Eigentlich kein Hexenwerk: Um grünen Wasserstoff per Elektrolyse herzustellen, braucht es Ökostrom, der aus Solar- oder Windkraftanlagen stammt – und Wasser (H2O), das dadurch in seine Bestandteile Wasserstoff (H) und Sauerstoff (O) aufgespalten wird. Das Verfahren, das die Energiebasis für die Industrie sowie den Flug‑ und Schiffsverkehr revolutionieren soll, ist eigentlich recht simpel. Doch es gibt zwei Probleme, die noch nicht gelöst sind.
Eines davon ist allgemein bekannt: Bisher wird hierzulande, aber auch global zu wenig überschüssiger Ökostrom produziert, aus dem große Mengen Wasserstoff hergestellt werden könnten.
Das zweite ist weniger geläufig: Man braucht für die Elektrolyse auch große Mengen Wasser, und zwar in einer hochreinen Form. Das aber ist gerade in vielen Weltregionen, die wegen der guten Bedingungen für Solar- und Windstrom als künftige globale Wasserstoff-Lieferanten infrage kommen, ein knappes Gut.
Zum Beispiel in Wüstengebieten in Nord- und Südwest-Afrika, wo die Bundesregierung mit mehreren Ländern Wasserstoff-Partnerschaften abgeschlossen hat. Nun wird an Lösungen für das Problem gearbeitet. So hat der Stuttgarter Technologiekonzern Bosch die Wasseraufbereitung für die H2-Elektrolyse als neues Geschäftsfeld etabliert.
Neun Liter entmineralisiertes Wasser für ein Kilo H2
Um ein Kilogramm Wasserstoff herzustellen, werden direkt bei der Elektrolyse neun Liter hochreines Wasser benötigt, dem die Mineralien entzogen wurden. Verunreinigungen im Wasser würden die Elektrolyseure nämlich in kürzester Zeit funktionsuntüchtig machen.
Mengenmäßig ist aufgrund der meistens erforderlichen Wasseraufbereitung teils sogar deutlich mehr "Rohwasser" erforderlich – besonders, wenn dafür in trockenen Regionen Meerwasser entsalzt wird. Die heute in über 170 Ländern betriebenen Entsalzungsanlagen benötigen im Schnitt 2,5 Liter Salzwasser, um daraus einen Liter Wasser zu machen.
In Deutschland, einem grundsätzlich wasserreichen Land, dürfte die Wasserverfügbarkeit auch bei einem Hochlauf der Elektrolyse nicht so ein großes Problem sein. Viele Industrieprozesse verbrauchen wesentlich mehr Wasser als die Herstellung von Wasserstoff. Auch Umweltschützer plädieren dafür, hierzulande in größerem Stil einzusteigen.
Allerdings müsse man bei der Standortwahl vorsichtig sein, heißt es zum Beispiel bei Greenpeace, da sich der Wasserhaushalt aufgrund der Klimakrise stark verändere und bisher schon trockene Regionen etwa in Brandenburg noch trockener würden. Würden die Standorte richtig gewählt, sei die H2-Produktion "auch in Deutschland in einem begrenzten Umfang" machbar, so Greenpeace-Experte Karsten Smid.
Bosch erwartet großen Wachstumsmarkt
Der Bosch-Konzern sieht in dem Bereich der Wasserstoff-Technologie insgesamt einen großen Wachstumsmarkt der Zukunft. Zu den Feldern Erzeugung, Kompression, Speicherung und Anwendung von Wasserstoff komme nun die Wasseraufbereitung hinzu. "Kaum ein Unternehmen bietet ein so breites Portfolio", sagte Bosch-Chef Stefan Hartung.
Der Konzern bietet künftig neben der klassischen Wasseraufbereitung, die nach dem Prinzip der Umkehrosmose arbeitet, neu entwickelte, "robuste und wartungsarme" Anlagen speziell für abgelegene Gebiete und Offshore-Standorte an, die zudem chemiefrei arbeiten könnten. Das Unternehmen, das weltweit rund 420.000 Mitarbeiter hat, zielt damit auf Standorte etwa in Nordeuropa, Afrika und Südamerika, wo es viel Wind oder Sonne oder beides gibt.
Offshore auf dem Meer oder in der Wüste seien die Herausforderungen für die Wasseraufbereitung besonders groß – zum Beispiel durch salzhaltiges Wasser, hohe Wasserhärte oder beträchtliche Entfernungen zu den technischen Anlagen. Die neu konzipierten Anlagen arbeiten laut Bosch mit thermischen und elektrochemischen Verfahren, wodurch auf chemische Filter verzichtet werden könne.
Bosch rechnet mit einem "enormen Bedarf an hochreinem Wasser" für die weltweiten Wasserstoffprojekte. Die sollen ja bereits in diesem Jahrzehnt Fahrt aufnehmen. So hat die Bundesregierung das Ziel ausgegeben, dass bis 2030 Elektrolyseure mit einer Leistung von 10.000 Megawatt in Deutschland installiert werden, und die EU strebt insgesamt bis dahin 40.000 Megawatt an, womit im Jahr bis zu zehn Millionen Tonnen H2 erzeugt werden können.
Ab 2050 würden, so Bosch, weltweit jährlich rund vier Billionen Liter Wasser für die Elektrolyse benötigt, wenn die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden sollen – mehr als das Volumen des Starnberger Sees.