Offshore-Windkraftwerke stehen in der Nordsee, auf einer Plattform über dem Meeresspiegel stehen Container mit Wasserstoff-Elektrolyseuren.
Für Klimaschutz und Energiewende sind auch die Unternehmen gefragt. (Foto: Aqua Ventus/​Gemeinde Helgoland)

Die Bundesrepublik soll bis 2045 klimaneutral werden, bereits für 2030 lautet das Ziel 65 Prozent CO2-Minderung gegenüber dem Basisjahr 1990. Erreicht sind bisher erst rund 40 Prozent. Das heißt: Das Tempo der Emissionsminderung muss stark angehoben werden.

Das erfordert umfangreiche Investitionen in allen Wirtschaftssektoren. Der neue "Klimabarometer" der staatlichen Förderbank KfW zeigt nun: Nur jedes vierte Unternehmen tätigt bisher überhaupt konkrete Klimaschutz-Investitionen. Und: Es ist eine deutliche Steigerung nötig, um das Ziel der Klimaneutralität binnen der nächsten gut zwei Jahrzehnte zu erreichen.

Die Unternehmen haben, je nach Branche, viele Stellschrauben, um ihren CO2-Fußabdruck zu verringern: zum Beispiel Bürogebäude energetisch sanieren, den Fuhrpark auf E-Fahrzeuge umstellen, Produktionsanlagen auf grünen Wasserstoff umrüsten.

Entsprechende Investitionen sind nicht nur wegen des Klimaschutzes geboten, ihre Bedeutung ist durch den Putin-Krieg und die dadurch ausgelöste Energiekrise noch größer geworden – sie gelten auch als Schlüssel, um die Energiesicherheit der Unternehmen und des Landes insgesamt zu erhöhen.

Das ist der Hintergrund des "KfW-Klimabarometers", den die Research-Abteilung der Bank in diesem Jahr erstmals aufgestellt hat. Rund 11.000 Unternehmen von der Kleinstfirma bis zum Großkonzern wurden für eine repräsentative Datenbasis zu ihrem Investitionsverhalten mit Blick auf die Klimaneutralität befragt. Die Befragung fand im ersten Halbjahr dieses Jahres statt.

Ergebnis: Die inländischen Klimaschutz-Investitionen der deutschen Wirtschaft betrugen 2021 rund 55 Milliarden Euro. Das bedeutet, etwa jeder achte Euro aller Investitionen, die 433 Milliarden betrugen, floss in Energiewende-Vorhaben.

Davon entfiel jeweils etwa die Hälfte auf den Mittelstand (mit bis zu 500 Millionen Euro Umsatz) und die Großunternehmen; die von Kleinunternehmen (mit bis zu fünf Beschäftigten) aufgebrachten Summen spielten im Vergleich eine minimale Rolle.

Fünf Billionen für Klimaneutralität

Die 55 Milliarden seien eine "beeindruckende Summe", kommentierte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib, "und es ist ein guter Anfang, allerdings muss noch mehr passieren."

Um Klimaneutralität bis Mitte des Jahrhunderts zu erreichen, seien Gesamtinvestitionen von fünf Billionen Euro nötig, durchschnittlich pro Jahr also rund 190 Milliarden. Davon entfielen auf die privaten Unternehmen etwa 120 Milliarden. "Das Ambitionsniveau muss sich folglich in den kommenden Jahren noch mehr als verdoppeln", sagte Köhler-Geib.

Die aktuelle Energiekrise hat laut KfW zwei gegenläufige Effekte auf die Klima-Investitionen. Einerseits setzen die Preise für Gas und Öl zusätzliche Anreize für den Umstieg auf erneuerbare Energien und eine Verbesserung der Energieeffizienz.

E-Mobilität und Effizienz

Unternehmen investieren im Bereich Klimaschutz am häufigsten in Maßnahmen zur CO2-armen Mobilität (47 Prozent), gefolgt von Investitionen in die Verbesserung der Energieeffizienz ihrer Gebäude etwa durch Dämmung oder Einbau von Wärmepumpen (32 Prozent). Auf dem dritten Platz liegen Maßnahmen zur Erzeugung oder Speicherung erneuerbarer Energie (27 Prozent).

Andererseits führt die Unsicherheit über die wirtschaftlichen Folgen der Energiekrise dazu, dass Investitionspläne vielfach zurückgestellt oder aufgegeben werden. "Auch Klimaschutzinvestitionen dürften davon betroffen sein", so die KfW-Ökonomin.

Grundsätzlich gilt: Das Bewusstsein für die Notwendigkeit des Klimaschutzes ist bei vielen Unternehmen zwar vorhanden, insgesamt aber stark ausbaufähig. Vor allem aber muss an der konkreten Umsetzung gearbeitet werden.

So hat immerhin mehr als die Hälfte (53 Prozent) den Klimaschutz zumindest teilweise in der eigenen Unternehmensstrategie verankert. Den eigenen CO2-Fußabdruck kennen aber nur wenige (16 Prozent), konkrete CO2-Minderungsziele sind noch seltener (13 Prozent).

Klimaneutralität strebt bislang insgesamt nur jedes zehnte Unternehmen an, und fast die Hälfte der Unternehmen (47 Prozent) kennt das Konzept der Klimaneutralität gar nicht oder hat sich noch nicht näher damit beschäftigt.

Zu wenig Druck von der Kundschaft

Vor allem kleinere Unternehmen haben hier eine Leerstelle, größere Firmen gehen eher voran. Bemerkenswert ist aber auch, dass immerhin ein Viertel der Unternehmen mit der Umstellung auf Klimaneutralität große Probleme verbindet. Acht Prozent meinen, sie stelle eine Bedrohung ihres Geschäftsmodells dar, weitere 17 Prozent glauben, das treffe teilweise zu.

Um mehr Klimaschutzinvestitionen anzureizen, sollte die Politik vor allem die Planungs- und Genehmigungsverfahren dafür erleichtern. Fast zwei Drittel aller Unternehmen halten das laut der KfW-Befragung für wichtig.

Groß ist auch der Wunsch nach mehr Fördermitteln (60 Prozent), gefolgt von mehr Planungssicherheit beim CO2-Preis (56 Prozent). Die KfW-Chefvolkswirtin dazu: "Unsere Befragungsergebnisse zeigen: Verlässliche wirtschaftliche Anreize und schlanke Planungs- und Genehmigungsverfahren sind wesentliche Stellhebel für die grüne Transformation der Wirtschaft." Zudem ebneten sie den Weg zu mehr Energiesicherheit.

Doch offenbar gibt es noch einen weiteren Hebel, die Energiewende in der Wirtschaft voranzubringen. Auch die Kundinnen und Kunden der Unternehmen sollten diesen mehr Dampf machen, damit sie dem CO2-Sparen mehr Bedeutung beimessen.

Bisher gehen laut der Umfrage nämlich nur 15 Prozent aller Unternehmen davon aus, dass ihre Kundschaft auch von ihnen einen Beitrag zum Klimaschutz fordert. Viele Konzerne (88 Prozent) und größere Mittelständler (47 Prozent) nehmen hier zwar Anforderungen wahr, der große Rest der Unternehmen verspürt hier bisher jedoch keinen Druck.

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