Großkraftwerk Mannheim am Abend, vom Rheinauhafen aus gesehen.
Großkraftwerk Mannheim am Rhein: Baden-Württemberg will mehr Geld für die Stilllegung seiner Steinkohlekraftwerke. (Foto: Ulf Waldeck/​Wikimedia Commons)

Ein Jahr lang hatte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sich Zeit gelassen, um sein Gesetz für den Kohleausstieg vorzulegen. Eigentlich lange genug, um die Blaupause der Kohlekommission umzusetzen und so den gesellschaftlichen Konsens zu wahren, der damit verbunden war.

Doch der Ärger reißt nicht ab. Gleich nach Bekanntwerden des Altmaier-Entwurfs Ende Januar kritisierten Klimaexperten und Umweltverbände, die gemeinsame Linie der Kohlekommission sei verlassen worden.

Nun legen vier Bundesländer nach, nämlich Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Niedersachsen und das Saarland, übrigens alle mit CDU-Regierungsbeteiligung.

Die vier Länder eint, dass bei ihnen noch viel Strom aus Steinkohlekraftwerken stammt. NRW ist hier vom Anteil her die bundesweite Nummer eins, Baden-Württemberg Nummer zwei.

Dass ausgerechnet auch die grün geführte Regierung in Stuttgart so vehement für die Betreiber der Kohlemeiler streitet, lässt sich nachvollziehen. Sie argumentiert, die Energieversorger im Land würden nach dem Altmaier-Plan nicht von Entschädigungen profitieren. Das Geld sei aber dringend notwendig, um die Energiewende zu meistern und Arbeitsplätze zu sichern.

Zudem habe es wenig Sinn, moderne Steinkohle-Meiler vor den alten, ineffizienten und besonders klima- und umweltschädlichen Braunkohleanlagen abzuschalten, die zumeist im Osten stehen.

Das Quartett moniert in einem gemeinsamen Schreiben an das Bundeskanzleramt und zuständige Ministerien entsprechend, dass Steinkohlekraftwerke im Vergleich zu Braunkohlekraftwerken benachteiligt würden und dass der Gesetzentwurf zu wenig Anreize für die CO2-sparende Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) sowie den Umstieg auf Erdgas oder erneuerbare Energien enthalte.

Kritik teilweise überzogen

Der Forderungskatalog der Vier ist ziemlich umfassend und lässt auch an dem scheinbar weniger umstrittenen Steinkohle-Teil des Gesetzes kein gutes Haar. Die Stilllegung der Steinkohle sei als "Nachsteuerung" für den Stilllegungspfad der Braunkohle vorgesehen, die Steinkohlekraftwerke würden als "Lückenfüller" beim Klimaschutz eingesetzt, und das werde nicht einmal ausreichend entschädigt.

Kritisiert wird dabei nicht nur die zu geringe Höhe der Entschädigungen, sondern auch der zu kurze Zeitraum. Statt wie im Gesetz geplant nur bis 2027 müssten nach Ansicht der Länder bis 2030 über das Ausschreibungsmodell Entschädigungen an die Steinkohle fließen.

Nicht ganz richtig ist es allerdings, wenn die vier Bundesländer die "Lückenfüller"-Rolle der Steinkohle als nicht vereinbar mit den Empfehlungen der Kohlekommission bezeichnen. Auch der Kohlekompromiss nahm zulasten der Steinkohle auf die Braunkohle Rücksicht.

Gänzlich für Kopfschütteln sorgt unter Experten die Forderung der vier Länder, auch für "Nicht-KWK-Anlagen" – also für stinknormale fossile Steinkohlekraftwerke – aus Gründen der Versorgungssicherheit und Netzstabilität einen Kohleersatzbonus als Alternative zu den Ausschreibungen vorzusehen.

Zum einen würde das eine Förderkonkurrenz zur klimafreundlichen Kraft-Wärme-Kopplung schaffen. Zum anderen sieht das Gesetz schon seitenlang und detailliert vor, dass die Bundesnetzagentur Kraftwerke aus Netz- und Versorgungsgründen vor der Abschaltung retten kann.

Auch für die Steinkohle gilt aber offenbar: Altmaiers Gesetz beruhigt weder die Konflikte um den Kohleausstieg noch bringt es den Umstieg auf die Ökoenergien schnell genug voran, um eine sichere und möglichst klimafreundliche Stromversorgung zu garantieren.

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