Vorderer Teil eines oben schwarz und unten rot angestrichenen Kohlefrachters, daneben ein kleiner Schlepper, ganz im Hintergrund Hafenanlagen.
Japanischer Kohlefrachter im Hafen von Newcastle in New South Wales: Steinkohle bleibt ein australischer Exportschlager. (Foto: Daniel Norris/​Unsplash)

Nach fast zehn Jahren kehrt die sozialdemokratische Labor Party in Australien an die Regierung zurück. Mindestens 71 Sitze im Unterhaus sind ihr nach den Wahlen am vergangenen Samstag sicher, die Konservativen kommen auf 51 Sitze. Auch die Grünen sowie unabhängige Kanditat:innen haben viele Stimmen gewonnen.

Unter dem Motto "Für eine bessere Zukunft" versprach der bereits vereidigte neue Premierminister Anthony Albanese, sich für mehr Gleichberechtigung, günstigere Kinderbetreuung, sichere Jobs und bessere Bezahlung einzusetzen. Besonders möchte er die Klimakrise angehen und in erneuerbare Energien investieren.

Australiens Pro-Kopf-Emissionen gehören zu den höchsten weltweit. Zugleich leidet das Land seit Jahren unter schweren Dürren und Buschbränden, unter Korallenbleichen am Great Barrier Reef und Baumsterben in den Regenwäldern. Am Wahltag regnete es in Sydney wie aus Kübeln, weiter nördlich in Queensland wurden erneut Warnungen wegen möglicher Überflutungen ausgesprochen. Die Klimakrise war für viele Wähler:innen ein wichtiges Kriterium.

Kernstück der Klimapolitik von Labor ist das Ziel, bis 2050 auf netto null CO2-Emissionen zu kommen, bis 2030 soll der Ausstoß von CO2 um 43 Prozent im Vergleich zu 2005 sinken. Die bisherige Regierung plante lediglich ein Minus von 26 bis 28 Prozent.

Zudem warb Labor für einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien, Kaufprämien auf Elektroautos und schärfere Emissionsgesetze. Allerdings hat die Partei keine Schließungen von Kohleminen angekündigt.

Australien ist einer der wichtigsten Kohleproduzenten und -exporteure weltweit. Die Position der Labor Party ist, dass es erst eine Verlagerung weg von fossilen Brennstoffen geben soll, wenn dort nicht mehr investiert wird. Zurzeit werden weiterhin neue Kohlegruben erschlossen, denn Australiens "schwarzer Schatz" ist weltweit gefragt.

Laut einer Umfrage der Australian Conservation Foundation im März steht für die Mehrheit der Australier:innen fest, dass die langfristigen wirtschaftlichen Vorteile von Maßnahmen gegen die Klimakrise deren Kosten überwiegen. Sprich: Die Energierechnungen sinken durch mehr kostengünstige erneuerbare Energie und höhere Energieeffizienz.

Für das 1,5-Grad-Ziel reicht es nicht

Labors klimapolitischer Sprecher Chris Bowen bestätigte, dass die Partei durch Gesetze zur schrittweisen Senkung der Emissionen ihr 43-Prozent-Ziel verankern möchte. Die bislang unzureichenden Klimaschutzmaßnahmen hatten die Beziehungen Australiens zu seinen vom Klimawandel besonders bedrohten pazifischen Nachbarn belastet. Diese begrüßten Albaneses Wahlsieg.

Für die Industrie plant Labor Belohnungen für Emissionseinsparungen und Strafen für hohe Emissionen. Daraus soll sich ein umfassender nationaler CO2-Preis entwickeln.

Im Bereich Verkehr will Labor die Infrastruktur für Elektrofahrzeuge ausbauen. Eine Straßensteuerreform soll sicherstellen, dass alle Autos für die Straßenbenutzung zahlen, differenziert nach CO2-Emissionen, lokaler Luftverschmutzung und Staus. Außerdem soll in öffentliche Verkehrsmittel investiert werden.

Die Agenda für die Landwirtschaft sieht vor, auf emissionsärmere Praktiken und Produkte umzusteigen. Für die Kohleindustrie schlägt Labor einen "Wiederaufbaufonds" vor, um die wirtschaftliche Diversifizierung der Bergbauregionen und die geordnete Schließung von Kraftwerken und Minen zu finanzieren.

Das geplante Klimaziel für 2030 von minus 43 Prozent bei den CO2-Emissionen ist zwar ein wichtiges Signal – aber eine nicht sehr ambitionierte Untergrenze: Für das 1,5-Grad-Ziel reicht es nicht. Die Korrektur bringt Australien in etwa auf eine Linie mit Kanada und Japan.

Der neue Finanzminister Jim Chalmers betonte am Samstagabend, dass die große Zahl der Wähler:innen, die noch weiter reichende Klimamaßnahmen fordern, nicht ignoriert werden dürfe. Die Diskussion müsse sich endlich weg von den Kosten und hin zu der Frage verlagern, was und wie viel mehr Australien tun könne.

Die bei der Wahl ebenfalls sehr erfolgreichen Grünen treten für ein Verbot neuer fossiler Projekte ein. Zudem fordern sie einen raschen Ausstieg aus der Kohleverbrennung und die Unterstützung betroffener Gemeinden.

Der Klimaforscher Bill Hare vom Thinktank Climate Analytics schätzt, dass sich Australiens CO2-Emissionen bis 2030 um mehr als acht Prozent erhöhen werden, wenn alle geplanten Kohle- und Gasprojekte im Land realisiert werden. Dabei sind die Emissionen noch nicht mitgezählt, die entstehen, wenn fossile Brennstoffe nach Übersee verkauft und verbrannt werden.

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