Ein Elektroauto Audi Q4 E-Tron an der Ladesäule.
Große, schwere E‑Modelle, die für die Verkehrswende wenig bringen, sollen als Dienstwagen Steuersparmodelle werden. (Bild: Matthias Speicher/​Unsplash)

Was sogenannte Premiumhersteller wie Mercedes, Audi und BMW an Preisen für ihre E‑Oberklasse aufrufen, scheint inländische Käufer eher abzuschrecken. Das zeigt die Zulassungsstatistik: Dieses Jahr wurden in Deutschland von Anfang Januar bis Ende Juni rund 184.100 E‑Autos neu zugelassen, 36.000 weniger als im selben Zeitraum 2023.

Im geschrumpften Markt konnten der VW-Konzern mit 24.500 und Tesla mit 21.000 Neuzulassungen noch die größten Anteile auf sich vereinen, wie die Liste der meistverkauften E‑Autos des Branchenmagazins Auto Motor und Sport für das erste Halbjahr ausweist.

Mit Abstand folgen dann Mercedes mit 12.500 neuen Zulassungen, Audi mit 10.300 sowie BMW mit gut 10.000 Fahrzeugen. Ein Grund für die enttäuschenden Marktanteile sind die exorbitanten Preise für die deutschen Elektroautos.

So ist die Mercedes-EQE-Limousine erst ab 67.000 Euro zu haben, drei der sechs EQE‑Modellvarianten kosten zwischen 70.000 und 95.000 Euro, weist die offizielle Preisliste aus. Beim Audi Q8 e‑tron liegen alle vier Modelle zwischen 70.000 und 95.000 Euro. Beim BMW i4 schließlich kann man sich eine von drei Modellvarianten ab 70.000 Euro aufwärts in die Garage stellen.

Diese Spanne zwischen 70.000 und 95.000 Euro kommt Beobachtern deutscher Verkehrs- und Finanzpolitik bekannt vor. Die Zahlen finden sich auch in der kürzlich beschlossenen "Wachstumsinitiative" der Ampel-Regierung. Dort heißt es auf Seite 4, für Unternehmen werde rückwirkend zum 1. Juli 2024 der Deckel für den Brutto-Listenpreis von 70.000 auf 95.000 Euro bei der Dienstwagenbesteuerung für E‑Fahrzeuge erhöht.

Spitzenverdiener sparen 50 Prozent Einkommensteuer

Anders gesagt: Ab Juli können sich Unternehmen, die sich ein Luxus-E‑Auto zulegen, des Dienstwagenprivilegs dafür erfreuen. Die Regelung wird mit dem Bundeshaushalt 2025 eingeführt, dessen Entwurf das Kabinett am morgigen Mittwoch beschließen will.

Kleiner Fakt am Rande: Bei Tesla, dem bekannten US-Konzern mit der Gigafactory in Brandenburg, klafft ziemlich genau im neuen Förderbereich eine Preislücke. Das Tesla-Modell "Y Performance" soll etwa ab 60.000 Euro zu haben sein. Das preislich nächstfolgende Modell Tesla S beginnt dann ab rund 93.000 Euro, zeigen einschlägige Auflistungen.

Das Dienstwagenprivileg will die Ampel offenbar nicht nur auf besonders teure E‑Boliden ausdehnen, sondern im Kern noch als verkappte Absatzförderung für deutsche Premiumhersteller gestalten – auf Kosten der Steuerzahler.

Die Ausweitung des Dienstwagenprivilegs wird von einem Bündnis aus Umwelt-, Verkehrs-, Klima- und Sozialverbänden scharf kritisiert. Ein Dutzend Organisationen tragen einen heute veröffentlichten Verbändeappell zum Haushalt 2025 mit.

Schon jetzt würden Nutzer von Dienstwagen mit hohen Einkommen begünstigt, kritisieren die Verbände weiter. Von den einkommensstärksten zehn Prozent der Bevölkerung mit über 80.000 Euro Jahresgehalt hätten etwa 60 Prozent einen Dienstwagen – bei weniger als fünf Prozent sei das dagegen in der Einkommensgruppe unter 30.000 Euro der Fall.

Nach Schätzungen von Fachleuten zahlen Käufer eines Oberklasse-Mercedes EQE 350 4Matic SUV, der rund 90.000 Euro kostet, bei einer vierjährigen Haltedauer des Fahrzeugs dank der geplanten neuen Dienstwagenregelung statt wie bisher rund 10.700 nur noch 5.400 Euro an Einkommensteuer. Der "Steuer-Spareffekt" entlastet einen Spitzenverdiener also um die Hälfte.

Klimaschädlich und "schreiend ungerecht" 

Beim nötigen Bahnausbau und dem Deutschlandticket will Finanzminister Lindner sparen, aber Spitzenverdiener mit Luxus-Dienstwagen sollen mit Hunderten Steuermillionen gepampert werden? Das kann Martin Kaiser von Greenpeace nicht verstehen. So etwas wäre für ihn eine Verkehrspolitik aus den Asphalt-Achtzigern – "schädlich fürs Klima" und dazu "schreiend ungerecht", sagt er.

Die von Kaiser angeführten Hunderten Millionen sind nicht aus der Luft gegriffen. Laut dem Klimareporter° vorliegenden Entwurf des Bundeshaushalts 2025 kostet die sogenannte Begünstigung von Elektro- und extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen bei der Dienstwagenbesteuerung in diesem Jahr knapp 600 Millionen Euro und im kommenden 740 Millionen. Zu finden sind die Angaben auf dem Blatt mit den 20 größte Steuervergünstigungen des Bundes in Anlage 11 des Haushaltsentwurfs.

Die Ausweitung der Subvention für die Luxus-E‑Autos auf bis zu 95.000 Euro kostet die Steuerzahler vom rückwirkenden Beginn Anfang Juli dieses Jahres bis Ende 2025 laut ersten Schätzungen vermutlich um die 200 Millionen Euro.

Zum Vergleich: Die Finanzlücke beim Deutschlandticket soll derzeit bei 350 Millionen liegen. Sie könnte also bei einem Verzicht auf die Ausweitung des Dienstwagenprivilegs teilweise geschlossen werden. Bei einem gänzlichen Wegfall des Dienstwagenprivilegs stünden sogar mindestens 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung – das Zehnfache der Lücke.

Geringverdiener werden in die Kostenfalle getrieben

Ohne weitere Finanzmittel vom Bund für Personal, Busse und Bahnen sowie das Deutschlandticket werden Menschen noch weit über 2030 hinaus vom Auto abhängig sein, warnt Christiane Averbeck von der Klima-Allianz. "Untere Einkommensgruppen sind dann weiterhin auf den Verbrenner angewiesen und werden vom steigenden CO2-Preis belastet", so Averbeck weiter.

Konkret fordern die Verbände von der Bundesregierung, die Pauschalsätze für die Versteuerung von Dienstwagen mit Verbrennungsmotor und Plug-in-Hybride anzuheben, um die niedrigeren Sätze für batteriebetriebene Dienstwagen gerechter gegenzufinanzieren. Geprüft werden sollten auch Anreize für untere Einkommensgruppen sowie für kleine, ressourcensparende E‑Fahrzeuge.

 

Um das Deutschlandticket zu finanzieren, hat sich jetzt auch der nordrhein-westfälische Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) für Einschnitte beim Dienstwagenprivileg ausgesprochen. Mit dem so eingesparten Geld könnte der Preis des Tickets auch im kommenden Jahr bei 49 Euro gehalten werden, sagte Krischer dem WDR.

Den Dienstwagen-Steuernachlass sieht er als "staatliches Förderprogramm" für schwere und teure Spitzenmodelle. Krischer schlägt stattdessen vor, eine Preis-Obergrenze für Autos einzuführen, die vom Dienstwagenprivileg profitieren. Zudem solle sich die Dienstwagen-Regelung am CO2-Ausstoß der Wagen ausrichten.