Kommentar
Die den Brennstab umarmen
Die Unionschefs Merz und Söder verstärken ihre Kampagne für eine AKW-Laufzeitverlängerung. Statt sich für 100 Prozent erneuerbare Energien einzusetzen, spielen sie mit dem Feuer.
Joachim Wille

Einen Baum umarmen, das bringt was fürs Image. Und vielleicht auch Wählerstimmen. Aber Brennstäbe umarmen? Das sollte man sich gut überlegen. Man könnte sich daran verbrennen.
CDU-Chef Friedrich Merz und sein CSU-Kollege Markus Söder (der mit dem Baum) fahren seit Wochen eine Kampagne zur AKW-Laufzeitverlängerung. Nun wollten sie ihrem Anliegen mit einem persönlichen Besuch im bayerischen AKW Isar 2 Nachdruck verleihen.
Ergebnis ihrer Vor-Ort-Recherche: Der Weiterbetrieb ist technisch möglich, Personal dafür ist da, und sogar "der Grünen-Wähler" fände ihn vertretbar.
Nur, so einfach ist die Sache leider nicht.
Der Ausstieg ist 2011 von der damaligen Unionschefin und Kanzlerin Angela Merkel nach der Fukushima-Katastrophe durchgesetzt worden. Die studierte Physikerin hatte erkannt: Ein Super-GAU, der weite Teile des Landes unbewohnbar machen würde, ist nicht nur in Japan, sondern auch hierzulande möglich.
Diese Gefahr nun durch ein Laufzeit-Plus von "mehreren Jahren" (Merz) zu verlängern, lässt sich mit dem nötigen Kampf gegen Putins Gas-Waffe nicht rechtfertigen.
Ein "Streckbetrieb" könnte nötig sein, um die Stabilität des Stromnetzes im kommenden Winter zu sichern. Ansonsten braucht es vollen Einsatz für ein 100-Prozent-Erneuerbaren-System.
Das wäre was ganz Neues für Merz und Söder.