Zerstörtes Haus nach dem Zyklon Winston in Fidschi
2016 richtete der Zyklon "Winston" in Fidschi große Schäden an. Der Pazifikstaat leidet bis heute schwer darunter. (Foto: DFAT/​Wikimedia Commons)

Als der Zyklon "Winston" 2016 den Inselstaat Fidschi verwüstete, entstanden Schäden in Höhe von 26 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In Deutschland entspräche das der kaum vorstellbaren Schadenssumme von 900 Milliarden Euro. Doch solche Katastrophen könnten infolge des Klimawandels häufiger werden, und das brächte nicht nur viel menschliches Leid, es droht auch die ökonomische Entwicklung der betroffenen Länder zu untergraben.

Fidschi ist kein Einzelfall. Auf die Zusammenhänge haben das Hilfswerk Misereor und das Entschuldungsbündnis Erlassjahr.de jetzt hingewiesen. Sie zeigen in ihrem "Schuldenreport 2020":  Der Klimawandel und seine Folgen verstärken die Schuldenkrise in vielen armen Ländern, es trifft besonders die kleinen Inselstaaten im Pazifik und in der Karibik sowie die Staaten der Sahelzone in Afrika.

Die Daten zur weltweiten Verschuldungssituation sind bereits heute dramatisch. Laut dem Report gelten 124 von 154 untersuchten Staaten als "kritisch verschuldet", und in über 60 Prozent dieser Länder hat sich die Lage in den letzten Jahren weiter verschlechtert.

Derzeit haben 19 dieser Staaten ihre Zahlungen an ihre ausländischen Gläubiger komplett oder teilweise eingestellt. Bisher waren meist kleinere Staaten wie Eritrea, Somalia oder Sudan betroffen – als neues Warnzeichen gilt, dass mit Argentinien nun auch das erste wirtschaftliche Schwergewicht seine Zahlungen teilweise eingestellt hat.

Warum die sich verschärfende Klimakrise die Situation verschlechtert, ist leicht nachvollziehbar: Wetterextreme wie Dürren, Überflutungen und Wirbelstürme, treten häufiger auf oder werden intensiver, was sich heute bereits statistisch nachweisen lässt.

Industrieländer blockieren Schadensausgleich

Tritt eine solche Naturkatastrophe in einem hoch verschuldeten Land auf, fehlt durch den erdrückenden Schuldendienst Geld, um schnell und effektiv helfen zu können. Länder wie das afrikanische Mosambik, das im März 2019 vom Zyklon "Idai" heimgesucht wurde, sahen sich sogar gezwungen, neue Kredite aufzunehmen, um die Katastrophenhilfe und den Wiederaufbau finanzieren zu können. Das kann sie in eine Schuldenfalle treiben, aus der sie aus eigener Kraft nicht mehr herauskommen.

Das Problem ist nicht neu. Auf den UN-Klimaverhandlungen wird seit Jahren unter dem Stichwort "Loss and Damage" (Verluste und Schäden) darüber verhandelt, wie arme Länder Hilfe im Falle von Klimaschäden bekommen können, die bereits heute nicht mehr zu verhindern sind. Doch die Industrieländer als historische Hauptverursacher der Klimakrise blockieren eine grundsätzliche Regelung, weil sie befürchten, dereinst auf milliardenschweren Schadenersatz verklagt zu werden, wenn sie zustimmen.

Der Druck, diese Verhandlungen doch noch zum Erfolg zu führen, darf nicht nachlassen, zumal die Klimaschäden zunehmen werden. Überfällig ist aber auch eine Entschuldungsinitiative für die betroffenen Länder, wie Misereor und Erlassjahr.de sie jetzt fordern: Direkt nach einer Naturkatastrophe sollen automatisch ein Stopp der laufenden Schuldenzahlungen und danach umfassende Verhandlungen über die Forderungen möglichst aller Gläubiger einsetzen – mit dem Ziel, die Verschuldung auf ein tragfähiges Maß zu senken.

Bei den Vereinten Nationen gibt es einen "Financing for Development"-Prozess. Dies sei der richtige Rahmen, in dem etwa die Bundesregierung sich für eine solche Option einsetzen sollte, hieß es bei den beiden Nichtregierungsorganisationen. "Eine Entschuldungsinitiative für besonders von der Klimakrise betroffene Staaten ist ein überfälliger, konkreter Schritt und könnte verhärtete Verhandlungsfronten aufweichen", sagte Misereor-Klimaexpertin Anika Schroeder.

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