Aufgeworfene Pflastersteine in einer von der Flutkatastrophe betroffenen Stadt
Umwelt- und Klimaschäden einpreisen? Deutschland war schon mal deutlich weiter. (Foto: Raimond Spekking/​Wikimedia Commons, CC BY‑SA 4.0)

Steigen die Energiepreise, verdient der Staat immer mit, so lautet ein häufiger Vorwurf.

Das mag für die Umsatzsteuer gelten. Beispiel Verbrenner-Auto: 19 Prozent Aufschlag sind beim Benzin- oder Dieselpreis an der Zapfsäule immer enthalten. Bei steigendem Ölpreis steigt auch die Umsatzsteuer mit – bei einem Preisplus von 50 Cent wie zuletzt sind das mehr als neun Cent.

Im Kraftstoffpreis stecken pro Liter aber auch rund 15 Cent der sogenannten Ökosteuer. Die wurde vor gut 20 Jahren von der rot-grünen Bundesregierung eingeführt und seitdem unverändert beibehalten. 2003 lagen die gesamten Einnahmen aus der Ökosteuer bei 18,7 Milliarden Euro und gingen seitdem langsam zurück.

2020 kam bei den Kraftstoffen noch der nationale CO2-Preis hinzu. Der macht zurzeit beim Preis von Benzin und Diesel einen Aufschlag von rund fünf Cent aus.

Die neuartige CO2-Bepreisung konnte allerdings nicht verhindern, dass 2021 der Anteil der Umweltsteuern an den deutschen Staatseinnahmen mit 3,7 Prozent auf einen historischen Tiefstand fiel. Das zeigt eine jetzt veröffentlichte Kurzstudie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS), eines Umwelt-Thinktanks.

Den mit 6,5 Prozent höchsten Anteil erreichten die Umweltsteuern nicht zufällig im Zuge ebenjener rot-grünen Öko-Steuerreform, und zwar genau im Jahr 2003, als die dritte und letzte Stufe der Reform in Kraft trat. 

Der sinkende Anteil der Umweltsteuern am gesamten Staatseinkommen habe vor allem eine Ursache, erläutert FÖS-Mitautor Holger Bär: Viele Umweltsteuern sind als Mengensteuern angelegt und werden nicht an die Inflation angepasst. Allein dadurch sei der reale Wert der Umweltsteuereinnahmen seit 2003 um 29 Prozent gesunken, so Bär.

Die Inflation erkläre aber nur einen Teil des Rückgangs beim Umweltsteuer-Anteil, betont der Experte. Zugleich sei etwa auch das Bruttoinlandsprodukt stark gestiegen.

82 Prozent der Umweltschäden bezahlen andere

Der langfristige Trend widerspreche der landläufigen Auffassung, Umweltschutz mache alles teurer, sagt Bär. Vor allem aber konterkariere der sinkende Anteil die eigentliche Absicht von Umweltsteuern, die Umweltfolgekosten einzupreisen.

"Den Verursachern werden derzeit nur etwa 18 Prozent der von ihnen ausgelösten Umweltschäden angelastet", rechnet der FÖS-Autor vor. Die verbleibenden 82 Prozent der Kosten hätten die Allgemeinheit, andere Länder oder künftige Generationen zu tragen.

"Wenn wir nichts tun, wird der Anteil der Umweltsteuern bis 2026 weiter zurückgehen", blickt Bär voraus. Klimaschutz und Dekarbonisierung würden die Einnahmen aus der Besteuerung fossiler Energieträger weiter sinken lassen.

In den 2020er Jahren stehen jedoch große öffentliche Investitionen in die sozial-ökologische Transformation an. Zur Finanzierung können hier Umweltsteuern nach Ansicht des FÖS beitragen. Deswegen sollten Instrumente wie die CO2-Bepreisung weiterentwickelt und der Abbau umweltschädlicher Subventionen fortgesetzt werden.

Für FÖS-Chefin Carolin Schenuit muss ein übermäßiger Energie- und Ressourcenverbrauch – über die aktuelle Krisenlage hinaus – klare Kostensignale an die Verursacher senden. Dann würden umweltfreundliche Produkte nicht länger benachteiligt und die Mehrheit müsse nicht für gesellschaftliche Schäden aufkommen, die wenige verursacht hätten.

Wieder steigende Umweltsteuer-Einnahmen könnten aus Sicht des FÖS teilweise auch dafür verwendet werden, betroffene Gruppen wie Haushalte mit geringen Einkommen zu entlasten. In der jetzigen Situation plädiert das FÖS dafür, den Fokus bei den Energiepreisen dorthin zu richten, wo sozial der größte Handlungsbedarf besteht.

"Das ist die Heizenergie für die Wohngebäude. Da wird die Regierung im Lauf des Jahres vermutlich eher nochmal schauen müssen, ob die bisherigen Maßnahmen ausreichen", sagt Schenuit.

Einen Spritpreis-Rabatt hält auch sie für alles andere als sozial.

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