Wasserstoff kann bunt sein. Das haben wir schon gelernt. Grün, blau, ja sogar gelb. Unser Chemielehrer in der Schule hätte nur mit dem Kopf geschüttelt. Ein farbloses Gas, das bunt ist?
Aber okay. Wir sind ja lernfähig, denn es macht wirklich einen Unterschied, ob das H2 mit Ökostrom, Erdgas oder Atomkraft hergestellt wird.
Doch jetzt ist unsere Vorstellungskraft noch mehr gefordert. Bald soll das Gas sogar auf "Autobahnen" transportiert werden, die aber gar keine sind. Ohne Beton, ohne Asphalt, ohne Leitplanken. Und doch mit hohem Tempo, bundesweit.
Ganz so mysteriös ist die Sache nun doch nicht. Gemeint ist das Wasserstoff-Kernnetz, dessen Aufbau die deutschen Gasnetzbetreiber in dieser Woche bei der Bundesnetzagentur beantragt haben.
Es geht um 10.000 Kilometer dicke Rohre, die Deutschland von Nord nach Süd und von West nach Ost durchziehen sollen, um Raffinerien, Stahl-, Chemie- und Glasfabriken sowie Gaskraftwerke versorgen zu können, deren Produktion auf das farbige Wundergas umgestellt werden soll.
Passt schon
Damit es nicht so technisch klingt, sprechen Politiker in dem Zusammenhang gerne von "Autobahnen". Wohl, weil sie denken: Deutsche und Autobahnen, das passt schon. Das finden fast alle gut.
Wie dem auch sei, das Wasserstoff-Netz ist wichtig. Ohne diese Infrastruktur kann das, was als die nächste Revolution in der Energiewirtschaft nach der Umstellung der Stromproduktion auf Wind und Sonne gilt, nicht funktionieren.
Joachim Wille ist Co-Chefredakteur des Online-Magazins Klimareporter°.
Und daher ist es gut, dass auch ein Weg gefunden wurde, sie zu finanzieren, obwohl der H2‑Absatz am Anfang noch gering sein wird. Bis zum Beispiel alle Chemie-, Stahl- oder Papierfabriken von Erdgas, Erdöl und Kohle auf Wasserstoff umgestellt sind, braucht es Zeit, für die Pioniere dabei muss das Wasserstoff-Netz aber sofort funktionieren.
Die Ampel-Bundesregierung will dafür ein "Amortisationskonto" eröffnen, aus dem der Betrieb der H2-Autobahnen staatlich bezuschusst wird, bis sich das Ganze durch die von den Nutzern zu zahlenden Netzentgelte rechnet. Daraus soll das Minus auf dem Konto dann allmählich wieder ausgeglichen werden, nämlich bis 2055.
Das ist lange genug, das müsste eigentlich funktionieren, und damit wäre das "Henne-Ei-Problem" beim Wasserstoff gelöst, wie Barbara Fischer vom Branchenverband FNB Gas es formulierte. Noch so ein Bild, damit wir uns unter dem unsichtbaren Phänomen H2 etwas vorstellen können.
Lasst sie rollen, die bunten Eier auf der Autobahn.