Gemessen an der aufgeregten Debatte in Deutschland um das Verbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035, die bis zum Koalitionskrach reichte, haben die Energie- und Umweltminister der EU das Thema in der vergangenen Nacht relativ geräuschlos abgeräumt.
Die 27 EU-Minister einigten sich darauf, die Vorschriften für die CO2-Emissionen von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen so zu verschärfen, dass der CO2-Flottengrenzwert 2035 bei null liegt. Das hat das Bundesumweltministerium heute mitgeteilt.
Das Zugeständnis an die Verbrennerlobby besteht darin, dass die EU-Kommission einen Vorschlag unterbreiten soll, wie nach 2035 außerhalb der Flottengrenzwerte noch Fahrzeuge zugelassen werden können, die ausschließlich mit klimaneutralen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels, betrieben werden.
Nach Ansicht von Beobachtern läuft die Entscheidung der Minister – solange der Prüfauftrag nicht beschlossen ist – dennoch auf ein faktisches Verbot aller Verbrenner hinaus, einschließlich der mit E-Fuels betriebenen. Dies zu ändern, sei aufgrund einer Review-Klausel erst im Jahr 2026 möglich. Zudem sei der Prüfauftrag an die EU-Kommission rechtlich nicht bindend.
Für Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat Europa mit dem Beschluss die Weichen für mehr Klimaschutz im Verkehr gestellt. "Gerade im Verkehr gibt es enormen Nachholbedarf", betonte die Ministerin heute.
Der Umweltverband BUND hält den Beschluss ebenfalls für ein wichtiges Signal, auch wenn 2035 als Ziel für 100 Prozent emissionsfreie Pkw fünf Jahre zu spät sei. "Wir hätten uns ein noch klareres Bekenntnis zum batterieelektrischen Antrieb gewünscht", sagte BUND-Geschäftsführerin Antje von Broock.
Dennoch müsse nun das Ziel sein, in Deutschland nach 2030 keine Verbrenner-Pkw mehr zuzulassen, so von Broock. Anders lasse sich das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel von 15 Millionen Batterie-Pkw bis 2030 nicht erreichen.
Die E-Fuel Alliance, eine Lobbyorganisation der Mineralölwirtschaft, zeigte sich heute erleichtert, dass die Tür für E-Fuels noch nicht endgültig zugeschlagen ist. Die derzeitige EU-Verordnung konzentriere sich ausschließlich auf die Auspuff-Emissionen und lasse Emissionen in früheren und späteren Phasen des Fahrzeug-Lebenszyklus außer Acht, kritisierte der Verband.
Mehr Emissionshandel
Die Energie- und Umweltminister fassten darüber hinaus weitere Beschüsse, darunter:
- Die Menge der CO2-Zertifikate im EU-Emissionshandelssystem ETS soll bis 2030 um 61 Prozent im Vergleich zu 2005 sinken. Das bisherige Ziel lag bei 43 Prozent. Die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten für die Luftfahrt und bestimmte Industriesektoren soll stufenweise auslaufen. Für diese Industrien soll ein CO2-Grenzausgleich eingeführt werden. Außerdem wird der Seeverkehr ab 2024 in den ETS einbezogen.
- Die Minister unterstützen das Vorhaben, den Emissionshandel auf Gebäude und den Straßenverkehr auszuweiten und dafür ein eigenes, zweites ETS zu schaffen. In diesem ETS 2 sollen ab 2027 europaweit CO2-Emissionsrechte für Kraft- und Brennstoffe gehandelt werden. Die so erfassten Emissionen sollten bis 2030 um 43 Prozent gegenüber 2005 sinken. Kostenlose Emissionsrechte sind nicht vorgesehen.
- Ein neuer Klimasozialfonds soll den EU-Staaten Gelder zur Verfügung stellen, um die sozialen Auswirkungen des ETS 2 auszugleichen, vor allem für Haushalte und Kleinstunternehmen, auch mit direkten Einkommenshilfen. Geplant ist ein Fondsvolumen von 59 Milliarden Euro für die Jahre 2027 bis 2032. Das Geld soll aus den Einnahmen des ETS 2 kommen.