US-Präsident Donald Trump hat seine Energiewende rückwärts gleich am Tag der Amtseinführung eindrucksvoll inszeniert. Nach seinen Ankündigungen sackten die Aktienkurse von Windkraft-Unternehmen ab, während zum Beispiel nordamerikanische Nukleartechnik-Firmen Aufwind bekamen.
Energie-Fachleute hierzulande warnen Deutschland und die EU nun davor, von den eigenen Klimazielen abzurücken und wie Washington zurückzurudern. Und: Sie sehen in der neuen Lage sogar neue Chancen für die deutsche Wirtschaft.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin erwartet, dass die bisher gültigen US-Klimaziele, wie sie im Rahmen des Pariser Klimavertrags aufgestellt wurden, unter der zweiten Präsidentschaft von Trump immer weiter in die Ferne rücken. Unter Vorgänger Joe Biden wurden die erneuerbaren Energien laut einer jetzt vorgelegten Analyse des Instituts zwar ausgebaut, die fossile Energieproduktion stieg aber auch in dieser Zeit im Zuge des Booms von Frackinggas und ‑öl weiter an, was auch zu wachsenden Exporten führte.
Das DIW geht davon aus, dass mit Trump die internationalen Bemühungen, den Klimawandel einzudämmen, Schaden nehmen. "Trump wirft uns im internationalen Klimaschutz um mindestens vier Jahre zurück", bilanziert Studien-Mitautorin Claudia Kemfert. Die Ökonomin sieht darin allerdings auch die Chance, dass Deutschland und die EU in den Cleantech-Sektoren wie Solarenergie und Windkraft an alte Wettbewerbsvorteile anknüpfen und diese zurückholen können.
"Langfristig schadet Trump dem Wirtschaftsstandort USA"
Dazu müssten hierzulande entsprechende Rahmenbedingungen gesetzt werden und, anders als in den USA, politische Verlässlichkeit garantiert sein. "Deutschland und die EU dürfen sich nicht auf einen klimapolitischen Unterbietungswettlauf einlassen und sollten stattdessen finanzielle Anreize für grüne Märkte erhöhen", sagte Kemfert, die beim DIW die Energieabteilung leitet.
Unter Biden wurde in den USA ein gigantisches Klima- und Energie-Programm verabschiedet, genannt Inflation Reduction Act, das mit Steuervergünstigungen Anreize etwa für die Ansiedlung von Solarfabriken setzte. Unter anderem das trug zum weiteren Abbau von Produktionskapazitäten in dieser Branche in Deutschland bei.

Das DIW rechnet damit, dass sich die Bedingungen für grüne Unternehmen in den USA nun verschlechtern. Das biete die Chance, jetzt Unternehmen aus den USA anzulocken oder zurückzuholen. Dadurch könnte die deutsche Wirtschaft insgesamt profitieren und gestärkt werden.
Die EU hatte als Antwort auf Bidens Gesetz ein Programm für "Important Projects of Common European Interest" (IPCEI) aufgelegt, mit denen gezielt Unternehmen aus Zukunftsbereichen wie erneuerbare Energien, Batterieherstellung sowie Smart- und Clean-Technologien unterstützt werden – ohne allerdings vergleichbare Wirkung zu erzielen. Das DIW fordert nun, die "Projects" auszuweiten.
Die Technologien seien weltweit gefragt, und wenn die USA als Handelspartner wegen hoher Zölle eher ausfielen, seien andere umso mehr interessiert. Das DIW argumentiert, Investitionen in emissionsfreie Technologien trügen zur dringend notwendigen Modernisierung der Industrie durch Innovationen bei. So würden Wettbewerbsvorteile und zukunftsfähige Jobs geschaffen. "Wenn die USA diese schon aufs Spiel setzen, sollte Deutschland es besser machen."
Auch andere Fachleute erwarten, dass Trump der US-Wirtschaft im Energiesektor längerfristig eher schadet. So betont Carl-Friedrich Schleussner vom Geographischen Institut der Berliner Humboldt-Universität, dass die Biden-Regierung in großem Stil in klimafreundliche technologische Innovation "Made in USA" investiert habe, gerade in republikanischen Bundesstaaten wie Texas.
"Dreht Trump die Uhr zurück, wird das langfristig dem amerikanischen Wirtschaftsstandort schaden", meint der Klimaexperte. Er erwartet, dass der Markt für fossile Energieträger global schrumpfen wird und daher die Risiken für "Stranded Assets" der Unternehmen zunehmen.
Ähnlich sieht es Wolfgang Obergassel vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Trump diene nicht den Interessen seines Landes, "sondern vor allem den fossilen Interessen, die seine Wahl finanziert haben".
Anders als behauptet, würden Trumps Maßnahmen Energie in den USA teurer machen und auch die Exportchancen der Vereinigten Staaten schmälern, sagte Obergassel. "Es werden nun noch mehr als bisher China und andere Anbieter sauberer Technologie den Weltmarkt unter sich aufteilen."
Redaktioneller Hinweis: Claudia Kemfert gehört dem Herausgeberrat von Klimareporter° an.