Die Waldbesitzer fordern von Politik und Gesellschaft mehr Unterstützung, um die Wälder an den Klimawandel anpassen zu können. Die Veränderungen im Klima seien "die größte Bedrohung für unsere Wälder und damit die größte Herausforderung für die rund zwei Millionen Waldeigentümer in Deutschland", sagte der Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände, Philipp zu Guttenberg, gegenüber Klimareporter°.
Die Schäden durch Stürme, Trockenheit und Insekten nehmen Guttenberg zufolge auch in Deutschland deutlich zu. "Um den Wald an diese Veränderungen anzupassen, benötigen die Waldbesitzer die Unterstützung der Gesellschaft", sagte er. Der Umbau zu "klimafitten Wäldern" brauche lange Zeit und koste viel Geld.
Gestern hatte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) eine staatliche Finanzspritze für die Landwirtschaft angekündigt. Dabei geht es allerdings um akute Hilfe für Bauern, die durch dürrebedingte Einbußen in ihrer Existenz gefährdet sind, nicht um die langfristige Umstellung der Branche.
Ein Großteil der jungen Bäume ist vertrocknet
Guttenberg betonte, es gebe aufgrund der vielfältigen positiven Waldfunktionen für die gesamte Gesellschaft "wohl kein lohnenderes Investment, als die Wälder zukunftsfähig zu gestalten". Wald und Holzgebrauch seien der effektivste Hebel, um den CO2-Ausstoß zu mindern. "Dafür müssen wir aber auch noch in den nächsten Generationen unsere Wälder nachhaltig bewirtschaften können", meinte er.
Der Bund Deutscher Forstleute (BDF) betonte, dass vor allem die zahlreichen Besitzer von Kleinst-Waldflächen in die Lage versetzt werden müssten, ihren Wald nach guter fachlicher Beratung zu bewirtschaften und klimaangepasst umzubauen.
"Gerade auf den überwiegend kleinen Flächen, die keinen großen Ertrag abwerfen, ist die Beratung durch Forstleute umso wichtiger", sagte der BDF-Bundesvorsitzende Ulrich Dohle. Das gehe nur mit direkter Förderung. Zudem brauche es mehr Geld für die Forschung zu zukünftig geeigneten Baumarten und einen schnelleren Waldumbau in stabile Mischwälder.
Genaue Zahlen zu den Schäden, die in diesem Jahr durch die lang anhaltende Trockenheit und Hitze entstanden sind und noch entstehen, gibt es noch nicht. Sie könnten sich aber auf mehrere hundert Millionen bis zu einer Milliarde Euro summieren.
So schätzt der Deutsche Forstwirtschaftsrat (DFWR), dass ein Großteil der rund 500 Millionen Setzlinge, die jedes Jahr in den Wäldern nachgepflanzt werden, in diesem Jahr vertrocknet ist – am stärksten betroffen sind wie in der Landwirtschaft der Norden und Osten des Landes. Teilweise hat der Wassermangel auch die jungen Pflanzen aus den Vorjahren erwischt, deren Wurzeln noch nicht tief genug in die Erde reichen.
Insgesamt seien schätzungsweise 750 Millionen Setzlinge betroffen, sagte Ratspräsident Georg Schirmbeck. Da eine Pflanze im Schnitt 1,20 Euro koste, könnten allein dadurch hunderte Millionen Euro an Schäden entstehen.
Hinzu kämen Einnahmeverluste durch die langfristigen Schäden in den Waldbeständen, die sich derzeit nur schwer beziffern ließen, so der DFWR. Sie machten sich erst in den nächsten Jahren und Jahrzehnten bemerkbar. Schirmbeck: "Mittlerweile müssen wir von einer Jahrhundertkatastrophe sprechen."
Greenpeace: Waldbesitzer nicht ganz unschuldig
Gebeutelt wird der Wald neben den Ausfällen beim Nachwuchs derzeit auch durch weitere Folgen der Trockenheit – Waldbrände sowie Schäden durch den Borkenkäfer, die vor allem hitzegestresste Nadelbäume dahinraffen.
So sind in Baden-Württemberg in diesem Jahr schon fast 350.000 Festmeter Nadelholz wegen der Trocken- und Insektenschäden eingeschlagen worden – zehn Prozent der insgesamt eingeschlagenen Menge, wie das Landwirtschaftsministerium in Stuttgart mitteilte.
Gesunder Wald hilft beim Klimaschutz
Bäume entziehen der Atmosphäre beim Wachsen durch die Fotosynthese Kohlendioxid. Klimaforscher sprechen daher von der "CO2-Senken-Funktion" der Wälder – im Gegensatz zu den "CO2-Quellen", zu denen etwa Kraftwerke und Autos gehören. Die Wälder binden hierzulande im Schnitt rund 14 Prozent der deutschen CO2-Emissionen. In diesem Jahr dürfte der Anteil niedriger liegen, weil die Trockenheit ausgerechnet in der Hauptwachstumsphase der Bäume im Frühjahr begann.
Eine Borkenkäferart, der Buchdrucker, befällt vor allem Fichten, deren Abwehrkräfte durch die Trockenheit geschwächt sind. In diesem Jahr hat der Käfer in vielen Regionen bereits eine dritte Generation angelegt, was in kühleren, feuchteren Jahren nicht geschieht, und das extrem früh.
Das Stuttgarter Ministerium spricht insgesamt von "besorgniserregenden Entwicklungen im Wald". Es sei zu befürchten, dass auch viele Bäume, die Trockenheit und Borkenkäfer-Druck standhalten, geschwächt ins nächste Jahr gehen.
Auch die Umweltorganisation Greenpeace spricht sich dafür aus, Waldeigentümern Entschädigungen und Hilfen zu zahlen, wenn sie – zum Beispiel durch Waldbrände – besonders stark betroffen sind. Allerdings müsse dies an Bedingungen gebunden werden, sagte ihr Waldexperte Christoph Thies gegenüber Klimareporter°.
Der Wald solle naturnah bewirtschaftet werden und es sollten mehr standortangepasste Laubbäume gepflanzt werden, die trockenheitsresistenter sind als die Nadelbäume, die viele Waldbesitzer wegen ihres schnellen Wuchses bevorzugen. "Bisher stehen massenhaft Fichten in Regionen, wo sie nicht hingehören", sagte Thies. Diese Bäume seien dann besonders anfällig.
Der Greenpeace-Experte forderte auch, die CO2-Speicherfunktion der Wälder zu stärken. Die Waldeigentümer sollten die Bäume erst später als heute üblich "ernten", damit sie mehr Holzmasse bilden und dadurch zusätzlich Kohlenstoff einlagern können.
"Heute werden viele Bäume gefällt, noch bevor sie die Hälfte ihres normalen Lebensalters erreichen", sagte Thies. Zudem sei es wichtig, das Holz dann zuerst für möglichst langlebige Zwecke – wie Möbel oder Holzhäuser – zu nutzen und nicht als Heizstoff oder für Wegwerf-Produkte.