Der Hurrikan "Maria" verursachte im karibischen Inselstaat Dominica Schäden von mehr als dem Doppelten des Bruttoinlandsprodukts. (Bild: Roosevelt Skerrit/​Wikimedia Commons)

Das neueste Warnsignal kam diese Woche: Die Welt ist derzeit sich auf einem Pfad zu einer Drei-Grad-Erwärmung, so das UN-Umweltprogramm Unep. Laut dem Pariser Klimavertrag sollten es möglichst nur 1,5 Grad sein, weil anderenfalls Kippelemente des Klimas ausgelöst werden.

Absehbar ist daher: Die Schäden und Verluste aufgrund der Klimakrise werden in den nächsten Jahren deutlich steigen, und es braucht hohe Summen, um sie zu bewältigen. Eine neue Untersuchung zeigt, wo sie herkommen könnten: aus den Gewinnen der Öl- und Gasmultis.

Die Klimakrise verursacht immer größere Schäden, die vor allem die Entwicklungsländer um Jahre zurückwerfen können. Die Schäden von Dürren, Überflutungen oder Superstürmen, die durch den menschengemachten Treibhauseffekt ausgelöst oder intensiviert wurden, können gigantisch sein.

So verursachte zum Beispiel der Hurrikan Maria auf der Karibikinsel Dominica im Jahr 2017 Schäden von fast 1,4 Milliarden US-Dollar, was 226 Prozent der dortigen Jahres-Wirtschaftsleistung entspricht. Bisher bekommen die betroffenen Länder nur wenig Unterstützung nach solchen Katastrophen, obwohl sie selbst häufig nur vergleichsweise wenig Treibhausgase emittiert haben.

Das soll sich nun ändern, durch einen Fonds für Verluste und Schäden, der auf dem 28. UN-Klimagipfel (COP 28) in Dubai endgültig eingerichtet werden könnte. Ein Komitee hat jüngst empfohlen, diesen vorerst bei der Weltbank anzusiedeln. Unklar ist jedoch, wie er konkret mit den nötigen hohen Milliardensummen aufgefüllt werden soll.

Klar ist, dass die reichen Industrieländer, die die Atmosphäre bereits seit 150 Jahren mit CO2 vollpumpen, einen Beitrag leisten müssen. Allerdings wird auch nach neuen und innovativen Finanzierungsquellen gesucht. Und hier kommen die fossilen Multis ins Spiel – von BP und Shell über Saudi Aramco bis Gazprom.

Soziale Kosten des CO2-Ausstoßes

Der Thinktank Climate Analytics hat die Geschäfte der 25 weltweit führenden Öl- und Gasunternehmen analysiert. Danach werden die globalen Klimaschäden, die durch deren CO2-Emissionen zwischen 1985 und 2018 ausgelöst wurden, auf rund 20 Billionen US-Dollar geschätzt.

Ihre Profite in diesem Zeitraum hätten jedoch bei 30 Billionen gelegen. Damit wäre es möglich gewesen, die ihnen zuzuordnenden Schäden auszugleichen und trotzdem noch Gewinne an die Eigentümer oder Aktionäre auszuschütten.

Climate Analytics nutzte für die Berechnung eine mittlere Schätzung für die "sozialen Kosten" des CO2-Ausstoßes, nämlich 185 Dollar pro Tonne des Gases. Die Ölkonzerne selbst wurden dabei für ein Drittel der Schäden verantwortlich gemacht, ein weiteres Drittel wurde den Regierungen zugemessen und das letzte Drittel den Verbraucher:innen, die die Öl- und Gasprodukte nutzen.

Laut dem Thinktank sind die drei größten Emittenten in der 25er-Gruppe das saudi-arabische Unternehmen Aramco, der russische Staatskonzern Gazprom und die staatliche iranische Ölgesellschaft NIOC. Die Top Five der Unternehmen im Besitz von Privatinvestoren sind Exxon, Shell, BP, Chevron und Total.

Unter den 25 ist auch der Konzern, der vom Konferenzpräsidenten des diesjährigen Klimagipfels COP 28 in Dubai, Sultan Al Jaber, geleitet wird, die Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc). Die Personalie hat große Besorgnis darüber ausgelöst, wie ernsthaft auf der Klimakonferenz über den Ausstieg aus den fossilen Energien verhandelt werden wird.

Interessant in diesem Zusammenhang ist das Kapitel aus dem Report, in dem die Staatsfonds analysiert wurden, die vor allem mit den Gewinnen aus der Förderung fossiler Brennstoffe geschaffen wurden. Die Vereinigten Arabischen Emirate als diesjähriger COP-Gastgeber beherbergen danach die insgesamt größten Staatsfonds.

Fazit von Climate Analytics für diesen Fall: "Wenn die Hälfte ihrer Fonds für die Schäden aufkäme, die durch die Emissionen ihrer Öl- und Gasindustrie zwischen 1985 und 2018 entstanden sind, würden sie immer noch über ein Vermögen von 700 Milliarden Dollar verfügen."

"Die Umweltverschmutzer besteuern"

Der Hauptautor der Studie, Carl-Friedrich Schleussner, kritisierte, dass die Öl- und Gaskonzerne seit Jahrzehnten um den Klimawandel wüssten, aber dennoch ihr Geschäftsmodell weiterverfolgt hätten. "Sie haben enorme finanzielle Gewinne eingefahren, während sich der Klimawandel verschärft hat und die schwachen Bevölkerungsgruppen, insbesondere die Entwicklungsländer, die Zeche zahlen müssen."

Climate Analytics ist ein weltweit führendes Institut für Klimawissenschaft und -politik mit Sitz in Berlin, das unter anderem für UN-Organisationen arbeitet.

Auf der COP 27 im letzten Jahr in Ägypten war Konsens unter den Delegationen der fast 200 Teilnehmerländer gewesen, dass neue Finanzierungsquellen für klimabedingte Verluste und Schäden benötigt werden.

Entwicklungsländer brachten auch eine Beteiligung der fossilen Branchen in Gespräch. Die Premierministerin von Barbados, Mia Mottley, forderte eine zehnprozentige Steuer auf die Gewinne von Öl- und Gasunternehmen, deren Aufkommen in den geplanten Fonds eingezahlt werden solle.

 

Schleussner findet solche Forderungen richtig. "Nach den Supergewinnen des letzten Jahres ziehen einige dieser Unternehmen ihre Klimaverpflichtungen zurück und zeigen damit, dass wir uns nicht auf ihr Engagement verlassen können – schon gar nicht in dem Tempo, das wir brauchen."

Der Klimawissenschaftler fordert die Regierungen auf, einzugreifen. Sie sollten "die Umweltverschmutzer besteuern, damit sie für die von ihnen verursachten Verluste und Schäden aufkommen". Außerdem müsse auf dem Klimagipfel in Dubai auch ein festes Bekenntnis zum Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen beschlossen werden, um das 1,5‑Grad-Ziel in Reichweite zu halten.