Das Umweltbundesamt (UBA) warnt davor, dass es 2018 zu einem zweiten "Jahrhundertsommer" nach 2003 kommen kann, und fordert mehr Anstrengungen in der Klimapolitik und zur Anpassung an den Klimawandel – vor allem für die hitzegeplagten Bewohner in den Städten und für die Landwirtschaft.
UBA-Präsidentin Maria Krautzberger sagte gegenüber Klimareporter°: "Der Mai war der wärmste Monat seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881. Es ist anhaltend trocken und heiß – das könnte darauf hindeuten, dass es nun schon zum zweiten Mal in diesem Jahrhundert einen Jahrhundertsommer geben wird." Ungewöhnlich sei, dass Hitze und Trockenheit so lange andauern, nicht so sehr die Höhe der gemessenen Temperaturen.
Die Folgen seien schon jetzt schwerwiegend. "So steigt die Waldbrandgefahr, Infrastrukturen wie Autobahnen oder Flughäfen werden beschädigt. Auf Flüssen wie Elbe und Rhein herrscht Niedrigwasser, und die Landwirtschaft muss Ernteeinbußen hinnehmen."
Der Hitzesommer 2003 verursachte europaweit rund 15 Milliarden Euro an Schäden. Außerdem kam es zu rund 70.000 vorzeitigen Todesfällen, vor allem bei Alten und Kranken.
Der Sommer 2018 zeige einmal mehr, "dass wir uns an die Folgen des Klimawandels anpassen müssen", sagte Krautzberger. In den Städten brauche es Grünflächen und Frischluftschneisen, die für Abkühlung sorgen. Wichtig seien zudem "Hitze-Aktionspläne" und Warnsysteme.
Für die Landwirtschaft empfahl die UBA-Chefin, hitzeresistentere Sorten zu nutzen, Fruchtfolgen zu ändern und Monokulturen zu verringern. "In der Forstwirtschaft brauchen wir – nicht zuletzt mit Blick auf die Waldbrandgefahr – vor allem Mischwälder. Das ist auch gut für die Biodiversität", sagte sie.
Krautzberger kritisierte weiter, dass Deutschland seine Klimaziele zu verfehlen droht. Der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung sehe zwar ambitionierte CO2-Minderungen vor. "Leider stellen wir fest, dass seine Umsetzung nur sehr schleppend vorankommt. Schon das Ziel für 2020, 40 Prozent weniger Treibhausgase freizusetzen als 1990, werden wir verfehlen", sagte sie.
Die notwendigen Maßnahmen in der Energiewirtschaft, im Verkehr oder dem Gebäudesektor seien bekannt, die wirtschaftlichen Folgen durchgerechnet und vertretbar. "Jetzt müssen Taten folgen."
SPD-Klimapolitiker beklagt mangelnden Elan
Der SPD-Klimaexperte Frank Schwabe forderte unterdessen "neuen Schwung durch ein Klimagesetz". Das Gesetz müsse den Rahmen für alle anderen Gesetze bilden, um die Klimaziele "endlich umzusetzen". Zwar wüssten alle, was zu tun sei, aber das Beharrungsvermögen sei noch zu stark, sagte Schwabe gegenüber Klimareporter°.
Im schwarz-roten Koalitionsvertrag ist festgelegt, dass ein solches Klimagesetz des Bundes im nächsten Jahr verabschiedet werden soll, um das CO2-Reduktionsziel für 2030 – minus 55 Prozent gegenüber 1990 – wirklich einzuhalten. Erreicht waren Ende 2017 erst rund minus 28 Prozent. Zu Trockenheit und Hitzewelle sagte Schwabe: "Es ist das eingetreten, vor dem eine Generation von Wissenschaftlern gewarnt hat."
Der Kieler Klimaforscher Mojib Latif hatte jüngst im Interview mit Klimareporter° kritisiert, dass "Deutschland sich de facto vom Klimaschutz verabschiedet hat". Im Koalitionsvertrag stehe dazu nichts Konkretes, und die Bundesregierung sei offenbar nicht gewillt, "zügig aus der schmutzigen Braunkohle auszusteigen".
"Latif trifft den Nagel auf den Kopf", sagte der Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Anton Hofreiter. "Merkels Klimaschutzpolitik verdient ihren Namen nicht und beschränkt sich auf schöne Worte auf internationalen Konferenzen." In Deutschland sei Merkel "nur Kohle- und Dieselkanzlerin" und blockiere die Energie- und Verkehrswende, so Hofreiter. "Damit befeuert sie wider besseres Wissen den Klimawandel."