je nach Sichtweise, ein kleiner oder großer Schritt in die richtige Richtung.
In der Folge sähen Banken, Europäische Zentralbank und Bundesbank dann klarer. Oder sie hätten keine guten Ausreden mehr für unbefriedigende Berichte und Stresstests.