Nun macht auch EU-Ratspräsident Donald Tusk Druck auf Brasilien. "Der brennende Amazonas-Regenwald ist ein weiteres deprimierendes Zeichen unserer Zeit", sagte Tusk vor Beginn der G7-Verhandlungen, die ab heute im französischen Biarritz stattfinden. Es sei schwer vorstellbar, dass die europäischen Staaten dem Mercosur-Abkommen zustimmen werden, solange die brasilianische Regierung die Zerstörung der grünen Lunge der Erde erlaube.
Irland und Frankreich hatten zuvor gedroht, gegen das Abkommen zu stimmen und somit die Schaffung einer Freihandelszone zwischen Brasilien und der EU zu blockieren, sollte der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro nicht konsequenter gegen Brandrodungen in Amazonien vorgehen.
Die deutsche Regierung lehnt das bislang ab. Doch mittlerweile fordern immer mehr Bürger die Bundesregierung zum Handeln auf. Marianne Grimmenstein, die vor einigen Jahren eine Verfassungsbeschwerde gegen das Freihandelsabkommen Ceta eingereicht hatte, startete am gestrigen Freitag eine Online-Petition, die von der Bundesregierung wirtschaftliche Sanktionen gegenüber Brasilien verlangt. Die Petition ist bereits von mehr als 65.000 Menschen unterschrieben worden.
Sogar mehr als 3,9 Millionen Menschen unterstützen bislang eine Internet-Petition des Anwalts Gabriel Santos aus der westbrasilianischen Stadt Rio Branco, die die brasilianische Regierung und Behörden auffordert, die Brände im Amazonasgebiet zu beenden.
Ihren Protest zeigen Menschen auch auf der Straße. In Berlin demonstrierten am Freitag Klimaaktivisten vor der brasilianischen Botschaft, ebenso wurde vor den Botschaften in London und Delhi protestiert.
Im Amazonas-Regenwald wüten derzeit tausende Waldbrände. Das brasilianische Weltraumforschungsinstitut Inpe hatte Anfang der Woche besorgniserregende Zahlen und Satellitenbilder von den Großfeuern im Amazonasbecken vorgelegt. Seit Jahresbeginn gab es mehr als 75.000 Waldbrände in Brasilien. Das ist ein Zuwachs von 84 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Hauptgrund ist die Waldrodung.
Wald könnte unwiderruflich in anderen Zustand kippen
"In der Trockenzeit von Mai bis Oktober kommen Waldbrände im brasilianischen Regenwald häufiger vor", sagt Rico Fischer vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig. Allerdings habe laut der Inpe-Satellitenanalysen die Zahl der Waldbrände in Brasilien in diesem Jahr einen neuen Höchststand erreicht.
"Eine vollständige Regeneration dieser Waldflächen wird circa hundert Jahre dauern", so Fischer. Besonders unter dem Einfluss des Klimawandels könne sich die Wiederherstellung noch verlangsamen.
In der Zwischenzeit ordnete Präsident Bolsonaro per Dekret an, dass auch die brasilianische Armee die Waldbrände bekämpfen soll. Für die Feuer machte er die Trockenheit verantwortlich. Zuvor hatte er noch Umweltorganisationen bezichtigt, Brände gelegt zu haben, um Brasilien zu schaden.
Der Amazonas-Regenwald gilt als der weltgrößte intakte Tropenwald mit einem Anteil von rund 18 Prozent an der globalen Waldfläche. Darin sind fast 80 Milliarden Tonnen Kohlenstoff gebunden. Kommt es zu Bränden, werden riesige Mengen CO2 freigesetzt.
"Werden diese Waldgebiete nicht zeitnah wieder aufgeforstet, dann fehlt auf diesen Flächen das Potenzial, Kohlenstoff zu binden", warnt Fischer vom UFZ. Die Wälder könnten dann selbst zu einer CO2-Quelle werden. Der Klimawandel könnte diese Entwicklung noch weiter beschleunigen.
Der Regenwald beeinflusst das regionale und weltweite Klima erheblich, er gilt als Kippelement im Klimasystem. Ein Großteil der Niederschläge in der Amazonasregion stammt aus verdunstetem Wasser des Regenwalds. Ein Rückgang der Niederschläge infolge steigender Globaltemperaturen sowie die Abholzung und zunehmende Brände könnten den Wald an eine kritische Grenze bringen.
Der Amazonaswald könnte unwiderruflich in einen anderen Zustand kippen – mit weitreichenden Konsequenzen.
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