Kohlekraftwerk Grevenbroich RWE
Das RWE-Kraftwerk Frimmersdorf in Grevenbroich verfeuert schon keine Braunkohle mehr. Die anderen Kohlekraftwerke sollen zügig folgen, fordern die Umweltverbände. (Foto: Patrick Pekal/​Flickr)

Noch vor der Sommerpause soll die Bundesregierung Maßnahmen zum Einsparen von Treibhausgasen ergreifen. Die Politik müsse ein Gesetzespaket vorlegen, mit dem das 40-Prozent-Reduktionsziel für 2020 schnellstmöglich und die 2030er Ziele für die einzelnen Sektoren sicher erreicht werden, forderte ein breites Bündnis aus Umweltverbänden am heutigen Mittwoch in Berlin. Dafür müsse die Bundesregierung zügig den Ausstieg aus der Kohleverstromung regeln.

"Die erforderlichen Schritte sind alle bekannt, in vielen Sektoren liegen Maßnahmen vor dem Tor, jetzt müsste nur noch der Ball reingeschossen werden", sagte Tobias Pforte-von Randow vom Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring. Weitere Verzögerungen seien nicht mehr hinnehmbar.

"Wenigstens den Kohlekompromiss zügig umsetzen"

Im Energiesektor lässt sich der Ausstoß von Treibhausgasen nach Ansicht der Umweltverbände relativ zügig senken. Dafür müssten die Kohlekraftwerke vom Netz gehen. Doch die Politik scheue sich, den Ausstieg aus der Kohleverstromung einzuleiten, und habe deshalb die Kohlekommission eingesetzt, die vor zwei Monaten ihren Abschlussbericht vorgelegt hatte.

"Der Kohlekompromiss reicht klimapolitisch nicht aus, aber die Bundesregierung muss ihn nun so umsetzen", sagte Tina Löffelsend, Leiterin für Energiepolitik beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Sonst werde der Kompromiss brechen.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte Ende Januar eine gründliche Prüfung des Kohle-Kompromisses angekündigt. Aus Sicht der Umweltverbände lässt sich das Ministerium damit aber zu viel Zeit. Dem Vernehmen nach gab es bisher nur ein erstes Treffen mit den Kraftwerksbetreibern. Die Gespräche müssen aus Sicht der Umweltverbände endlich Fahrt aufnehmen.

Zügiger kommt die Politik bei der Bereitstellung der geplanten Strukturhilfen für die Kohle-Abbau-Regionen voran. Bis zum Mai soll dazu ein Beschluss des Kabinetts vorliegen. "Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Strukturwandelmaßnahmen nicht mit der Klimaschutzgesetzgebung verzahnt werden", sagte BUND-Expertin Löffelsend. Klimaschutz und Strukturhilfen müssten sachlich und zeitlich in einem Kohleausstiegsgesetz miteinander abgestimmt und bis zum Sommer verabschiedet werden.

Aus dem Wirtschaftsministerium hieß es zu den Vorwürfen, die Empfehlungen der Kohlekommission würden noch geprüft. "Die Bundesregierung wird zeitnah Vorschläge machen, wie der Strukturwandel in den betroffenen Kohleregionen unterstützt werden kann", sagte ein Sprecher. Sowohl der Strukturwandel in den Regionen als auch der schrittweise Kohleausstieg würden in enger Abstimmung mit Ländern, Regionen und den Unternehmen vorbereitet. Einen genauen Zeitplan könne man nicht nennen.

Politikverweigerung beim Verkehr

Im Verkehr könnten nach Ansicht der Umweltschützer ein Tempolimit oder verbindliche Quoten für den Anteil von Elektroautos den Treibhausgasausstoß verringern. Auch ein Bonus-Malus-System, das große, klimaschädliche Autos teurer machen und klimafreundliche fördern würde, sei möglich.

In das gestern beschlossene Klimapapier der Verkehrskommission haben es diese Instrumente aber nicht geschafft. Die Klima-Arbeitsgruppe der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission einigte sich – nachdem Minister Andreas Scheuer (CSU) die oben genannten Maßnahmen ausgeschlossen hatte – auf Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr, die Bahn und die Digitalisierung des Verkehrs.

Michael Schäfer, bei der Umweltstiftung WWF zuständig für Klimaschutz und Energiepolitik, nannte den Zwischenbericht der Kommission ein "verheerendes Nicht-Ergebnis". Klimaschutz sei eine Modernisierungsstrategie für Deutschland, aber der Verkehrsminister habe mit seinen Eingriffen die Arbeit der Kommission blockiert. "Neben dem Klimarahmengesetz brauchen wir ein ganzes Paket an Maßnahmen, um die Emissionen zügig zu senken", betonte Schäfer.

Deutschland sei "meilenweit" von seinem Ziel entfernt, den Treibhausgasausstoß bis 2020 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken, sagte der WWF-Experte. Auch mit der Einhaltung der europäischen Verpflichtungen hapere es. Deutschland sei längst zum "Klimaschutz-Faultier" geworden, beim Klimaschutz brauche es aber die Geschwindigkeit eines Geparden.

Deutschland soll nicht länger den EU-Bremser geben

"Noch vor der Sommerpause muss die Bundesregierung ein Gesetzespaket für das Erreichen der Klimaziele in allen Sektoren vorlegen", forderte Schäfer. Das geplante Klima-Kabinett könne trotz seines Geburtsfehlers diesen Auftrag übernehmen und notwendige Maßnahmen auf den Weg bringen.

Auf europäischer Ebene soll sich Deutschland endlich wieder stärker für Klimaschutz einsetzen, verlangten die Umweltverbände. In der Vergangenheit hatte die Bundesregierung immer wieder klimapolitische Beschlüsse der EU-Ebene torpediert. Auch den Vorstoß der EU-Kommission, die EU bis 2050 klimaneutral zu machen, unterstützt Deutschland bislang kaum.

"Der Vorschlag der Kommission ist nur klimapolitisches Mindestmaß", sagte Audrey Mathieu von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. Für das Ziel des Paris-Abkommens, die Erhitzung des Planeten auf 1,5 Grad zu begrenzen, reiche das nicht. Der EU-Zukunftsgipfel Anfang Mai im rumänischen Sibiu müsse deshalb ein Klima-Gipfel werden.

Der Beitrag wurde am 28. März aktualisiert.

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