Tagebaulandschaft bis zum Horizont mit Braunkohlebagger.
Auch der Braunkohlentagebau Hambach zwischen Köln und Aachen könnte vom Kohlekommissions-Beschluss betroffen sein. (Foto: Kathrin Henneberger)

Ein Stein weniger liegt auf dem Weg der Kohlekommission: Beim Spitzentreffen zum Kohleausstieg im Bundeskanzleramt am Dienstagabend hat es offenbar eine Annäherung der konträren Standpunkte gegeben. Knackpunkt waren die finanziellen Forderungen der Kohleländer an den Bund – wegen denen sie den Abschluss der Kohlekommission möglicherweise blockiert hätten. Die Kommission soll ein Konzept für Kohleausstieg und Strukturwandel vorlegen.

Der Bund habe nun langfristige Finanzhilfen zugesagt, sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) laut ARD-Tagesschau. Über die Details haben die Teilnehmer des Treffens – Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), mehrere Bundesminister, die Vorsitzenden der Kohlekommission sowie die Ministerpräsidenten der Kohleländer – Stillschweigen vereinbart.

Es sei aber ein "sehr gutes, sehr kontruktives Gespräch" gewesen, erklärte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am heutigen Mittwochmorgen dem ZDF-Morgenmagazin.

Die an der Kohlekomission beteiligten Umweltverbände hatten sich dafür ausgesprochen, die finanzielle Unterstützung an die Kohleländer daran zu binden, dass diese auch wirklich Kohlekraftwerke stilllegen. "Die Kanzlerin muss den Ministerpräsidenten den Zahn ziehen, dass der Braunkohleausstieg in der Lausitz auf die lange Bank geschoben werden kann", forderten Martin Kaiser von Greenpeace, Kai Niebert vom Dachverband DNR und Hubert Weiger vom BUND in einer gemeinsamen Stellungnahme.

Doch nach den bislang bekannten Informationen zu dem Treffen ist Derartiges nicht passiert. "Bei der Finanzierung des Strukturwandels wurde gestern die Blockade gelöst, doch beim Klimaschutz hat die Runde im Kanzleramt wieder nichts bewegt", bilanzierte Michael Schäfer vom WWF.

Der Erfolg der Kohlekommission stehe damit weiter auf der Kippe, so Schäfer. "Allen Beteiligten muss klar sein: Ohne Beschleunigung beim Kohleausstieg gibt es auch keine öffentliche Akzeptanz für Strukturhilfen und keinen Konsens dafür in der Kohlekommission."

Auch für Lisa Badum, die klimapolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, ist das Ergebnis zwiespältig. "Wenn das gestrige Treffen im Kanzleramt nun vielleicht zu mehr Verständigung zwischen den Parteifreunden im Bundeskabinett und den Staatskanzleien geführt hat, dann ist das immerhin etwas", sagte sie. "Umso schneller kann die Kommission jetzt hoffentlich bald ihre Arbeit abschließen und die Grundlage für einen raschen und stetigen Kohleausstieg vereinbaren."

Weiteres Spitzentreffen im Kanzleramt möglich

Auf Drängen der ostdeutschen Bundesländer hatte die Bundesregierung die Laufzeit der Kohlekommission schon einmal verlängert. Eigentlich hätte das Gremium mit Mitgliedern aus Bundesregierung, Wirtschaft, Wissenschaft, Umweltverbänden und Landespolitik schon im vergangenen Jahr Ergebnisse liefern sollen – sowohl zur Zukunft der heutigen Kohlereviere als auch zu einem Kohleausstiegsdatum. Jetzt soll sie darüber schon am 25. Januar eine Einigung erzielen.

Scheitert die Kommission damit, ihre Abschlussergebnisse zu verabschieden, soll es laut Ministerpräsident Haseloff ein weiteres Spitzentreffen im Kanzleramt geben. Für unwahrscheinlich scheint man diesen Ausgang nicht zu halten, denn mit dem 31. Januar gibt es auch schon einen Termin für diesen möglichen Gipfel.

Einen Zwischenstand zum Strukturwandel hat die Kommission schon im Herbst veröffentlicht. Darin ist auch von Finanzhilfen für die Kohleregionen die Rede. Allerdings werden nur die 1,5 Milliarden Euro genannt, die die Bundesregierung schon in ihrem Koalitionsvertrag zugesagt hatte. Die Kohleländer fordern jeweils zweistellige Milliardensummen über mehrere Jahrzehnte.

Die Kohlekommission ist selbst nicht zu solchen Entscheidungen befugt. Sie gibt im Grunde nur Empfehlungen ab, die die Bundesregierung dann aufnehmen kann – und durch den üblichen parlamentarischen Prozess bringen muss.

Für Lorenz Gösta Beutin, den klimapolitischen Sprecher der Linken im Bundestag, macht das Treffen bei Merkel einen "Geburtsfehler" der Kohlekommission deutlich. "Die Kohlefrage fliegt der Kanzlerin wie ein Bumerang zurück ins Kanzleramt", sagte Beutin. "Der Vorgang zeigt, dass sich grundlegende gesellschaftliche Weichenstellungen nicht in eine Regierungskommission auslagern lassen."

Lesen Sie dazu unseren Kommentar: Merkel muss noch mal ran

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