Mia Mottley spricht vor der UN-Klimakonferenz 2021 in Glasgow.
Schon beim letztjährigen Klimagipfel sorgte Mia Mottley, die Regierungschefin von Barbados, für Aufmerksamkeit. (Foto: Karwai Tang/​UK Government/​Flickr)

Neben den Treibhausgasemissionen war die finanzielle Unterstützung der Entwicklungsländer schon immer eines der zentralen Themen bei den UN-Klimakonferenzen. Das Hauptaugenmerk lag dabei in den letzten Jahren auf den 100 Milliarden US-Dollar, die die Industriestaaten im Jahr 2009 den Entwicklungsländern versprochen hatten.

Mit dieser Summe sollten ab 2020 der Klimaschutz und die Anpassung an die Klimaerwärmung in ärmeren Ländern unterstützt werden. Gehalten haben die Industriestaaten dieses Versprechen allerdings nicht. Im Jahr 2020 flossen nur 83 Milliarden Dollar und die versprochene Summe wird voraussichtlich erst nächstes Jahr erreicht.

Das liegt nicht zuletzt daran, dass die USA deutlich zu wenig Geld zur Verfügung stellen. Allerdings hat das Erreichen der 100 Milliarden mittlerweile mehr symbolische und weniger praktische Bedeutung. Es geht darum, dass die Industriestaaten wenigstens ihr Versprechen halten. Um die erforderlichen Investitionen in den Klimaschutz und die Anpassung zu finanzieren, reicht das Geld bei Weitem nicht aus.

Die Internationale Energieagentur IEA schätzt, dass im Jahr 2030 weltweit 2.000 Milliarden Dollar zusätzlich in erneuerbare Energien investiert werden müssen, damit die Emissionen auf netto null gesenkt werden können. Und das UN-Umweltprogramm Unep hat errechnet, dass im selben Jahr die Entwicklungsländer zwischen 160 und 340 Milliarden Dollar für die Anpassung an den Klimawandel brauchen.

Hinzu kommen die Kosten für Verluste und Schäden durch die Klimaerwärmung: Diese werden für das Jahr 2030 auf 290 bis 580 Milliarden Dollar geschätzt. Angesichts dieser Zahlen ist klar, dass die versprochenen 100 Milliarden bei Weitem nicht ausreichen, um die Klimaerwärmung möglichst bei 1,5 Grad zu stoppen und die Anpassung an diese Erwärmung zu finanzieren.

Öl- und Gaskonzerne sollen von Gewinnen abgeben

Aus diesem Grund werden auf der diesjährigen UN-Klimakonferenz COP 27 in Sharm el-Sheikh neue Wege der Klimafinanzierung diskutiert.

 

Die bislang konkretesten Vorschläge kommen von der Ministerpräsidentin des karibischen Inselstaats Barbados. Mia Mottley fordert, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) "Sonderziehungsrechte", kurz SDRs, im Wert von 500 Milliarden Dollar schafft.

SDRs sind eine Art Währung, die vom IWF ausgegeben wird. Zuletzt wurden im Jahr 2021 SDRs im Wert von 650 Milliarden Dollar geschaffen, um die Staaten im Kampf gegen die Coronapandemie zu unterstützen.

Mit den Klima-SDRs hofft Mottley zusätzlich privates Kapital mobilisieren zu können: Sie fordert einen "Klimaschutzfonds, der 5.000 Milliarden Dollar an Ersparnissen des Privatsektors frei macht", indem die 500 Milliarden an Klima-SDRs gezielt als Hebel zur Mobilisierung von Privatkapital genutzt werden.

Zusätzlich fordert sie die Abschöpfung von zehn Prozent der Gewinne von Öl- und Gaskonzernen: "Wie können Unternehmen in den letzten drei Monaten 200 Milliarden Dollar Gewinn machen und nicht erwarten, dass sie mindestens zehn Cent von jedem Dollar Gewinn in einen Fonds für Verluste und Schäden einzahlen?", fragte Mottley in ihrer Rede auf der COP 27.

In der Rede machte Mottley noch auf ein weiteres Problem des internationalen Finanzsystems aufmerksam: "Diese Welt sieht noch zu sehr so aus wie zu Zeiten imperialer Großreiche. Der globale Norden verschuldet sich für ein bis vier Prozent Zinsen und der globale Süden für 14 Prozent", beklagte Mottley.

Dieser Unterschied bei den Kapitalkosten ist vor allem ein Problem bei Investitionen in erneuerbare Energien. Diese haben kaum laufende Kosten, da Sonne und Wind kostenlos zur Verfügung stehen, aber für die anfängliche Investition wollen die Geldgeber natürlich eine Rendite sehen, die je nach Land unterschiedlich hoch ist.

Reiche Länder mit großen Ankündigungen

Mit ihren Ideen ist Mottley bei der COP 27 nicht allein. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron forderte einen "riesigen Finanzschock" für den Klimaschutz. Außerdem will er zusammen mit Mottley in den nächsten Monaten Vorschläge erarbeiten, um die Klimafinanzierung durch die multilateralen Entwicklungsbanken wie die Weltbank zu reformieren.

John Kerry, der US-Klimagesandte, hat neben den Entwicklungsbanken noch eine andere Geldquelle im Blick: Firmen, die ihre Emissionen kompensieren wollen. Derzeit entwickeln mehrere Industriestaaten mit Ländern wie Indonesien und Vietnam Pläne, um dort den Kohleausstieg zu beschleunigen. Auch dafür sind sehr große Summen erforderlich.

Kerry will daher Firmen ermöglichen, ebenfalls in diese Projekte zu investieren, um die eingesparten Emissionen dann mit ihren eigenen Emissionen verrechnen zu können. Die Ausgabe von Zertifikaten für eingesparte Emissionen ist allerdings umstritten und noch ist nicht sicher, ob Kerry von anderen Ländern Unterstützung für diesen Vorschlag bekommt.

COP 27 in Sharm el-Sheikh

Bei der 27. UN-Klimakonferenz in Sharm el-Sheikh geht es um die Zukunft des globalen Klimaschutzes. Ein Team von Klimareporter° ist vor Ort in Ägypten und berichtet mehrmals täglich.

Deutschland hat erneut mehr Mittel für die herkömmliche Klimafinanzierung in Aussicht gestellt. Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte an, die Klimahilfen von heute 5,3 Milliarden Euro bis 2025 auf sechs Milliarden Euro zu steigern. Das Versprechen hatte allerdings schon seine Vorgängerin Angela Merkel abgegeben.

Neu fließt davon ein Teil für Verluste und Schäden durch die Klimaerwärmung. Deutschland stellt 170 Millionen Euro zur Verfügung, damit sich Länder gegen Klimakatastrophen versichern können. Damit ist Deutschland mit Abstand der größte Geldgeber für Verluste und Schäden.

Lesen Sie dazu unseren Kommentar:

 

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