Blick vom Alsumer Berg auf die Kokerei Schwelgern und das Hochofenwerk Schwelgern.
Das Thyssen-Krupp-Stahlwerk Schwelgern in Duisburg-Marxloh ist die Industrieanlage mit dem höchsten CO2-Ausstoß in Deutschland. (Foto: Rainer Halama/​Wikimedia Commons)

Stahl ist das Rückgrat der Industriegesellschaft. Autos, Fahrräder, Züge, Schiffe, Schienen, Beton-Bauteile, Träger, Wolkenkratzer, Kräne, Förderanlagen, Turbinen, Pumpen, Rohre, Fräsmaschinen, Druckbehälter, Waffen, Werkzeuge, chemische Apparate, Metallstühle, Messer und so weiter und so fort – überall steckt Stahl drin.

Das Problem: Bei der Herstellung des vielseitigen Materials wird besonders viel vom Treibhausgas CO2 in die Atmosphäre gepustet. Und für die Stahlindustrie gilt wie für praktisch alle Sektoren, dass sie spätestens 2050 klimaneutral produzieren muss.

Der Stahl muss also grün werden. Und zwar nicht nur grün lackiert, sondern klimafreundlich hergestellt. Einen Schritt dorthin hat nun der Stahlkonzern Thyssen-Krupp getan.

Das Unternehmen startete in seinem Duisburger Werk einen Testlauf, bei dem in einem Hochofen der sonst im Produktionsprozess eingeblasene Kohlenstaub teilweise durch Wasserstoff ersetzt wird.

Der Vorteil: Während bei der Nutzung des Kohlenstoff-haltigen Staubs große Mengen CO2 frei werden, entsteht bei Wasserstoff nur Wasserdampf.

Klimaneutrale Stahlindustrie bräuchte 12.000 Windräder

Freilich ist es noch ein weiter Weg, bis die Stahlherstellung klimafreundlich sein wird. Erst ab 2022 sollen alle vier Hochöfen am Standort teilweise auf die Wasserstoff-Technologie umgestellt werden – und auch dann beträgt das Einsparpotenzial erst rund 20 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes.

Das Duisburger Werk ist neben den großen Braunkohle-Kraftwerken immerhin die Industrieanlage mit dem höchsten Treibhaus-Ausstoß in der Bundesrepublik. Allerdings ist der Umbau in der Produktion erst dann wirklich klimafreundlich, wenn der Wasserstoff durch Elektrolyse mit erneuerbaren Energien produziert wird und nicht etwa aus Erdgas.

Joachim Wille ist Chefredakteur des Onlinemagazins Klimareporter°.

Und dafür muss noch viel geschehen. Würde die ganze hiesige Stahlproduktion auf Wasserstoff umgestellt, entstünde ein zusätzlicher Strombedarf für die Elektrolyse von 130 Milliarden Kilowattstunden.

Um die zu liefern, müssten rund 12.000 zusätzliche Windräder aufgestellt, die entsprechende Zahl von Solaranlagen installiert werden oder ein Import von Öko-Energie etwa aus dem Nahen Osten oder Nordafrika in Schwung kommen – so wie es früher einmal mit dem Wüstenstromprojekt "Desertec" geplant war.

Eine gigantische Aufgabe, aber lösbar. Es braucht freilich Politiker und Manager mit Visionen dafür.

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