Das Gesetzespaket, mit dem der Kompromiss der Kohlekommission umgesetzt werden soll, nimmt langsam Gestalt an. Geplant ist ein Staatsvertrag zwischen dem Bund und den vier betroffenen Bundesländern. Ein sogenanntes Maßnahmegesetz soll die Strukturhilfen regeln, die sich um Investitionen in die Infrastruktur, Anreize für Unternehmen und die Ansiedlung von Bundesbehörden drehen.
Dazu kommt – auf Verlangen der Länder – ein Planungsbeschleunigungsgesetz, um die lange Wunschliste der Kohleländer zum Ausbau von Straßen und Schienen schneller abarbeiten zu können. Nach den Angaben von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) wird auch an einem Sofortprogramm für die Regionen im Umfang von 150 Millionen Euro gearbeitet.
Vor dem gestrigen Treffen mit den Ministerpräsidenten der vier Braunkohleländer hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärt, man werde Bericht der Kohlekommission "sorgsam prüfen". Merkel lobt dabei die Tatsache, dass sich eine "aus so unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen zusammengesetzte Kommission geeinigt hat". Diese Gruppen, so Merkel, würden sich dann in der Umsetzung auch wiederfinden wollen.
Zur Finanzierung der im Raum stehenden 40 Milliarden Euro für die Kohleregionen äußerte sich die Kanzlerin zurückhaltend. Man könne derzeit nicht sagen, was zusätzliche und was nicht zusätzliche Mittel seien, weil die mittelfristige Finanzplanung des Bundes bisher im Jahr 2023 endet, sagte Merkel nur.
Was die laufende Legislatur betrifft, so erteilte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zusätzlichen Mitteln für die Kohleregionen vorerst eine Absage. Zwar hält der Finanzminister die 40 Milliarden Euro für eine "plausible Annahme", wie er gegenüber dem Handelsblatt betonte, allerdings müsse die Summe aus den laufenden Etats der Bundesministerien geleistet werden.
Es seien bereits "hohe Investitionsmittel" vorgesehen, die sich in den Etats des Verkehrs-, des Wirtschafts-, des Wissenschafts- oder des Bauministeriums befänden, sagte Scholz. Nach seinen Worten ist es auch den Ministerpräsidenten der Länder wichtig, dass die Vorhaben vor allem aus den vorhandenen Budgets des Bundeshaushalts finanziert werden.
"Die Landesregierung muss dem Treiben von RWE Einhalt gebieten"
Während die Politik noch am Anfang der Beratungen steckt, will der Kohlekonzern RWE, bei dessen Kraftwerken die Kohlekommission die Abschaltung weiterer 3.100 Megawatt Braunkohlekapazität empfiehlt, offenbar schnell noch Fakten schaffen, wie das Bündnis "Alle Dörfer bleiben" beklagt.
So schlage RWE derzeit eine breite Schneise in einen Wald nahe dem Dorf Kuckum am Tagebau Garzweiler. Der Konzern wolle dort eine Umgehungsstraße bauen, die aber frühestens in acht Jahren gebraucht werde – und das auch nur für den Fall, dass die Garzweiler-Dörfer tatsächlich dem Tagebau zum Opfer fallen, wie das Bündnis betont.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hatte dagegen kürzlich in einer Studie errechnet, dass die schon heute erschlossenen Kohlemengen in den Tagebauen Garzweiler II und Hambach in Nordrhein-Westfalen ausreichen, ohne dass Dörfer zerstört werden – sofern das Votum der Kohlekommission bestätigt wird.
Für Antje Grothus, die in der Kohlekommission die rheinischen Tagebaubetroffenen vertrat, gefährdet RWE mit seinem Vorgehen den Kohlekompromiss. "Die Landesregierung muss dem zerstörerischen Treiben von RWE Einhalt gebieten und endlich mit den Betroffenen vor Ort in einen Dialog um die Umsiedlungen treten", verlangte Grothus. Ziel müsse sein, weitere Devastierungen zu vermeiden. Die Landespolitiker dürften diese Herausforderung nicht aussitzen, bis RWE "alles zu seinen Gunsten geregelt hat".
Für den heutigen frühen Nachmittag hat das Aktionsbündnis "Ende Gelände" angekündigt, mit massenhaften Blockaden rund um das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin gegen das "Versagen" der Kohlekommission zu protestieren. Man tue das "stellvertretend für die Mehrheit der Menschen in Deutschland, die einen schnellen Kohleausstieg und mehr Klimaschutz wollen", erklärte Nike Mahlhaus von "Ende Gelände".