Die Messstation Mauna Loa auf Hawai
Seit 1958 wird auf dem Vulkan Mauna Loa auf Hawaii die CO2-Konzentration in der Atmosphäre gemessen. (Foto: Christopher Michel/​Flickr)

Hiobsbotschaft aus der Wissenschaft: Klimaforscher des britschen Wetterdienstes Met Office rechnen damit, dass die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre dieses Jahr sprunghaft ansteigen wird. Den Prognosen zufolge könnte 2019 die CO2-Konzentration um 2,75 Moleküle pro Million "Luftteilchen" (parts per million, ppm) höher sein als noch im Vorjahr.

Seit Beginn der Messungen war nur in den Jahren 1997/98 und 2015/16 ein höherer Anstieg bei der CO2-Konzentration zu verzeichnen. Die genannten Jahre waren durch El-Niño-Ereignisse und eine damit einhergehende starke Erwärmung des Pazifiks geprägt.

Die durchschnittliche CO2-Konzentration für das laufende Jahr beziffern die Experten auf 411,3 ppm. "Die Überwachung der Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre am Observatorium von Mauna Loa auf Hawaii seit 1958 zeigt einen Anstieg um rund 30 Prozent", sagte Richard Betts vom Met Office.

Verursacht werde der Anstieg durch die Emissionen aus fossilen Brennstoffen, Entwaldung und Zementherstellung, so der Klimawissenschaftler.

Seit mehr als 60 Jahren überwachen Forscher am Vulkan Mauna Loa auf Hawaii die jährlichen Schwankungen des Treibhausgases in der Atmosphäre. Die Messstation befindet sich in 3.400 Metern Höhe am Nordhang des Vulkans. Dort ist die CO2-Konzentration über dem Boden, aber auch in der höheren Atmosphäre recht gleichmäßig verteilt.

Als die Messungen im März 1958 begannen, lag der auf Mauna Loa gemessene Wert bei 315,71 ppm – und damit bereits deutlich über dem vorindustriellen Niveau von 280 ppm.

Den Wissenschaftlern zufolge wäre der ohnehin schon massive Anstieg der CO2-Konzentration seitdem noch stärker ausgefallen, wenn Wälder, Böden und Meere nicht in der Lage wären, knapp die Hälfte der durch menschliche Aktivitäten freigesetzten Treibhausgase aufzunehmen.

Für dieses Jahr erwarten die Forscher aber, dass diese natürlichen Senken nur wenig überschüssiges CO2 aus der Atmosphäre binden werden. "Wir gehen davon aus, dass die Kohlenstoffsenken in diesem Jahr relativ schwach sein werden", sagte Betts.

"Es ist, als ob man den Planeten atmen sieht"

Aufgrund von Witterungsmustern, die mit jährlichen Schwankungen der Temperaturen im Pazifischen Ozean zusammenhängen, schwanken auch die CO2-Mengen, die Landökosysteme binden können. In Jahren mit einem wärmeren tropischen Pazifik werden viele Regionen wärmer und trockener, was die Fähigkeit der Pflanzen, zu wachsen und CO2 zu absorbieren, einschränkt. Das Gegenteil ist der Fall, wenn der Pazifik kühler ist.

Diese Fähigkeit, CO2 zu binden, variiert darüber hinaus auch mit den Jahreszeiten. So prognostizieren die Forscher vom britischen Wetterdienst für Mai dieses Jahres einen Durchschnittswert von 414,7 ppm, der bis zum September auf 408,1 ppm sinken könnte.

El Niño und sein Gegenpart

El Niño ist ein alle drei bis sieben Jahre wiederkehrendes Wetterphänomen, das großräumige Meeres- und Luftströmungen in Äquatornähe betrifft. Zu einem El Niño kommt es, wenn die Passatwinde über dem Pazifik nachlassen. Die sorgen normalerweise für den Auftrieb von kühlem Wasser vor Südamerika. Bricht die Kaltwasserzufuhr – ein Teil des Humboldtstroms – aber ab, erwärmt sich das Wasser vor der Küste Perus, während sich das Wasser vor Australien und Indonesien abkühlt. La Niña ist so etwas wie das Gegenstück zu El Niño.

Den Beobachtungen zufolge sinkt der CO2-Gehalt im Verlauf der Vegetationsphase in der nördlichen Hemisphäre während des Sommers. "Wenn man sich die Monatszahlen ansieht, ist es, als ob man den Planeten 'atmen' sehen kann", sagte Klimaforscher Betts. Die Kohlendioxidwerte sinken und steigen je nach Verlauf des Pflanzenwachstums in der nördlichen Hemisphäre.

Bleiben die Kohlendioxid-Emissionen auf dem gegenwärtigen hohen Niveau, könnte ein Wert von 450 ppm bereits innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte überschritten werden. Eine dauerhafte Konzentration zwischen 430 und 480 ppm betrachtet die Wissenschaft als Obergrenze, wenn die Erderwärmung bei zwei Grad gestoppt werden soll.

Die zusätzlichen CO2-Moleküle in der Atmosphäre entfalten durch den bekannten Treibhausseffekt eine Heizwirkung – laut dem Ozeanologen Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung "genug, um bis heute die globale Temperatur um rund ein Grad anzuheben".

1,5-Grad-Limit kommt langsam in Sicht

Auf dem hohen Niveau werden die globalen Durchschnittstemperaturen auch in den nächsten Jahren wohl verharren. Der britische Wetterdienst prognostiziert, dass die Temperaturen in den kommenden fünf Jahren ein Grad oder mehr über dem vorindustriellen Niveau liegen werden. Die Dekade von 2014 bis 2023 werde deshalb die heißeste seit Beginn der offiziellen Temperaturaufzeichungen um 1850 sein.

"2015 war das erste Jahr, in dem die globalen Durchschnittstemperaturen ein Grad über dem vorindustriellen Niveau lagen, und die folgenden drei Jahre blieben alle in der Nähe dieses Niveaus", sagte Adam Scaife, ebenfalls vom britischen Wetterdienst. Die weltweite Durchschnittstemperatur von heute bis 2023 werde hoch bleiben.

Mit einer zehnprozentigen Wahrscheinlichkeit könnte mindestens ein Jahr zwischen 2019 und 2023 zeitweise die 1,5-Grad-Grenze übersteigen. Wird dieses Limit dauerhaft überschritten, gelten die Folgen des Klimawandels als nur noch schwer beherrschbar.

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