Flugzeug von schräg unten vor düsterem Himmel mit hellem Fleck.
Klimaschädlicher als mit dem Flugzeug kann man sich nicht fortbewegen – trotzdem ist die Branche von Klimaschutzpflichten weitgehend befreit. (Foto: Luis Argerich/​Wikimedia Commons)

Frankreich will ab 2020 einen "Öko-Beitrag" auf Flugtickets erheben. Je nach Reiseziel und Sitzklasse sollen zwischen 1,50 und 18 Euro anfallen, und zwar für alle Flüge, die in Frankreich starten.

Ausgenommen werden Flüge auf die französische Insel Korsika und in die französischen Überseegebiete. Auch wer in Frankreich nur umsteigt, soll nicht extra zur Kasse gebeten werden.

Die französische Luftfahrtbranche baut nun eine Drohkulisse auf. Milliardenverluste, Arbeitsplatzschwund – die Lobbyisten stapeln in ihren Warnungen nicht tief.

Die neue Abgabe halte man für "fehlgeleitet", heißt es beim Weltluftfahrtverband IATA. Und wenn schon eine Abgabe, dann solle der Erlös in Innovationen der Branche fließen. Bisher ist geplant, dass mit dem Geld das Bahnsystem ausgebaut wird. Es werden Einnahmen von 180 Millionen Euro im Jahr erwartet.

Das dürfte auch der Hauptzweck der Steuer sein, denn dass wegen des kleinen Aufpreises weniger geflogen wird, ist unwahrscheinlich. "Bei einer Steuer auf Tickets, die weniger kostet als ein Kaffee am Flughafen, gehe ich absolut nicht davon aus, dass sie irgendeinen Einfluss auf das Verhalten der Verbraucher haben wird", sagt die Luftverkehrsexpertin Lucy Gilliam vom europäischen Dachverband Transport and Environment.

Gilliam empfiehlt stattdessen eine Steuer auf Kerosin. Auf europäischer Ebene setzt sich der französische Präsident Emmanuel Macron eigentlich genau dafür ein, in Frankreich selbst scheiterte das Unterfangen jedoch in der Nationalversammlung. Deshalb kommt jetzt die ökologische Sparvariante.

"Kerosinsteuer viel effektiver"

"Kerosin statt Tickets zu besteuern wäre viel effektiver, denn dann würde sich die Höhe der Zahlungen danach richten, wie viel Treibstoff verbrannt wird – also auch danach, wie viel tatsächlich emittiert wird", meint Gilliam. Auch Sprit für Autos werde schließlich auf diese Art besteuert.

Klimaschutz im Luftverkehr

Fluggesellschaften müssen sich weltweit kaum am Klimaschutz beteiligen. Der Grund: Die Staatengemeinschaft hatte die Weltluftfahrtorganisation ICAO im Kyoto-Protokoll von 1997 damit beauftragt, den Klimaschutz in der Branche zu organisieren. Fast zwei Jahrzehnte brauchte die ICAO dann, um dem Luftverkehr auch nur ein erstes Klimaziel zu geben: 2016 beschloss sie, dass die CO2-Emissionen durch Flüge ab 2020 nicht weiter ansteigen sollen. Allerdings nur auf dem Papier.
 

Das rasante Wachstum der Branche wirklich zu bremsen und weniger zu fliegen, ist nämlich nicht der Plan. Und anders als im Straßenverkehr ist über den Wolken keine Technologie in Sicht, die das Fliegen klimafreundlich machen könnte. Statt selbst Treibhausgase einzusparen, sollen die Fluggesellschaften nach den Vorstellungen der ICAO auf Offsets setzen. Bei diesen Kompensationsmodellen werden Klimaschutz-Projekte finanziert, zum Beispiel für erneuerbare Energien oder die Aufforstung von Wäldern, deren Effekt sich die Airline dann anrechnen kann.

Die neue Abgabe ist auch eine Reaktion auf die Gelbwesten-Proteste, die durch eine Erhöhung des CO2-Beitrags ausgelöst wurden, der in Frankreich zur Steuer auf Benzin hinzukommt. Die "Gelbwesten" beklagen, dass arme Menschen auf dem Land, die auf ein Auto angewiesen sind, dadurch unzumutbar belastet würden – während reiche Städter unbeschwert um die Welt jetten könnten.

"Der Öko-Beitrag im Luftverkehr ist eine Antwort auf die ökologische Dringlichkeit und das Gefühl der Ungerechtigkeit, das die Franzosen zum Ausdruck gebracht haben", sagte die französische Verkehrsministerin Élisabeth Borne.

Die neue Abgabe fällt zusätzlich zur französischen Luftverkehrsabgabe an. In Frankreich ist sie als "Chirac-Steuer" bekannt, weil der frühere französische Präsident Jacques Chirac sie 2006 eingeführt hat, um die Internationale Fazilität zum Kauf von Medikamenten finanziell zu unterstützen. Das Geld fließt vor allem in die Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose. Je nach Flugziel liegt die Steuer pro Ticket zwischen einem und 40 Euro. In die Staatskasse fließen dadurch jährlich etwa 200 Millionen Euro.

Weltweit wird die Luftfahrt kaum klimapolitisch reguliert (siehe Kasten), weder durch Preis- noch durch Ordnungspolitik. Dass Frankreich durch den zusätzlichen Öko-Beitrag zum Vorreiter wird, lässt sich nicht unbedingt behaupten. Deutschland und Großbritannien zum Beispiel erheben Abgaben auf Flugtickets, die höher sind als die beiden französischen Steuern zusammengenommen.

Deutschland hat durch seine Luftverkehrsabgabe im vergangenen Jahr 1,2 Milliarden Euro eingenommen, Großbritannien mit der Air Passenger Duty umgerechnet 3,5 Milliarden Euro.

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