Weißer Zirruswolkenstreifen am blauen Himmel, durch den ein Flugzeug fliegt, von dem nur ein kleiner Kondensstreifen zu erkennen ist.
Jetstreams sind der Schlüssel zum Verständnis von Hitzewellen. (Foto: Márton Kállai/​Shutterstock)

Seit dem Frühjahr herrscht in weiten Teilen Europas wieder eine ausgedehnte Trockenheit mit hohen Temperaturen. Die Niederschläge erreichen nur noch 60 bis 80 Prozent der üblichen Menge, die sehr geringe Bodenfeuchte sorgt für Ernteausfälle, Wasserkraftwerke müssen gedrosselt oder abgeschaltet werden.

Besonders prekär ist die Lage in der Poebene in Norditalien. Doch auch in Deutschland wirkt sich die Trockenheit bereits aus. Viele Städte und Kreise haben die Wasserentnahme aus Flüssen, Bächen oder Seen auf bestimmte Tageszeiten beschränkt oder ganz untersagt. Waldbrände sorgen für Verwüstungen.

Ein Team des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) hat nun herausgefunden, warum Hitzewellen über Europa drei- bis viermal schneller zugenommen haben als in den übrigen mittleren nördlichen Breitengraden, etwa in den USA oder Kanada: Der doppelte Jetstream verweilt länger über Eurasien.

Der Jetstream ist ein schnell fließendes Windband, das die nördliche Hemisphäre der Erde in fünf bis zehn Kilometern Höhe von West nach Ost in Wellen umströmt. Angetrieben wird es vom Temperaturgefälle zwischen den äquatornäheren warmen Regionen und den kühleren Gebieten, die näher an den Polen liegen.

Wenn sich der Jetstream in zwei Zweige mit erhöhtem Wind aufteilt, spricht man vom Doppeljet. Dieser Doppeljet erklärt fast 100 Prozent des Aufwärtstrends bei den Hitzewellen in Westeuropa und etwa 30 Prozent im gesamten europäischen Raum, wie die PIK-Forscher:innen in der neuen Studie herausfanden.

Die Anzahl der Doppeljet-Ereignisse hat sich zwar nicht verändert, aber sie halten länger an. Zusätzlich zum menschengemachten Temperaturanstieg führt das zu stärkeren Hitzezuständen.

"Sommerliche Hitzewellen sind an sich kein neues Phänomen. Neu ist aber, dass extreme Hitzeereignisse in Europa in den letzten Jahren häufiger und intensiver aufgetreten sind", sagte Efi Rousi vom PIK, Hauptautorin der Studie. "Man denke nur an die trockenen und heißen Sommer 2018, 2019, 2020 und die jüngsten Hitzewellen in Europa."

Warme Arktis sorgt für anhaltende Doppeljet-Ereignisse

Die zunehmende Verweildauer von Doppeljet-Strömen trifft besonders Westeuropa und das Baltikum. "In dieser Region, die mit dem Ausgang der vom Nordatlantik nach Europa ziehenden Sturm-Bahn zusammenfällt, kommen die Wettersysteme normalerweise vom Atlantik und haben daher eine abkühlende Wirkung", erläuterte Rousi.

"Wenn es aber zum Doppeljet kommt, werden die Wettersysteme nach Norden abgelenkt und es können sich über Westeuropa anhaltende Hitzewellen entwickeln", so die Klimatologin.

Ausgelöst werden die Doppeljets durch unterschiedliche Ereignisse. Eine Ursache können zufällige Schwankungen in der Atmosphäre sein. Neu ist das lange Verbleiben der Windströme über einer Region.

Eine wahrscheinliche Erklärung für das hartnäckige Verweilen der Doppeljets ist die besonders starke Erwärmung der Polarregionen. Als Konsequenz nimmt das Temperaturgefälle, das den Jetstream antreibt, ab, die Wellenbewegung des Jetstreams schlägt weiter aus und die Wetterlage bleibt länger über einem Gebiet bestehen.

"Unsere neuen Ergebnisse machen deutlich, wie wichtig es ist, die dynamischen Prozesse in der Atmosphäre zu verstehen, um künftige Risiken vorherzusehen", sagte PIK-Mitautor Kai Kornhuber. "Klimamodelle neigen dazu, extreme Wetterrisiken zu unterschätzen."

Efi Rousi fasst es so zusammen: "Doppelte Jetstreams und ihre zunehmende Verweildauer sind der Schlüssel zum Verständnis der aktuellen und zukünftigen Hitzewellenrisiken über Westeuropa."