Windpark in offener Landschaft mit Raps- und anderen Feldern.
Mit dem "Windausstiegsgesetz" schafft Deutschland sein Ökostrom-Ziel nicht, warnt das UBA. (Foto: Silke Kleinhückelkotten/​SMiG/​BMBF)

Der Ton des am Mittwoch veröffentlichten Abschlussberichts des Umweltbundesamtes (UBA), der das Flächenpotenzial für Windkraft an Land untersucht, wird dem Wirtschaftsministerium gar nicht gefallen. Pauschale Abstandsregeln, schreibt das UBA, schränken die verfügbaren Wind-Flächen "massiv" ein, führen aber "nicht zwingend zu einer Erhöhung der Akzeptanz".

Bei dem bisher im Kohleausstiegsgesetz festgeschriebenen Abstand von 1.000 Metern verringert sich laut der Umweltbehörde das bundesweite Windkraft-Potenzial um 20 bis 50 Prozent, in einzelnen Bundesländern sogar um 70 bis 90 Prozent.

Die im Gesetz vorgesehene Klausel, dass Länder und Kommunen von den 1.000 Metern abweichen können, ist für das Umweltbundesamt wirkungslos. Erfahrungen mit der 10‑H‑Regelung in Bayern zeigten, dass auf kommunaler Ebene die Möglichkeit der Abweichung "nur selten genutzt wird".

Betroffen sind durch den Gesetzentwurf aber nicht nur künftige, sondern auch bereits laufende Planungen. "Werden bei letzteren bislang geringere Abstände zugrunde gelegt, wird eine vollständig neue Planung notwendig sein", schreiben die UBA-Experten. Die Bereitstellung der Flächen werde sich dann erheblich verzögern.

Beteiligung der Bürger und Kommunen statt Pauschalabstand

Angesichts dessen kommt die Analyse zu dem Schluss: "Der Ausbau der Windkraft droht durch die geplante Einführung einer Abstandsregel zum Erliegen zu kommen." Das Ziel der Bundesregierung, bis 2030 weitere 67.000 bis 71.000 Megawatt Windkraft an Land zu installieren, sei schon mit den jetzt ausgewiesenen Flächen "nur theoretisch erreichbar".

Werden nicht mehr und auch tatsächlich nutzbare Flächen ausgewiesen, könnte Deutschland auch das Ziel, im Jahr 2030 seinen Strom zu 65 Prozent erneuerbar herzustellen, deutlich verfehlen, warnt das UBA.

Um die Belange des Gesundheitsschutzes der Anwohner zu berücksichtigen, schlägt die Umweltbehörde eine Einzelfallabwägung vor Ort vor. Die Akzeptanz lasse sich auch durch frühe und transparente Beteiligung der Betroffenen, Stärkung der lokalen und regionalen Wertschöpfung bei Errichtung und Betrieb der Anlagen sowie eine bedarfsgerechte Beleuchtung stärken. Zudem sollte der Bund den Ländern verbindliche Flächenziele vorgeben.

Für Julia Verlinden von den Grünen im Bundestag zeigen die UBA-Zahlen eindeutig, dass die Bundesregierung mit dem von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) geplanten "Zwangsabstand" nicht einmal ihre eigenen Ausbauziele für die Windenergie erreicht. Der Minister müsse jetzt "zur Vernunft kommen" und den Pauschalabstand für Windräder aus seinem Gesetzentwurf streichen.

Wind-Länder gegen Altmaier

Zugleich bringen sich immer mehr Bundesländer gegen Altmaiers 1.000-Meter-Regelung in Position. Sie halte nichts von starren Abstandsregelungen, sagte Sachsen-Anhalts Energieministerin Claudia Dalbert (Grüne) der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Bleibe es dabei im Kohleausstiegsgesetz, sei das "das Ende des Ausbaus der Windenergie an Land".

Wie Sachsen-Anhalt wollen auch die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein die Klausel nutzen, eigene Abstandsregeln einzuführen. Das Saarland soll noch prüfen, von der Regelung abzuweichen.

Für das Land Brandenburg ist nur die sogenannte Fünf-Häuser-Regel problematisch. Diese Hauszahl soll nach bisherigem Stand reichen, um den 1.000-Meter-Abstand zu begründen. Das ist für Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) eine "unnötige, weitere Einschränkung, die auch in Brandenburg das Potenzial an dringend benötigten Windeignungsflächen empfindlich reduzieren wird".

In weiteren Ländern wie Mecklenburg-Vorpommern oder Rheinland-Pfalz gelten die 1.000 Meter bereits. Bayern bleibt bei seiner weitergehenden 10‑H‑Regelung.

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