Nach langen Verhandlungen haben sich das Europaparlament, die EU-Mitgliedsstaaten und die Europäische Kommission am gestrigen Montagabend auf strengere Emissionsgrenzwerte für Autos geeinigt. Bis 2030 sollen Pkw-Hersteller die CO2-Emissionen ihrer Neuwagen im Vergleich zu 2021 um 37,5 Prozent senken.
Für leichte Nutzfahrzeuge gilt ein etwas abgeschwächtes Ziel von 31 Prozent weniger Emissionen. Bereits 2025 soll für beide Fahrzeugklassen ein Zwischenziel von 15 Prozent Reduktion erreicht sein.
Basis des Minderungsziels ist die bereits beschlossene Vorgabe, dass ab 2021 Neuwagen im Flottendurchschnitt nicht mehr als 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen dürfen. Davon sind viele Autohersteller noch weit entfernt.
Entsprechend scharf fiel die Kritik der Autoindustrie an dem gestrigen Beschluss aus. "Damit wird die europäische Automobilindustrie im internationalen Wettbewerb stark belastet", beschwerte sich Bernhard Mattes, Präsident des deutschen Verbands der Automobilindustrie (VDA). Nirgendwo auf der Welt gebe es so strenge Vorgaben, so der VDA. Die Industrie könne das neue Ziel technisch gar nicht erreichen.
Die Bundesregierung hatte bis zuletzt versucht, die strengeren Vorgaben aufzuweichen. Sie wollte ein Reduktionsziel von nur 30 Prozent durchsetzen, um so die deutschen Autobauer erneut zu schützen.
Mit dem Vorschlag von 30 Prozent Minus war die EU-Kommission in die Verhandlungen gegangen. Das EU-Parlament hatte sich hingegen für 40 Prozent Reduktion stark gemacht, die Abgeordneten im Umweltausschuss wollten sogar 45 Prozent. Umweltverbände fordern 60 bis 70 Prozent.
Die Umweltminister im EU-Ministerrat hatten sich für 35 Prozent ausgesprochen. Die gestrige Einigung geht nun über die Position der Mitgliedsstaaten hinaus und liegt genau zwischen Rat und Parlament.
"Das wird den Auto-Standort Europa stärken, nicht schwächen"
Die europäischen Grünen begrüßten den Beschluss, obwohl der Fraktion im Europaparlament die Ziele nicht weit genug gehen. "Dieser Kompromiss ist das Beste, was mit den Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten zu erreichen war", erklärte die Abgeordnete Rebecca Harms.
"Nur wenige Tage nach Abschluss der Klimakonferenz in Katowice bleibt die Vereinbarung jedoch weit hinter dem zurück, was notwendig wäre, um ernsthaft auf die Ziele des Pariser Klimaabkommens hinzuarbeiten", sagte Harms. Für das Erreichen der Klimaziele ist der Verkehrssektor essenziell, macht er doch beinahe ein Viertel der europäischen Emissionen aus.
Besonders von der Bundesregierung sind die Grünen enttäuscht. Die Schwerfälligkeit der schwarz-roten Koalition bremse den Klimaschutz immer wieder aus, sagte Harms. Zwischenzeitlich waren die Verhandlungen wegen fehlender Zustimmung aus Deutschland ins Stocken geraten.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) lobte indes die Einigung als "gutes Ergebnis". Europa habe sich einmal mehr handlungsfähig gezeigt. "Alle haben sich in dieser schwierigen Frage aufeinander zubewegt", sagte Schulze. Der Beschluss bringe Klimaschutz und Zukunftsjobs voran.
"Die Autoindustrie wird sich zwar anstrengen müssen", sagte die Ministerin. "Aber dieser Beschluss wird den Auto-Standort Europa nicht schwächen, sondern stärken. Mit den neuen Grenzwerten bekommen wir starke Anreize für effizientere Fahrzeuge und den Umstieg auf eine neue, saubere Mobilität."
Damit die neuen Ziele erreicht werden können, müssen deutlich weniger Autos mit Verbrennungsmotoren auf den Straßen fahren. Ungefähr jeder dritte Neuwagen muss einen Elektromotor haben. Für Autofahrer habe die neue Regelung Vorteile, weil sie Spritkosten sparen könnten, sagte Greg Archer vom europäischen Dachverband Transport and Environment (T&A).
Zudem seien die strengeren Grenzwerte eine Chance, mit China Schritt zu halten und dadurch Arbeitsplätze in Europa zu sichern. T&A rechnet mit mehr als 200.000 neuen Stellen.
Damit die neue Regelung in Kraft tritt, müssen Rat und Parlament dem Ergebnis noch formal zustimmen.
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