Vor einem blühenden Feld ist ein junger Mensch zu sehen, der einen Freudensprung macht
Ein Aufenthalt in der Natur bekommt dem Menschen in der Regel gut – umgekehrt ist der Aufenthalt des Menschen vielfach nachteilig für die Natur. (Foto: Jesus Solana/​Wikimedia Commons)

Eine Kreuzfahrt durch die schmelzenden Eisberge der Arktis oder ein Kurzurlaub in Florida zum Schnorcheln in den letzten Korallenriffen: Die Natur als schöne Kulisse steht hoch im Kurs. Eine satte Mehrheit von knapp 80 Prozent aller Bundesbürger hält es für "äußerst problematisch", wie der Mensch weltweit mit der Natur umgeht. So steht es in der neuesten Naturbewusstseinsstudie des Bundesumweltministeriums.

Obwohl sich diese Mehrheit über die abbrechenden Eisberge in der Arktis empört oder über Plastikmüll zwischen den bunten Korallenriffen den Kopf schüttelt: Die Erkenntnis allein führt noch lange nicht zum Handeln. So klaffen globale Seufzer und lokales Engagement laut der Studie weit auseinander.

82 Prozent der Deutschen sind davon überzeugt, dass die Menschheit "als Kollektiv" etwas für den Umweltschutz tun kann, jedoch glauben nur zwei von drei Befragten daran, dass gemeinsames Handeln in ihrer Gemeinde oder ihrem Landkreis etwas bewegt. Davon, dass eigene ökologische Aktionen in der Nachbarschaft etwas bringen, ist sogar nicht einmal die Hälfte überzeugt. 

Das meint zweierlei: Viele Menschen bezweifeln einfach, dass Mülltrennung, Krötentunnel oder Carsharing wirklich etwas verändern. Die Wirkung ist kaum sichtbar, die Motivation bleibt abstrakt. Und: Sicher ist es auch bequemer, an die kollektive Intelligenz der Menschheit zu glauben, die mit neuen Technologien und scharfsinniger Wissenschaft den Planeten doch noch vor der Apokalypse retten wird.

Überhaupt nichts am Hut mit Umwelt hat die soziale Gruppe der "Hedonisten" – in diese Kategorie rechnen die Studienautoren 15 Prozent der Befragten. Der Hedonist sei "ich-bezogen", akzeptiere einschränkende Verpflichtungen nur ungern und habe eine geringe "Verzichtsbereitschaft", heißt es. Um den Zustand der Natur mache er sich wenig Sorgen und Umweltpolitik nehme er oft als Zumutung oder "Spaßbremse" wahr.

Susanne Götze ist Redakteurin bei Klimareporter°. Die Journalistin und promovierte Historikerin schreibt seit 2002 über Umwelt- und Klimathemen in Tageszeitungen, Magazinen und Fachmedien.

Während sich hier scheinbar eher die klassischen FDP-Wähler sammeln, erinnern viele Einstellungen des "traditionellen", teils auch des "prekären Milieus" in der Studie an ein AfD-Publikum. Ein traditionelles Weltbild und der Wunsch nach hierarchisch-autoritären Strukturen kennzeichnen dabei die "Traditionellen", die zwar gerne Gartenarbeit machen und im Wald spazieren gehen, aber nur wenig über die Gefährdung der Natur wissen. Die "Prekären" hingegen haben so viel damit zu tun, nicht komplett sozial abzustürzen, dass Umweltschutz und Engagement in der Prioritätenliste bei ihnen ganz hinten stehen. Diese Gruppen kritisieren zusammen mit den Hedonisten am stärksten die Energiewende und sind unterdurchschnittlich ökologisch engagiert. 

Die aktivsten Umweltschützer sind laut Studie junge Menschen unter 30 mit hohen Bildungsabschlüssen – erstaunlicherweise schneiden Rentner ziemlich schlecht ab. Auch engagieren sich eher Frauen als Männer für den Erhalt der Natur – ob in der Nachbarschaft oder für weltweiten Umweltschutz. Fazit aus dem Umfragedschungel: Die junge Frau unter 30 aus bildungsnahen Schichten ist die perfekte Umweltaktivistin!

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