Einige Arbeiter am Endmontage-Fließband für den 3er BMW in Leipzig.
Die IG Metall ist in der Autoindustrie stark – in der Windbranche weniger. (Foto: BMW/​Wikimedia Commons)

Möglicherweise muss man dem viel gescholtenen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) dankbarer sein, als man das für möglich gehalten hätte. Denn in der Arbeitsgruppe 1 der ehemaligen Verkehrskommission saßen im Frühjahr auch die Spitzen der Gewerkschaft IG Metall und der beiden großen Umweltverbände BUND und Nabu zusammen – mit einem "mutlosen und fantasielosen Minister", wie sich BUND-Vize Ernst-Christoph Stolper am gestrigen Mittwoch bei einer Veranstaltung in Berlin erinnerte.

In dem Gremium habe es unter den Verbänden eine größere Einigkeit gegeben als mit dem Minister – und in dem "gemeinsamen Leid" habe man sich gefunden. Stolpers Resümee: "Die Gesellschaft ist weiter als die Politik."

Ein Ausdruck der neuen Verbändeverständigung ist nun ein gemeinsames Positionspapier zur "Klima- und Mobilitätswende", das BUND, Nabu und die IG Metall gestern in Berlin vorstellten.

Gewerkschaftschef Jörg Hofmann erklärte das Zusammenfinden der "ungewöhnlichen Allianz" damit, dass Metaller eben nicht nur an sicherer Arbeit interessierte Beschäftigte seien, sondern auch Bürger, die für sich und ihre Kinder wollten, dass der Planet lebenswert bleibe. Drittens schließlich seien sie auch Verbraucher – mit einem Interesse an "preislich erträglicher" Energie- und Mobilitätsversorgung.

Wie man das, so Hoffmann, "Dreieck" von Beschäftigten, Bürgern und Verbrauchern zusammenführen kann, dazu liefert das Positionspapier nur recht allgemeine Floskeln. So treten die drei Organisationen für eine "effektive Klimaschutzpolitik" genauso ein wie für eine aktive Politik zur "Verringerung der sozialen Spaltungen".

Sektorspezifische Maßnahmenpakete im Instrumentenbündel

Man wolle nicht, dass Arbeit und Umwelt gegeneinander ausgespielt werden, Gleiches gelte aber auch für die Energiewende und den Naturschutz, beschrieb Nabu-Präsident Olaf Tschimpke seinerseits die großen Leitlinien.

Entsprechend nebulös bleibt das Papier, wo es um einen CO2-Preis geht. Einerseits wird zwar die Ausdehnung des Emissionshandels auf Wärme und Verkehr klar abgelehnt, andererseits jedoch die Einführung von CO2-Abgaben zu einem "Teil eines notwendigen Instrumentenbündels" erklärt. Dieses müsse "eingebunden sein in sektorspezifische Maßnahmenpakete".

"Leitplanken für eine CO2-Bepreisung"

Wirtschafts- und Branchenverbände wie BDEW, BDI, DIHK und VKU sollen sich zusammen mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) auf "Leitplanken für eine CO2-Bepreisung" verständigt haben. Das berichtet das Handelsblatt. Ein CO2-Preise soll danach mit Förderinstrumenten, öffentlichen Investitionen und kluger Regulierung verbunden werden, wie es in dem Papier heißt.

Parallel zu einer CO2-Abgabe müsse beispielsweise im Gebäudebereich die steuerliche Förderung energetischer Sanierungen vorangetrieben werden oder im Verkehrsbereich die Förderung alternativer Antriebe und klimaneutraler Kraftstoffe. Auch solle es eine zusätzliche CO2-Bepreisung nur in den Sektoren geben, die nicht dem Emissionshandel unterworfen sind.

Übersetzt soll das in etwa bedeuten: Bevor zum Beispiel Energie oder Mobilität verteuert werden, müssen den Haushalten nutzbare Alternativen bereitstehen, wie kleinere und erschwingliche E-Autos oder ein preiswerter öffentlicher Nahverkehr. Ein CO2-Preis müsse in Konzepte integriert werden, die den Leuten Alternativen anbieten, verlangte BUND-Vize Stolper. "Wenn man Menschen belastet, muss man ihnen einen Ausweg zeigen."

Weitaus schärfer als die Umweltvertreter ging IG-Metall-Chef Hofmann am Mittwoch mit der CO2-Steuer ins Gericht. "Mit der CO2-Bepreisung haben wir gerade einen rosaroten Elefanten im Schaufenster stehen", sinnierte der Gewerkschafter. Für ihn stellt sich die ganze Debatte als ein, so wörtlich, "Riesenablenkungsmanöver" dar. Dabei sei noch nicht einmal klar, welche Lenkungswirkung eine solche Steuer überhaupt habe.

Wenigstens in dem Punkt zeigte sich am Mittwoch ein kleiner Dissens zwischen dem Metaller und den Umweltleuten. So kann sich Stolperer vom BUND für das Modell einer Steuer-Rückzahlung über eine Pro-Kopf-Pauschale erwärmen, auch wenn es gute Argumente gebe, das Geld in Wohngeld, einen höheren Hartz-IV-Satz oder in Investitionen zu stecken.

In der nächsten Zeit wollen die IG Metall und die Umweltverbände ihr Positionspapier in regionalen Veranstaltungen den Mitgliedern vorstellen. An Stoff für Debatten wird es vermutlich nicht fehlen.

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