Auch Kanada erlebt in diesem Jahr wieder schwere Waldbrände. Allein in der am stärksten betroffenen Provinz British Columbia an der Westküste zählten die Behörden in der vergangenen Woche 450 Brände.
Knapp die Hälfte der Brände war außer Kontrolle. Landesweit traf dies laut dem "National Wildland Fire Situation Report" auf knapp 300 Brände zu (siehe Abbildungen unten).
Inzwischen ist die Zahl der Brände in British Columbia auf 545 angewachsen. Nicht nur die Vielzahl der Feuer macht der Provinz zu schaffen. Auch die heftige Rauchentwicklung ist ein Problem. Nach Medienberichten ist der Qualm teilweise so stark, dass Löschflugzeuge nicht abheben können.
Auch der normale Flugverkehr ist beeinträchtigt. In zahlreichen Regionen der Provinz wird Kindern und älteren Menschen geraten, das Haus nicht zu verlassen, um die eigene Gesundheit nicht zu gefährden.
Die Rauchentwicklung ist so stark, dass der Qualm sogar von Satelliten aus gesehen werden kann, die sich 1,6 Millionen Kilometer weit weg befinden. Vor einer Woche hat die Regierung von British Columbia wegen der Waldbrände den Notstand ausgerufen.
Katastrophen wie die heftige Waldbrandsaison, die Kanada derzeit erlebt, werfen die Frage auf: Hat das nun etwas mit dem Klimawandel zu tun? Oder handelt es sich "nur" um eine "normale" Naturkatastrophe?
Tatsächlich erlebt Kanada jedes Jahr Tausende von Waldbränden. Laut der zuständigen Behörden liegt der Durchschnitt der letzten zehn Jahre bei 5.164 Bränden jährlich (siehe Tabelle).
Für 2018 listet der "Wildland Fire Situation Report" bereits 5.955 Brände (bis Mitte August) auf. Das sind 15 Prozent mehr als beim Zehn-Jahres-Durchschnitt. Allerdings ist die verbrannte Fläche in diesem Jahr bislang erst halb so groß wie im Durchschnitt der letzten zehn Jahre.
Die Frage nach dem Einfluss des Klimawandels hat sich nun ein Team von Wissenschaftlern des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung genauer vorgenommen – und zwar am Beispiel der verheerenden Waldbrände in der kanadischen Provinz Alberta im Jahr 2016. Ihre Studie ist jetzt in der freien Fachzeitschrift Nature Scientific Reports erschienen.
Von Mai bis Juni 2016 erlebte Kanadas Teersand-Provinz Alberta ihre bis dato schlimmste Waldbrand-Katastrophe. Zwei Monate lang dauerte es, bis die Feuerwehr "das Biest" – wie das Feuer genannt wurde – unter Kontrolle bringen konnte.
Die Stadt Fort McMurray brannte damals fast vollständig nieder. Alle 90.000 Einwohner mussten evakuiert werden. Die finanziellen Schäden waren exorbitant und machten das Feuer zur teuersten Naturkatastrophe in der kanadischen Geschichte.
Auch damals wurde die Frage diskutiert, welche Rolle der Klimawandel spielt. Schon 2011 hatte eine Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig und der University of Michigan ergeben, dass Kanadas Wälder anfälliger für Brände werden. Ihre Schwere und Ausdehnung hat seit 1980 stark zugenommen.
Brände sind normal, aber nicht in der Häufigkeit
"Es ist normal, dass es in borealen Wäldern zu Bränden kommt", sagte der Waldbrandexperte Mike Flannigan von der Universität von Alberta während des Brandes von 2016 gegenüber unserer Redaktion. "Doch ihre Häufigkeit und Intensität wird zunehmen, je mehr sich die Erde erwärmt."
Zwar könne man nicht ein einzelnes Ereignis dem Klimawandel zuschreiben, meinte Flannigan. "Aber was in Fort McMurray passiert, passt zu dem, was wir über die Folgen der Erderwärmung wissen."
Die neue PIK-Studie kann den Zusammenhang nun noch klarer nachweisen. Eine Rolle spielt demnach auch der Jetstream, der sich durch den Klimawandel abschwächt. Dem Alberta-Brand war, wie die Wissenschaftler zeigen können, ein "Stocken" einer bestimmten Art von Luftströmen in der Region vorausgegangen. In Kombination mit einem sehr starken El-Niño-Ereignis begünstigte dies ungewöhnlich trockene und hohe Temperaturen am Boden, dadurch erhöhte sich die Brandgefahr in dieser Region.
"Riesige Luftströme umkreisen unsere Erde in der oberen Troposphäre – wir sprechen von planetaren Wellen", sagt Hans Joachim Schellnhuber. Der PIK-Direktor ist Mitautor der Studie. "Jetzt häufen sich die Beweise, dass die Menschheit diese gewaltigen Windströmungen durcheinanderbringt."
"Angeheizt von den menschgemachten Treibhausgasemissionen, werden die natürlichen Zirkulationsmuster wahrscheinlich von der globalen Erwärmung verzerrt", sagt Schellnhuber.
Normalerweise schwingen die Wellen, die Ketten von Hoch- und Tiefdruckgebieten transportieren, von West nach Ost zwischen dem Äquator und dem Nordpol. "Doch wenn sie durch einen subtilen Resonanzmechanismus festgehalten werden, verlangsamen sie sich, sodass das Wetter in einer bestimmten Region hängen bleibt", so der PIK-Chef.
Ein neues Wetterphänomen
Dies kann dann dazu führen, dass "zundertrockene Bedingungen" entstehen, die Waldbrände begünstigen. Es kann aber auch dazu führen, dass Regen zur Überschwemmung wird und sonnige Tage zu Hitzewellen.
"Selbstverständlich war das planetare Wellenmuster nicht die einzige Ursache für das Feuer", sagt Leitautor Vladimir Petoukhov vom PIK. "Aber es war ein zusätzlicher wichtiger Faktor, der zu dieser bedauerlichen Katastrophe beitrug."
"Tatsächlich zeigt unsere Analyse, dass die planetaren Wellen auch über dieses Einzelereignis hinaus bereits seit den 1980er Jahren ein relevanter Einflussfaktor für die Waldbrandgefahr in der Region sind", so Petoukhov.
Gewissheit kann auch die neue Studie nicht bringen, wie Mitautor Dim Coumou betont. "Doch der Stand der Forschung deutet darauf hin, dass Veränderungen in den Luftströmen zusammen mit anderen Faktoren zu einem Phänomen führen könnten, das komisch klingt, aber alles andere als komisch ist: extreme Extreme."