Für die Zukunft der EEG-Umlage war 2020 kein gutes Jahr. Das von den Netzbetreibern verwaltete Konto wies Einnahmen von 24,5 Milliarden, aber Ausgaben von 30,9 Milliarden Euro auf – ein Defizit von 6,4 Milliarden Euro. So viel Geld mussten sich die Netzbetreiber aber nicht zusammenborgen. Das Konto hatte zu Beginn vergangenen Jahres noch ein Guthaben von zwei Milliarden Euro.
Ursprünglich hatten die Netzbetreiber für 2020 mit EEG-Förderkosten von etwa 26,2 Milliarden Euro gerechnet und entsprechend hohe Einnahmen kalkuliert. Die Prognose wurde durch die Pandemie schon im Frühjahr über den Haufen geworfen.
Die Coronakrise hat, worauf der Thinktank Agora Energiewende im Mai 2020 hinwies, auf die EEG-Umlage einen doppelten Effekt. Einerseits sinken die Einnahmen, weil weniger Kilowattstunden verbraucht werden. Gleichzeitig sinkt wegen des geringeren Verbrauchs aber auch der Strompreis an der Börse, was wiederum den EEG-Zuschuss in die Höhe treibt.
Die Agora-Experten sagten damals – den zweiten Lockdown im Herbst und Winter nicht vorausahnend – für 2021 eine EEG-Umlage von 8,6 Cent voraus. Am Ende warnte die Bundesregierung, die Umlage könnte auf 9,6 Cent steigen. Auf einen Schlag sollten die Verbraucher drei Cent mehr für die Kilowattstunde zahlen? Ein Preissprung von gut zehn Prozent?
EEG-Umlage gilt als Grund des Übels
Aus dem Finanzdesaster in der Krise schließt die Politik nun aber nicht, dass möglicherweise die Kopplung der Umlage an den Börsenpreis von Übel ist. Lieber erklärt man die Umlage auf den Strompreis selbst zum Grund allen Übels und will das Finanzkonstrukt abschaffen – am besten schon bis 2025.
Das findet inzwischen eine ganz große Koalition von Union, SPD und Grünen gut. Aus dem Bundeswirtschaftsministerium darf seit letzter Woche zitiert werden, das Haus Altmaier arbeite an einem Vorschlag zur künftigen EEG-Finanzierung.
Dabei solle die EEG-Umlage mittelfristig vollständig abgeschafft und die Förderung der Erneuerbaren über den Haushalt finanziert werden. Das soll laut Ministerium schon für alle Erneuerbaren-Anlagen gelten, die ab 2022 in Betrieb gehen.
Der SPD-Vorstand beschloss jetzt für seinen Kanzlerkandidaten Olaf Scholz sogenannte "Zukunftsmissionen für unser Land". Auch hier wird mit missionarischem Eifer versprochen, die EEG-Umlage bis 2025 abzuschaffen und aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren. Dazu sollen auch die Einnahmen aus der neuen CO2-Bepreisung dienen.
Da waren die Sozialdemokraten schon mal deutlich mutiger: Im September letzten Jahres verkündete die SPD-Bundestagsfraktion, sie wolle schon zum Jahreswechsel die EEG-Umlage auf null setzen. So richtig ernst nahm das damals niemand.
Gegenfinanzierung durch steigenden CO2-Preis
Am vergangenen Freitag schließlich brachte das Land Schleswig-Holstein einen Antrag für eine Reform der Abgaben und Umlagen im Energiesektor in den Bundesrat ein. Unter Punkt 5 ist zu lesen: Der Bundesrat begrüße die "in der Öffentlichkeit diskutierte Absenkung der EEG-Umlage auf null" bei geeigneter Gegenfinanzierung "insbesondere aus steigenden Einnahmen der CO2-Bepreisung".
Leider seien die Anstiege beim CO2-Preis, wie sie derzeit vorgesehen seien, noch keine adäquate Gegenfinanzierung für eine rasche Senkung der EEG-Umlage, bedauerte der schleswig-holsteinische Energieminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) am Freitag im Bundesrat. Was an einer "adäquaten" Gegenfinanzierung noch fehlt, erläuterte das Ministerium bisher auf Anfrage leider nicht.
In diesem Jahr liegt der nationale CO2-Preis bei 25 Euro pro Tonne und 2022 bei 30 Euro. Nach Prognosen aus Vor-Corona-Zeiten kommen damit in diesem Jahr rechnerisch um die 7,7 Milliarden Euro und 2022 rund zehn Milliarden Euro in die Kasse. Da klafft noch eine ordentliche Lücke zu den deutlich mehr als 20 Milliarden Euro, die die EEG-Förderung jährlich kosten wird.
Der Deutschlandfunk zitierte jüngst Olaf Scholz aus einem SPD-Wahlforum, für das Gegengeschäft würden "zehn Milliarden plus x fehlen". Um das Geld aufzutreiben, schauen Energieminister Altmaier (CDU) und Finanzminister Scholz beispielsweise auf den Energie- und Klimafonds. Der speist sich aus Geldern, die aus dem Verkauf von EU-Emissionsrechten stammen – und deren Preise gehen derzeit kontinuierlich nach oben.
Agora Energiewende hatte im Mai angegeben, ein nationaler CO2-Preis von 50 Euro auf Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel könne ab 2022 die nötige Gegenfinanzierung für eine stark abgesenkte EEG-Umlage liefern. Mit weiteren Bundesmitteln sei es sogar möglich, die EEG-Umlage ganz abzuschaffen, schrieb der Thinktank.
Aber selbst in einer einfachen Gleichung – 50 Euro CO2-Preis gleich weitgehende Gegenfinanzierung der EEG-Umlage – stecken jede Menge unbekannter Faktoren. So steht noch die sogenannte Carbon-Leakage-Verordnung aus, die jede Menge Unternehmen vor zu großen Lasten aus der CO2-Bepreisung schützen soll.
Zu der gibt es derzeit nur einen in der Bundesregierung nicht abgestimmten Entwurf aus dem Umweltministerium. In derselben Bundesratssitzung am Freitag jammerte der ebenfalls grüne Umweltminister aus Baden-Württemberg, Franz Untersteller, es sei "nicht hinnehmbar", wenn der Aufwand, der kleinen und mittleren Unternehmen durch die Leakage-Verordnung entstehe, größer sei als die Kosten, die man durch Klimaschutz einsparen könne.
Anders gesagt: Bei der CO2-Bepreisung ist mehr Entlastung nötig, was logischerweise die Einnahmen senken würde.
Private Haushalte zahlen ab 2024 oftmals drauf
Einer Gruppe kann die ganze Debatte übrigens ziemlich egal sein: den privaten Haushalten. Das Vergleichsportal Verivox rechnete jetzt schon mal aus, dass eine Familie mit 4.000 Kilowattstunden Jahresverbrauch durch den Wegfall der EEG-Umlage um gut 300 Euro brutto entlastet würde. Dieser "Gewinn" würde aber durch steigende Kosten infolge der nationalen CO2-Bepreisung bald wieder zunichtegemacht.
Nach Angaben des Portals gegenüber Klimareporter° würde ein Musterhaushalt, der von diesem Jahr an um diese 300 Euro bei der EEG-Umlage entlastet würde und der jährlich außer den 4.000 Kilowattstunden Strom noch 20.000 Kilowattstunden Gas verbraucht und einen Mittelklasse-SUV fährt, ab 2024 durch den CO2-Preis stärker belastet als durch den Wegfall der EEG-Umlage entlastet.
Das tritt umso schneller ein, je weniger Strom der Haushalt verbraucht und je mehr Öl durch Heizung oder (mehrere) Autos konsumiert werden. Ob das Altmaier, Scholz, Albrecht oder Untersteller im Superwahljahr den Bürgerinnen und Bürgern erzählen werden – darauf darf man gespannt sein.
Lesen Sie dazu auch den Gastbeitrag von Hans-Josef Fell: Ein steuerfinanziertes EEG gefährdet den Erneuerbaren-Ausbau