Rotorblätter von Windenergieanlagen
Rotorblätter für Windräder: Derzeit geht in Deutschland so wenig Windkraft neu ans Netz wie seit Jahren nicht. (Foto: GE)

Der renommierte Thinktank Agora Energiewende prognostiziert für 2019 einen leichten Anstieg der EEG-Umlage. Von derzeit 6,4 auf rund 6,7 Cent pro Kilowattstunde soll die Umlage steigen, über die vor allem die Haushalte die Energiewende finanzieren. Das ist moderat.

Die Verbraucher müssen in ihrer Rechnung natürlich noch die Mehrwertsteuer berücksichtigen. Der Staat versäumt es nicht, hier ebenfalls 19 Prozent aufzuschlagen. So hat es sich beispielsweise auch bei der Stromsteuer "bewährt". Sie belastet den Strompreis mit 2,05 Cent pro Kilowattstunde. Schlau sind die Schäubles und Scholzes und machen daraus für die Verbraucher über die Steuer auf die Umlage 2,44 Cent pro Kilowattstunde.

Der Anstieg der EEG-Umlage wird sich also, die Mehrwertsteuer eingerechnet, voraussichtlich auf 0,34 Cent pro Kilowattstunde belaufen. Das sind für einen Haushalt mit einem durchschnittlichen Stromverbrauch von jährlich 2.500 Kilowattstunden 70 Cent im Monat mehr.

Uff. Eine knappe halbe Kugel Eis müssen wir also im nächsten Jahr Monat für Monat für den Klimaschutz opfern. Und das in Zeiten, wo es doch offensichtlich wärmer und wärmer wird und wir eher mehr als weniger Eis zur Abkühlung bräuchten. Fördert das nicht weiter Frust, Wut und Politikverdrossenheit? Müssen wir deswegen jetzt nicht mit Gelbwestenprotesten wie in Frankreich rechnen? Offenbar nicht. Es ist zu heiß, um Gelbwesten überzuziehen.

Es wurden übrigens in diesem Jahr erst 35 neue Windräder in Deutschland errichtet. Das ist immerhin mehr als nichts. Es geht also voran. Langsam, aber sicher. Auch ein Land, das sich mal Klimaschutz-Vorreiter oder sogar -Weltmeister nannte, muss gelegentlich durchatmen. Nicht, dass uns die Puste ausgeht.

Erneuerbare werden billiger, obwohl sie immer mehr werden

Also nochmal anders: Freuen wir uns jetzt, dass der Anstieg bei der EEG-Umlage so moderat ausfällt, oder ärgern wir uns? Was denn nun? Klima schützen oder Geld sparen? Beides geht nicht. Also sparen wir nächstes Jahr Geld, um dann ab 2021 richtig in den Klimaschutz zu investieren. Ja, los geht’s! Von Klimaschutz kann man nicht genug haben.

Aber daraus wird wohl nichts. Der Kostengipfel beim EGG wird 2021 erreicht sein. Danach wird die Umlage stetig sinken. Für die ersten Anlagen entfällt die Förderung. So werden Jahr für Jahr immer mehr Anlagen aus der Förderung rausfallen. Und die ersten Anlagen waren die teuersten.

Es wird immer billiger, obwohl immer mehr Anlagen errichtet wurden. Das muss man auch erstmal schaffen. Wo gibt es so was noch? Immer mehr für immer weniger Geld. Und neu gebaut wird ja – wenn auch bescheiden – trotzdem noch. Wahnsinn, das ist doch mal was. Ein Gipfel, wie wir ihn gar nicht kennen!

Was machen denn dann CDU, FDP, AfD und die Bild? Die haben doch in der Vergangenheit die steigende EEG-Umlage immer für Frontalangriffe gegen die Energiewende genutzt. Jetzt bricht ihnen dieser billige Gradmesser für die Kosten der Energiewende einfach weg! Und noch schlimmer: Die Kosten sinken von Jahr zu Jahr!

Tacheles!

In unserer neuen Kolumne "Tacheles!" kommentieren Mitglieder unseres Kuratoriums in loser Folge aktuelle politische Ereignisse und gesellschaftliche Entwicklungen.

Vielleicht wettern sie dann gegen die Energiewende, wenn mehr als 35 Windräder pro Halbjahr errichtet werden. Ein Windrad pro Woche muss reichen. Aufschrei, Schlagzeile und Weltuntergang, wenn vielleicht irgendwann mal wieder 42 oder 57 Windräder in einem halben Jahr hinzukommen.

Das wäre doch wieder eine einzelne Zahl, mit der man leicht und plakativ die Energiewende diskreditieren kann. Ach, übrigens: Vor noch gar nicht so langer Zeit, nämlich 2017, haben wir es in Deutschland geschafft, in einem Jahr 1.792 neue Windräder aufzustellen. Glückwunsch!

Manchmal weiß man wirklich nicht, ob man sich freuen oder ärgern soll.

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