Der Präsident spricht vor dem voll besetzten US-Kongress, Aufnahme von der Zuschauertribüne..
Das Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats werden im November neu gewählt. Beide Kammern zusammen bilden in den USA die Legislative. (Foto: Lawrence Jackson/​Wikimedia Commons)

Die USA haben sich im Paris-Abkommen dazu verpflichtet, bis 2030 ihre CO2-Emissionen gegenüber 2005 zu halbieren. Dieses Ziel werden sie wahrscheinlich verfehlen, wie das US-Forschungsinstitut Rhodium Group ausgerechnet hat.

Mit den aktuellen Gesetzen werden die USA nur auf eine CO2-Reduktion von 24 bis 35 Prozent kommen. Und neue Gesetze werden kaum zustande kommen, nachdem der demokratische Senator Joe Manchin letzte Woche ein Gesetz, mit dem das Ziel wahrscheinlich erreicht worden wäre, erneut verhindert hat.

Als Grund gab Manchin an, dass die vorgesehenen 300 Milliarden Dollar fürs Klima zur Inflation beitragen könnten. Der Senator aus West Virginia ist mit der dortigen Kohleindustrie verbunden.

Die schlechte Nachricht kam nur eine Woche nach einem weiteren Rückschlag. Damals hatte das Oberste Gericht der USA die Möglichkeiten der Umweltbehörde EPA eingeschränkt, Emissionen zu regulieren. Jetzt bleibt der Regierung von US-Präsident Joe Biden nur noch die Option, mit verschärften Regulierungen weitere Emissionssenkungen zu erzielen.

Und genau das fordern auch viele Vertreter seiner Partei. Senator Sheldon Whitehouse etwa twitterte an Biden gewandt: "Endlich frei. Los gehts. Da die legislativen Klimaoptionen nun ausgeschlossen sind, ist es jetzt Zeit für den exekutiven Raubtiermodus."

Diese Woche hat Joe Biden dann tatsächlich zwei neue Initiativen angekündigt. Zum einen wies er an, weitere Flächen im Golf von Mexiko für Offshore-Windkraft freizugeben, zum anderen gab er 2,3 Milliarden Dollar frei, um den Hochwasserschutz zu verbessern.

Wichtiger ist aber, was Biden gegenüber der Presse über die Klimakrise gesagt hat: "Dies ist ein Notstand." Damit könnte er angedeutet haben, dass er die Krise tatsächlich zu einem nationalen Notstand erklären wird.

"Den Notstand auszurufen würde Kräfte freisetzen"

Dies wäre nicht so ungewöhnlich. Sein Vorgänger Donald Trump hatte etwa im Jahr 2019 die illegale Einwanderung aus Mexiko zu einem solchen Notstand erklärt, um Geld für den fragwürdigen Bau einer Mauer an der Grenze freizumachen.

Die US-Umweltorganisation Center for Biological Diversity zeigt in einem Bericht, was eine Notstandserklärung für den Klimaschutz bringen könnte. Biden könnte etwa die Suche nach neuen Öl- und Gasfeldern in den Küstengewässern der USA stoppen oder die Finanzierung fossiler Projekte im Ausland.

Mithilfe des Defense Production Act könnte er zudem die Industrie anweisen, Produkte wie Solarpaneele oder Elektrofahrzeuge herzustellen.

Mehr Geld könnte der Präsident mit dem Gesetz auch freimachen, indem er das Beschaffungswesen der US-Regierung – jährlicher Umfang: 650 Milliarden Dollar – besser nutzt, um in den Klimaschutz zu investieren.

Schließlich könnte er die Katastrophenschutzbehörde Fema anweisen, besonders exponierte Gemeinden besser auf die Klimakrise vorzubereiten und beim Wiederaufbau nach Naturkatastrophen systematisch alle Klimaaspekte zu berücksichtigen.

Eine Gruppe von US-Senatoren schreibt daher in einem offenen Brief an Biden: "Die Ausrufung der Klimakrise zum nationalen Notstand würde Kräfte freisetzen, um mit konkreten Maßnahmen eine bessere Wirtschaft wieder aufzubauen."

Ob diese Kräfte ausreichen würden, um das US-Klimaziel zu erreichen, ist allerdings unbekannt. Es gar nicht erst zu versuchen, wäre angesichts der zunehmenden Klimaschäden jedoch mindestens fahrlässig.

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