Die große Wende beim globalen Treibhausgasausstoß hat wieder nicht stattgefunden, ganz im Gegenteil: Um zwei Prozent ist der CO2-Ausstoß der weltweiten Energiewirtschaft im vergangenen Jahr gestiegen – der größte Sprung seit sieben Jahren. Das ergab die Analyse des globalen Energiesystems, die der britische Ölkonzern BP jetzt wie in jedem Jahr vorgelegt hat.
Auch im Jahr 2017 hatten die Treibhausgas-Emissionen zugelegt, aber "nur" um 1,7 Prozent. Zuvor verharrten sie drei Jahre lang mehr oder weniger auf demselben Niveau, was zu hoffen gegeben hatte, dass eine Abwärtsbewegung bevorsteht – zu Unrecht, wie nun endgültig klar ist.
Überraschend kommt die Nachricht nicht. Im Dezember hatte die Wissenschaftsorganisation Global Carbon Project anhand vorläufiger Daten sogar einen Anstieg der CO2-Emissionen um 2,7 Prozent prognostiziert. Die Nutzung fossiler Energien nehme immer noch schneller zu als die der Erneuerbaren, hieß es.
Höherer Energiebedarf durch extremes Wetter
Die BP-Analysten liefern nun eine weitere Erklärung: Die extremen Wetterschwankungen hätten den Energieverbrauch hochgetrieben. Die vielen extrem heißen und auch besonders kalten Tage führten zu einem verstärkten Einsatz von Heizungen und Klimaanlagen, sagte BP-Chef Bob Dudley.
Um 2,9 Prozent ist der Energieverbrauch 2018 laut der BP-Analyse gestiegen. Sowohl die Kohle- als auch die Gas- und die Ölnutzung schossen deshalb in die Höhe. Das konnte auch der weiter rasante Ausbau der erneuerbaren Energien nicht ausgleichen.
Zumindest bei den Hitzewellen in verschiedenen Ländern sind sich Klimaforscher mittlerweile sicher, dass der Klimawandel sie deutlich wahrscheinlicher gemacht hat. Es gibt also eine gefährliche Spirale: Der Klimawandel befeuert sich indirekt selbst.
Im vergangenen Herbst hatte ein Sonderbericht des Weltklimarates IPCC festgestellt, dass die Welt im Jahr 2050 praktisch kein CO2 mehr ausstoßen darf. Dann hätte sie noch eine Fifty-fifty-Chance, die Erderhitzung bei 1,5 Grad zu stoppen.
BP warnte bei der Präsentation der aktuellen Analyse, die Welt befinde sich auf einem nicht nachhaltigen Pfad. "Je länger die CO2-Emissionen steigen, desto schwieriger und teurer wird die notwendige Umstellung auf netto null Emissionen sein", sagte Konzernchef Dudley. Die Rolle, die BP beim Beschreiten des jetzigen Pfades spielt, ließ er freilich aus.
Großbritannien will bis 2050 klimaneutral werden
Die britische Regierung von Noch-Premierministerin Theresa May hat am gestrigen Dienstagabend angekündigt, das bestehende Klimaschutzgesetz zu verschärfen und das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 darin gesetzlich zu verankern.
Noch ist der Vorstoß nicht durch das Parlament gegangen – sobald das passiert ist, wäre Großbritannien die erste große Volkswirtschaft mit einem derartigen Gesetz.
Die deutsche Bundesregierung ist bei ihrem geplanten Klimaschutzgesetz zerstritten. Eine Einigung darüber, wann Deutschland klimaneutral werden soll, gibt es auch noch nicht – weder in gesetzlicher noch in anderer Form.
CO2-Gehalt in der Atmosphäre auf neuem Höchstniveau
Eine weitere beunruhigende Nachricht kam Anfang Juni aus Hawaii. Dort auf dem Vulkan Mauna Loa liegt das Observatorium, von dem aus Forscher seit mehr als 60 Jahren die Schwankungen der Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre überwachen. Noch nie seit Beginn dieser Aufzeichnungen wurde in einem Monat ein höherer Wert gemessen als in diesem Mai: Der Monatsdurchschnitt lag bei 414,7 ppm (parts per million).
Zum Vergleich: Eine dauerhafte Konzentration zwischen 430 und 480 ppm betrachtet die Wissenschaft als Obergrenze, wenn die Erderwärmung wenigstens bei zwei Grad gestoppt werden soll. Als die Messungen im März 1958 begannen, lag der auf Mauna Loa gemessene Wert bei 315,7 ppm – und damit bereits deutlich über dem vorindustriellen Niveau von 280 ppm.
Den jetzt gemessenen Spitzenwert hatten Klimaforscher bereits im Januar vorausgesagt. Den erwarteten Sprung begründeten sie damit, dass die Fähigkeit von Pflanzen, Kohlendioxid zu binden, nach heißen Jahren eingeschränkt ist.