Svenja Schulze redet vor dem Bundestag, macht eine erläuternde Geste.
Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) bei ihrer Antrittsrede im Bundestag, März 2018. (Foto: Thomas Köhler/​BMU)

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat einen Referentenentwurf für das geplante Klimaschutzgesetz vorgelegt, das die deutschen Klimaziele für 2030 festschreiben soll. Das Papier liegt Klimareporter° vor

Der Entwurf enthält Punkte, die Schulzes Widersachern bei der Union nicht schmecken dürften. Zum Beispiel soll jedes Ministerium für die Einhaltung der Ziele zur Verantwortung gezogen werden können. Das könnte die Ressorts teuer zu stehen kommen.

Denn wenn die Bundesrepublik 2030 Emissionsrechte aus anderen Ländern zukaufen muss, weil sie nicht genug für den Klimaschutz getan hat und damit ihren Pflichten in der Europäischen Union nicht nachkommt, ginge die Rechnung dann direkt an die zuständigen Ministerien. Nach Berechnungen der Denkfabrik Agora Energiewende könnten bis 2030 insgesamt zwischen 30 und 60 Milliarden Euro fällig werden.

Im Zuge der sogenannten Lastenteilung auf EU-Ebene hat Deutschland verbindliche Ziele für Klimaschutz im Verkehr, beim Bauen und Dämmen sowie in der Landwirtschaft übernommen. Wenn Schulzes Entwurf Gesetz wird, müssten also Verkehrs-, Landwirtschafts- und Wirtschaftsministerium mit ihrem Haushalt für die Kosten aufkommen, die durch ihre Sektoren anfallen. Ein unabhängiger "Klimarat" würde über die Einhaltung von festgelegten CO2-Budgets für jeden Sektor wachen.

Fachminister sollen Verantwortung für Klimaschutz übernehmen

Damit wäre ein Anreiz geschaffen, dass die Fachminister selbst klimapolitisch tätig werden, statt nur aufs Umweltministerium zu reagieren – ein Anliegen, das Schulze schon kurz nach ihrem Amtsantritt im vergangenen Jahr formuliert hatte.

Das steht in Schulzes Klimaschutzgesetz-Entwurf

Wir haben für Sie die wichtigsten Punkte aus dem 62-seitigen Referenten­entwurf für das Klima­schutz­gesetz gesammelt. Lesen Sie hier unsere Zusammen­fassung.

"Die Arbeitsteilung, dass die Umweltministerin Wunschlisten schreibt und der Fachminister Nein sagt, die mache ich nicht mit", sagte Schulze im vergangenen Juni im Klimareporter°-Interview und nannte als Beispiel das Verkehrsministerium von Andreas Scheuer (CSU). "Der Kollege Scheuer ist selbst in der Verantwortung."

Der hat an einer solchen Erweiterung seiner Zuständigkeit allerdings bislang kein Interesse gezeigt – ähnlich wie Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (beide CDU). Nachdem das Umweltministerium die Grundzüge des neuen Entwurfs vor zwei Wochen vorgestellt hatte, drängte die Union in der vergangenen Woche im Koalitionsausschuss darauf, das Klimaschutzgesetz erst mal auf Eis zu legen.

Unterstützung von links

Schulze hat jetzt die Ellbogen ausgefahren und im Alleingang einen Entwurf zur ersten Koordinierung ans Kanzleramt geschickt. Bevor die Bundesregierung tatsächlich einen fertigen Entwurf öffentlich vorlegt, muss der Entwurf aber im Rahmen der üblichen Ressortabsstimmung doch wieder durch die verschiedenen Ministerien wandern – und droht dabei verwässert zu werden.

Die Strategie der Umweltministerin brachte der SPD ein seltenes Lob von links ein: Lorenz Gösta Beutin, klimapolitischer Sprecher der Linken im Bundestag, nannte Schulzes Vorpreschen zwar eine "Verzweiflungsidee", aber auch einen interessanten Versuch, "die Anti-Klimaschutz-Herrenriege von Verkehrsminister Scheuer, Wirtschaftsminister Altmaier und Innen- und Bauminister Seehofer aus der Reserve zu locken".

Den aktuellen Entwurf würde die Linke unterstützen, so Beutin. "Die gute Nachricht: Mit den Entwurf-Vorgaben rücken die Pariser Klimaziele in greifbare Nähe, es handelt sich erstmals um echtes Klima-Ordnungsrecht statt unverbindlicher Gummi-Paragrafen", sagte er. "Die schlechte Nachricht: Kanzlerin Angela Merkel wird ihre Umweltministerin Schulze wie gewohnt bei Klimaschutzpolitik eiskalt auflaufen lassen."

Das steht in Schulzes Entwurf zum Klimaschutzgesetz

Anzeige