Politischer Wandel kommt dem Regenwald zugute, hier in Brasilien. (Bild: Tarcisio Schnaider/​Shutterstock)

"Brazil is back" – das war der Slogan des brasilianischen Präsidenten Lula da Silva auf dem UN-Klimagipfel 2022 im ägyptischen Sharm el-Sheikh. Wenige Wochen zuvor hatte der sozialdemokratische Politiker die Wahlen gegen seinen rechtsextremen Vorgänger Jair Bolsonaro gewonnen.

Lula kündigte eine politische Kehrtwende gegenüber Bolsonaro an, unter dessen Regentschaft der Kahlschlag im Amazonas-Regenwald deutlich zunahm. Schon während seiner ersten Amtszeit von 2003 bis 2011 schaffte es der heute 78-jährige Lula, die Abholzung einzudämmen.

Auf dem ansonsten enttäuschenden Klimagipfel war Lulas Auftritt eines der wenigen hoffnungsgebenden Highlights. Unter ihm solle "kein einziger Quadratmeter Regenwald" abgeholzt werden, versprach er.

Das konnte er zwar nicht einlösen, dennoch stimmen die neuesten Zahlen optimistisch. 2023 ist der Waldverlust in Brasilien um bemerkenswerte 36 Prozent zurückgegangen.

Während Brasilien 2022 noch für 43 Prozent der weltweiten Verluste an tropischen Wäldern verantwortlich war, lag der Anteil vergangenes Jahr bei weniger als einem Drittel. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler:innen des World Resource Institute und der Forschungsgruppe Global Land Analysis and Discovery (GLAD) der Universität von Maryland in den USA.

Die positive Entwicklung schreiben die Wissenschaftler:innen einer Vielzahl wichtiger politischer Maßnahmen in Brasilien zu. Unter Lulas Administration wurden diverse umweltschädliche Gesetze und Regelungen der Bolsonaro-Zeit zurückgenommen, neue indigene Schutzgebiete ausgewiesen und Maßnahmen gegen illegale Rodungen ausgeweitet.

Besonders Letzteres könnte in den kommenden Jahren ein wichtiges Instrument im Kampf gegen Entwaldung sein. Expert:innen schätzten 2021, dass 98 Prozent der Rodungen in Brasilien gegen geltendes Recht verstießen, ohne dass dies jedoch geahndet wurde.

Umsiedlung von Guerilleros führte zu mehr Abholzung

Auch Brasiliens nordwestliches Nachbarland Kolumbien hat eine Erfolgsgeschichte zu erzählen. Dort ging der Waldverlust zwischen 2022 und 2023 um knapp die Hälfte zurück.

Ebenso wie in Brasilien wechselte auch dort 2022 das Präsidentenamt Gesicht und politische Ausrichtung. Mit Gustavo Petro regiert in Kolumbien zum ersten Mal in der Geschichte des Landes ein linker Präsident.

Ein unbefestigter Weg über grüne Hügel. Im Hintergrund sieht man Berge.
In Kolumbien werden Landrechte und Umweltbestimmungen reformiert, nachdem erstmals ein Linker Präsident wurde. (Bild: Jaír F. Coll)

Auch Petro hat sich den Schutz des Waldes als politisches Ziel gesetzt. Seit seiner Amtsübernahme von dem rechtskonservativen Iván Duque brachte er diverse Land- und Umweltreformen auf den Weg.

In Kolumbien hatte die Abholzung vor allem nach dem Friedensabkommen von 2016 zwischen der Regierung und der Farc-Guerilla zugenommen. Teil des Abkommens war, dass zahlreiche Farc-Mitglieder in andere Regionen des Landes umsiedeln mussten.

Als Folge nahm die Entwaldung in den zuvor von der Farc bewohnten und dadurch vor Rodungen geschützten Waldgebieten zu.

So ermutigend wie in Brasilien und Kolumbien sieht es allerdings nicht überall aus. Zunehmender Holzeinschlag und Brände in Bolivien, Nicaragua und Laos machten einen Großteil der weltweiten Erfolge zunichte. In Bolivien stieg der Waldverlust gegenüber dem Vorjahr um 27 Prozent.

Nicht nur in den Tropen litt der Wald unter den Flammen. In Kanada kam es zu riesigen Waldbränden, die 2023 fünfmal so viel Wald vernichteten wie im Jahr zuvor.

Waldbrände sind in vielen Regionen ein natürlicher Bestandteil der Ökosysteme. Wenn sie aber zu lange und zu oft auftreten, können sich die Ökosysteme davon nicht mehr erholen.

Durch den Klimawandel kommt es an vielen Orten zu länger anhaltender Trockenheit, was nicht nur das Entstehen von Bränden erleichtert, sondern auch die Wahrscheinlichkeit von besonders großen und schwer einzudämmenden Bränden erhöht.

Eine Milliarde Euro für den Amazonas-Regenwald

Aufgrund der großen Verluste in den borealen Wäldern des Nordens verstärkte sich der globale Waldverlust um etwa ein Viertel.

Zwar konnte der Schwund tropischer Wälder um neun Prozent verringert werden. Damit gingen jedoch immer noch 37.000 Quadratkilometer Regenwald verloren – in etwa die Fläche von Baden-Württemberg.

Wegen der besonderen Bedeutung von Regenwäldern für die Biodiversität und als CO2-Speicher gilt ihr Schutz als entscheidend im Kampf gegen den Klimawandel. Um die Abholzung des Amazonaswaldes zu beenden, haben Brasilien und Frankreich vor wenigen Tagen einen grünen "Investmentplan" vorgelegt.

Mit dem Plan sollen eine Milliarde Euro an privaten und öffentlichen Geldern zum Waldschutz akquiriert werden. Das soll unter anderem über einen weiteren CO2-Markt gelingen, der Länder belohnt, die in natürliche CO2-Senken investieren.

 

Diese marktwirtschaftlichen Ansätze sind umstritten und werden wohl nicht allein den weltweiten Waldverlust aufhalten können. Doch genau darum geht es.

Auf der Weltklimakonferenz 2021 in Glasgow und danach haben 145 Länder zugesagt, die Abholzung bis 2030 zu stoppen und umzukehren. Die Uhr tickt, und wie die Analyse des World Resource Institute zeigt, geht jede Minute eine Waldfläche von zehn Fußballfeldern verloren.