Wald, in den Sonnenlicht fällt.
Wälder speichern Kohlenstoff, aber diese Fähigkeit droht verlorenzugehen. (Foto/​Ausschnitt: Brigitte Werner/​Pixabay)

Weltweite Aufforstung, möglichst im großen Stil, gilt als eine der wichtigsten Möglichkeiten, den Klimawandel zu begrenzen. Denn jeder Baum, der neu gepflanzt wird, nimmt CO2 auf und macht die Klimalast der Menschheit so ein bisschen kleiner.

Neue Bäume zu pflanzen ist leicht umsetzbar und zudem kostengünstig. Viele Länder haben denn auch Aufforstungsprogramme und andere Naturschutzmaßnahmen in ihre nationalen Klimapläne hineingeschrieben.

Immerhin ein Fünftel der CO2-Einsparungen, zu denen sich die Länder für das Paris-Abkommen verpflichtet haben, entfällt auf diesen Bereich, der in der Fachsprache LULUCF genannt wird. Das Kürzel steht für Land Use, Land-Use Change, and Forestry, also Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft.

Neben der Aufforstung ist damit auch der Erhalt bestehender Wälder gemeint, wie überhaupt der Umgang mit der Ressource Boden. Der Beitrag der Natur ist für das Erreichen der Paris-Ziele also schon fest eingeplant.

Allerdings gibt es einen Haken. Denn bislang ist nicht klar, wie Bäume und andere Pflanzen reagieren werden, wenn es mit dem Klimawandel so weitergeht wie bisher. Werden sie in Zukunft noch genauso viel CO2 aufnehmen können wie heute? Oder wird es weniger sein? Wir wissen es schlicht nicht.

Klar ist nur, dass die Land-Ökosysteme derzeit etwa 30 Prozent der menschengemachten CO2-Emissionen aufnehmen. Ohne diese "Ökodienstleistung" würden noch sehr viel mehr Klimagase in die Atmosphäre gelangen, und das würde die Erderhitzung noch weiter antreiben und unser Klima noch weiter destabilisieren.

Treibhauseffekt bremst sich nicht selbst aus

Die Frage, welche Folgen es für die Pflanzenwelt hat, wenn Temperaturen und CO2-Konzentration weiter steigen, ist deshalb alles andere als akademisch. Es bedeutet: Können wir uns darauf verlassen, dass die Natur auch künftig einen so großen Beitrag zur Klimastabilisierung leistet wie bisher?

Sehr viele Studien haben sich mit dem Thema beschäftigt. Im Vordergrund stand lange Zeit die sogenannte CO2-Düngung.

Gemeint ist die Beobachtung, dass Pflanzen mehr Fotosynthese betreiben und kräftiger wachsen, wenn mehr CO2 in der Luft ist. Sie nehmen dann auch mehr von dem Klimagas auf. Diesen Effekt nutzen Gewächshäuser mit künstlicher CO2-Zufuhr.

Doch inzwischen mehren sich die Anzeichen, dass eine stetig weiter wachsende CO2-Aufnahme eine allzu optimistische Annahme sein könnte.

Neuere Untersuchungen – unter anderen mit Freilandexperimenten – haben gezeigt, dass der CO2-Düngeeffekt weniger bringt als gedacht und sich zudem mit steigenden Kohlendioxidwerten immer weiter abschwächt. Seit den 1980er Jahren hat er demnach um etwa 40 Prozent nachgelassen.

Das gilt vor allem dann, wenn es den Pflanzen an Nährstoffen und Wasser mangelt. Es nützt einem Wald nichts, mehr CO2 zur Verfügung zu haben, wenn er an Trockenstress leidet oder gar abbrennt – was mit fortschreitendem Klimawandel häufiger vorkommt.

CO2-Aufnahme könnte sich bis 2040 halbieren

Nimmt man statt des CO2-Gehalts hingegen die steigenden Temperaturen als den entscheidenden Faktor, ergibt sich ein deutlich pessimistischeres Bild. Besonders eindrücklich hat das nun ein Team um Katharyn Duffy gezeigt, eine Ökoinformatikerin von der Northern Arizona University in den USA.

Ihre Studie, die im Fachjournal Science Advances veröffentlicht wurde, geht davon aus, dass Pflanzen immer weniger CO2 aufnehmen, wenn die Temperatur steigt, während sie gleichzeitig immer mehr CO2 abgeben – und zwar exponentiell.

Ab einem gewissen Schwellenwert ist die CO2-Abgabe größer als die Aufnahme, die Land-Ökosysteme werden von einer Kohlenstoffsenke zu einer Kohlenstoffquelle.

Und: Dieser Kipp-Punkt könnte nach den Berechnungen der Forschenden nicht erst Ende des Jahrhunderts erreicht sein, wie andere Studien nahelegen. Vielmehr könnte es bereits im Jahr 2040 zu einer annähernden Halbierung der Kohlenstoffspeicherung an Land kommen.

Die 30 Prozent menschengemachter CO2-Emissionen, die die Vegetation bislang schluckt, würden in diesem Szenario auf nur noch die Hälfte schrumpfen – und die Menschheit müsste noch viel größere Anstrengungen unternehmen, um die Klimakrise doch noch in den Griff zu bekommen.

Vereinfachte Methodik

Fachleute, die nicht an der Studie beteiligt waren, äußerten sich skeptisch. "Die Studie wirft zahlreiche Fragen auf", sagte etwa Matthias Forkel, Experte für Umweltfernerkundung an der Technischen Universität Dresden.

Verschiedene andere Prozesse, die die Kohlenstoffbilanz von Ökosystemen beeinflussen, seien methodisch stark vereinfacht oder gar nicht berücksichtigt worden, etwa der CO2-Düngeeffekt oder auch die Verfügbarkeit von Wasser und Nährstoffen. Aber: "Die Ergebnisse könnten realistisch sein."

Klar ist, dass weitere Forschung erforderlich ist, um die komplizierten Wechselwirkungen, die für die Land-Ökosysteme eine Rolle spielen, besser einzuschätzen. Klar ist aber auch, dass der Schutz der Wälder und Ökosysteme nicht erst beginnen kann, wenn alle Fragen beantwortet sind.

Anzeige