Friedrich Merz, unser Kanzler in spe, ist kein Freund der Windkraft. Im Gegenteil. Die Windräder seien hoffentlich nur eine Übergangstechnologie, sagte er unlängst bei einem Wirtschaftsempfang in Winterberg im Sauerland, ganz in der Nähe seines Wohnorts. "Ich möchte noch erleben, dass die Anlagen abgebaut werden."
Keine einfache Position. Die Union strebt ja die Klimaneutralität Deutschlands für 2045 an, der CO2-Ausstoß muss dafür in nur 20 Jahren auf netto null herunter. Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag hat das gerade in ihrer "Neuen Energie-Agenda für Deutschland" bestätigt.
Und die Windkraft ist nun einmal eine der zentralen Technologien dafür. Derzeit liefert sie rund 30 Prozent des hierzulande verbrauchten Stroms, und nach praktisch allen Energiewende-Szenarien muss sie weiter ausgebaut werden, um die Netto-Null zu schaffen.
In dem Unionspapier findet sich zwar die Forderung nach Wiedereinstieg in die Atomkraft und sogar die Vision, Strom mit Kernfusion zu erzeugen. Doch die Chancen dafür sind minimal.
Die Reaktivierung der stillgelegten Reaktoren ist unrealistisch, neue AKW sind – siehe Frankreich, Finnland, Großbritannien – sündhaft teuer, und nutzbarer Kernfusionsstrom ist in den nächsten zwei Jahrzehnten nicht zu erwarten.
Hinzu kommt: Nur mit der FDP oder der AFD wäre so ein Kurs umsetzbar. Beide fallen aber aus, da entweder als Mehrheitsbeschaffer zu unbedeutend oder politisch indiskutabel.
Grün-schwarze Windkraft-Bremse?
Aber dann das: Plötzlich sieht es so aus, als hätte Merz ausgerechnet im Ober-Grünen Robert Habeck einen unerwarteten Mitstreiter gefunden. Dessen Wirtschaftsministerium hatte einen Gesetzentwurf erarbeitet, der der Politik vor Ort mehr Einfluss bei der Steuerung des Windanlagen-Baus geben sollte.
Die Nachricht sorgte für Aufregung in der Windbranche, zumal der Verdacht besteht, Habeck könnte im Wahlkampf ausgerechnet Merz einen Gefallen tun, per "Lex Sauerland". Merz hatte sich nämlich, wie er sagt, "in bestimmtem Ton" an den Minister gewandt, es müsse mehr Rücksicht auf die Menschen im Sauerland, auf das Landschaftsbild und den Tourismus genommen werden.
Joachim Wille ist Co-Chefredakteur des Online-Magazins Klimareporter°.
Im Ministerium hieß es dazu, es sei keineswegs das Ziel des Entwurfs, den in Fahrt gekommenen Windkraft-Ausbau wieder abzuwürgen. Und es sei schon gar kein Kniefall vor Merz.
Doch dann kippte eine offenbar verärgerte SPD den Punkt von der Tagesordnung im Bundeskabinett. So bleibt es spannend, wie bei dem Thema künftig der Wind weht, vor und nach der Bundestagswahl.