Solange jedes Jahr Milliarden in den Kohlesektor fließen, bleibt dieser am Leben. (Bild: John Fowler/​Snowpeak/​Wikimedia Commons)

470 Milliarden US-Dollar – das ist die Summe, die Banken weltweit in den Jahren 2021 bis 2023 an die Kohleindustrie vergeben haben. So zeigt es eine vor wenigen Tagen veröffentlichte Recherche der Umweltorganisation Urgewald.

"Das Jahr 2021 hätte ein Wendepunkt sein müssen", kommentierte Katrin Ganswindt, Leiterin der Finanzrecherche bei Urgewald, die Ergebnisse. "Doch unsere Daten zeigen, dass die Banken seitdem Hunderte Milliarden Dollar in die Kohleindustrie gesteckt haben. Als hätte es Glasgow nie gegeben, nähren sie weiter den größten Feind unseres Klimas."

Ganswindt spielt damit auf die UN-Klimakonferenz 2021 in Glasgow an. Dort einigte sich die Weltgemeinschaft darauf, die Kohlenutzung "langsam zu beenden".

Neben dieser schwachen Formulierung im Abschlussdokument kündigten auch einige Länder an, ganz aus der Kohle aussteigen zu wollen. Deutschland sowie weitere Industrienationen unterzeichneten außerdem eine Erklärung, bis Ende 2022 die Unterstützung fossiler Projekte im Ausland beenden zu wollen.

Auf dem Gipfel in Glasgow riefen zudem einige Banken die Net-Zero Banking Alliance ins Leben. Das erklärte Ziel der Allianz: Die Finanzgeschäfte so auszurichten, dass ein klimaneutrales Wirtschaften ab 2050 möglich ist. Die Recherche von Urgewald zeigt nun ein ganz anderes Bild.

Die Deutsche Bank hat mit insgesamt knapp 1,6 Milliarden US-Dollar von allen Finanzinstituten in Deutschland die größte Summe für den Kohlesektor lockergemacht. Es folgt die Commerzbank mit 608 Millionen Dollar. Beide Banken sind Teil der Net-Zero Banking Alliance.

Die Kohlefinanzierung der Deutschen Bank weist noch nicht einmal einen Trend nach unten auf. Trotz nachgebesserter Kohlerichtlinie vergab die Bank 2023 wesentlich mehr Geld an Kohle als in den beiden Jahren zuvor.

Chinesische Bank steckt am meisten Geld in die Kohle

Auch international erfreut sich der Kohlesektor nach wie vor finanzstarker Unterstützung. Von den 638 untersuchten Banken habe nur etwa ein Fünftel die Finanzgeschäfte mit der Kohleindustrie seit 2016 deutlich reduziert, sagte Urgewald-Expertin Ganswindt.

Bei 423 Banken sei die Unterstützung weitestgehend stabil geblieben und 75 Banken hätten das Finanzvolumen an den Sektor sogar erhöht. Ganswindt: "Acht Jahre nach Inkrafttreten des Pariser Abkommens muss die Öffentlichkeit wissen, welche Banken es versäumen, ihre Unterstützung für die Kohleindustrie zurückzufahren."

92 Prozent der Kohlefinanzierung stammen von Banken aus sieben Ländern: China, USA, Japan, Kanada, Indien, Großbritannien und Indonesien.

Der größte Kohlefinanzierer ist das chinesische Unternehmen Citic. Das Investmentunternehmen hat die Finanzierung zwischen 2016 und 2023 sogar um über 60 Prozent von 5,8 auf 9,6 Milliarden US-Dollar erhöht.

Urgewald unterscheidet in der Analyse zwischen Kreditvergaben und sogenanntem "Underwriting". Underwriting bezeichnet die aktive Beteiligung von Banken bei der Platzierung von Aktien und Anleihen auf den Finanzmärkten, sowie die Zusicherung der Bank, falls nötig, einen bestimmten Teil davon selbst zu übernehmem. China führt die Liste mit großem Abstand an. 321 Milliarden Dollar hat das Land in der in dem Bereich Underwriting an die Kohlebranche vergeben. Dazu kommen noch etwas über drei Milliarden als Kreditvergaben.

US-amerikanische Banken haben mit gut 28 Milliarden Dollar am meisten Kredite an die Branche vergeben, aber mit rund 21 Milliarden Dollar wesentlich weniger Geld in Form von Underwritings als China.

Deutsche Bank unterstützt Südafrikas Kohleindustrie

Die Deutsche Bank hat in dem untersuchten Zeitraum vor allem über einen großen Kredit für den südafrikanischen Energieversorger Eskom die Kohleverstromung unterstützt. Wegen zahlreicher Korruptionsvorwürfe und einer anhaltenden Energiekrise ist Eskom immer wieder heftiger Kritik ausgesetzt.

Zumal Südafrika bisher wenig Erfolg damit hat, den Kohleanteil zu reduzieren. Nach wie vor stammen 86 Prozent der Elektrizität in dem Land von Kohlekraftwerken. Auch Eskom erzielt 80 Prozent seiner Einkünfte durch Kohlestrom und plant sogar, neue Kohlekraftwerke zu bauen.

Eigentlich verstößt das Engagement gegen die interne Kohlerichtlinie der Deutschen Bank. Doch zum Glück für Eskom und die Bank hat die Richtlinie ein paar Schlupflöcher und sieht bei Bestandskunden wie Eskom großzügige Ausnahmen vor.

Auf Nachfrage der Tageszeitung Handelsblatt teilte die Deutsche Bank mit, dass sie weder neue Kohlegruben noch den Ausbau bestehender Gruben finanziere. Überhaupt habe man die Finanzierung in CO2-intensiven Branchen deutlich reduziert.

Allerdings vergibt die Deutsche Bank auch nicht zweckgebundene Darlehen. So kann weiter Geld an Unternehmen wie Eskom fließen, die neue Kohlebergwerke und Kraftwerke planen.

 

"Die Deutsche Bank ist ein gutes Beispiel dafür, warum großzügige Übergangszeiten und Ausnahmen in den Finanzierungsrichtlinien eine Katastrophe für das Klima sind", kritisiert Regine Richter, Finanz-Campaignerin bei Urgewald. "Solange sie gültig sind, fließt weiter ungebremst Geld an die größten Klimasünder und treibt die Klimakrise voran."

Die Urgewald-Recherche wird von zahlreichen internationalen Nichtregierungsorganisationen unterstützt und mitherausgegeben, darunter die Kontrollorganisation Banktrack, die Waldschutzorganisation Rainforest Action Network und die Organisation Reclaim Finance, die einen Fokus auf Finanzströme hat.

April Merleaux, Forschungsleiterin beim Rainforest Action Network, betonte: "Banken haben die Macht und die Verantwortung, das Klima für künftige Generationen zu schützen und aus der Kohlefinanzierung auszusteigen."