Am ersten März-Wochenende war Weltfrauentag. Frauen gingen auf die Straßen und forderten Gleichberechtigung: gleiche Löhne, gerechte Chancen, gesicherte Zukunft. Unter all den emanzipatorischen Themen wird eines selten genannt: der Klimawandel – obwohl dieser gerade für Frauen hohe Risiken birgt.
Das ist in afrikanischen Ländern wie dem Südsudan besonders zu spüren. "Der Südsudan zeigt uns eindrucksvoll die unverhältnismäßigen Auswirkungen auf Frauen, Mädchen und andere marginalisierte Gruppen", betont Emmanuel Raju, Katastrophenexperte und Direktor des Copenhagen Centre for Disaster Research (COPE). Dazu zählten Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen sowie Kinder und Frauen.
Aufgrund extremer Temperaturen mussten die Schulen im Südsudan im Februar für zwei Wochen schließen. Medien berichteten von einem Dutzend Schüler:innen in der Hauptstadt Juba, die mit Hitzekollaps und Hitzschlag zusammenbrachen.
Eine kurz vor dem Frauentag veröffentlichte Studie der internationalen Forschungsgruppe World Weather Attribution (WWA) untersuchte, wie sich der Klimawandel auf bestehende Geschlechterungleichheiten im Südsudan auswirkt. Neben den allgemeinen Lernrückständen durch den Schulausfall erkannten die Wissenschaftler:innen dabei zusätzliche Gefahren vor allem für Mädchen.
Denn es besteht das Risiko, dass sie das Bildungssystem nach solchen Ausfallzeiten dauerhaft verlassen, etwa durch die gesellschaftliche Erwartung, im Haushalt mitzuhelfen, oder durch eine frühzeitige Verheiratung. Dies zeigt laut WWA, wie eng der Klimawandel mit sozialen Ungleichheiten verknüpft ist. Frauen und Mädchen tragen die Hauptlast der Krise.
Temperaturen am Rande menschlicher Hitzetoleranz
In Teilen Ostafrikas einschließlich des Südsudan lag in der letzten Februarwoche die Sieben-Tage-Höchsttemperatur über 39 Grad Celsius, im Nordosten der untersuchten Region sogar bei mehr als 42 Grad. Laut WWA sind diese extremen Temperaturen eindeutig auf die vom Menschen verursachte Erderwärmung zurückzuführen, die Hitzewelle wurde gegenüber den Verhältnissen ohne Klimawandel um mindestens zwei Grad verstärkt.

Die gemessenen Temperaturen sind bei dem bisherigen globalen Temperaturanstieg um fast 1,5 Grad keine Ausnahme mehr. Dass solch eine Hitze schon so früh im Jahr auftritt, ist dennoch ungewöhnlich.
Die kühleren Nachttemperaturen erreichen im Südsudan normalerweise erst im März oder April ihren höchsten Wert. Die Studie zeigt also, dass das untersuchte Hitzeereignis vor der eigentlichen heißesten Phase des Jahres lag.
Wie WWA-Forscherin Sarah Kew erläutert, nimmt auch die Häufigkeit extremer Hitzeereignisse durch den Klimawandel zu: "Man kann davon ausgehen, dass derartige Hitzewellen im Durchschnitt alle zwei Jahre auftreten, oder sogar jedes Jahr mit einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit."
Solche Entwicklungen sind mit der aktuellen, unzureichenden Klimapolitik der meisten Staaten zu erwarten. Das hat auch der jüngste "Emissions Gap Report" der Vereinten Nationen festgestellt.
Soziale Auswirkungen unter der Lupe
Frauen im Südsudan kämpfen schon jetzt mit großen strukturellen Problemen, die durch die extremen Temperaturen weiter verschärft werden, warnen die WWA-Forscher:innen. Die hohe Müttersterblichkeit und niedrige Alphabetisierungsraten erschwerten es den Frauen, extreme Hitzeereignisse zu bewältigen.
Neben ihrer Tätigkeit im informellen Sektor – etwa in der Landwirtschaft, als Straßenverkäuferinnen oder in Fabriken – übernehmen viele Frauen zusätzlich unbezahlte Arbeiten wie Kochen und Wasserholen, die um die 60 Prozent ihrer Zeit in Anspruch nehmen.
Gerade dabei sind sie ungeschützt der extremen Hitze ausgesetzt. Das hat oft schwere körperliche Folgen: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenerkrankungen, größere Anfälligkeit für hitzebedingte Erschöpfung und Hitzschlag.
Gleichzeitig bröckelt das soziale System im Südsudan weiter, da anhaltende Konflikte und Vertreibungen die Lage verschärfen. Über 1,1 Millionen Menschen leben in überfüllten Notunterkünften ohne Zugang zu kühlen Orten, sauberem Wasser oder Gesundheitsversorgung.
Die politische Instabilität und die Auswirkungen des Konflikts sind auch in den südsudanesischen Städten spürbar. Wohnungsmangel, informelle Siedlungen und das häufige Fehlen von öffentlichen Dienstleistungen wie Wasser- und Stromversorgung prägen das Stadtbild.
Nach UN-Angaben hat ein Drittel der Bevölkerung keinen Zugang zu Trinkwasser und sanitären Einrichtungen. Ein 2023 veröffentlichter Bericht der Internationalen Organisation für Migration weist darauf hin, dass durch die Hitze verstärkte Ressourcenkonflikte die bestehenden Spannungen weiter verschärfen.
"Hitzewellen sind stille Mörder"
"Das Schlimmste an Hitzewellen ist, dass sie stille Mörder sind. Sie haben viele Auswirkungen, die selbst von den Betroffenen nicht wahrgenommen werden", sagt der Klimawissenschaftler Kiswendsida Guigma vom Klimazentrum des Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds.
Nötig wären hier eigentlich effektive Anpassungsstrategien. Doch angesichts der kürzlich angekündigten finanziellen Kürzungen der US-Entwicklungsbehörde USAID steht die internationale Entwicklungshilfe vor zusätzlichen Herausforderungen. Weniger Hilfe bedeutet weniger Mittel, um mit Extremereignissen umzugehen.
WWA-Klimawissenschaftlerin Friederike Otto kritisierte bei der Vorstellung der Studie, solche Kürzungen würden die Ungleichheiten weiter verschärfen. Um dem entgegenzuwirken, müssen künftige Anpassungsstrategien auch Konflikte und Geschlechteraspekte berücksichtigen, betonen die Studienautor:innen.
Frühwarnsysteme wie das der nordostafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft IGAD könnten den Menschen vor Ort helfen, sich rechtzeitig zu schützen – wobei die effektive Weitergabe der Informationen besonders in abgelegenen und konfliktbetroffenen Regionen eine Herausforderung bleibe.
Gleichzeitig erfordere die extreme Hitze strukturelle Maßnahmen wie sichere Wasserstellen, Kühlzentren und hitzeangepasste Infrastruktur in Schulen und Unterkünften, heißt es in der Studie. Auch gezielte finanzielle Unterstützung und Schulungen seien nötig, um die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit besonders von Frauen zu stärken.
Redaktioneller Hinweis: Klimaforscherin Friederike Otto gehört dem Herausgeberrat von Klimareporter° an.