Svenja Schulze
Svenja Schulze will das Klima retten – und legt trotz Gegenwind aus der Union ihren Gesetzentwurf vor. (Foto: Espen Eichhöfer/​BMU)

Die Parteienkollegen stellen sich erwartungsgemäß hinter Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD), die Anfang der Woche ihren Entwurf für ein Klimaschutzgesetz an das Kanzleramt übermittelt hatte. Unterstützung für den Schritt bekam die Ministerin auch von Vizekanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Die Regierung wolle das Gesetz in diesem Jahr verabschieden, sagte Scholz dem Sender RBB.

Er sei optimistisch, dass das klappe. Alle Ressorts hätten sich verpflichtet, Vorschläge zu machen, wie Deutschland seine Klimaziele erreichen kann. Wenn es gelinge, jetzt die Weichen zu stellen, werde das Deutschland nutzen, betonte Scholz.

Für einzelne Sektoren wie Verkehr, Landwirtschaft, Industrie und Gebäude sieht Schulzes Gesetzentwurf konkrete Emissionsbudgets vor. Der jeweils zuständige Minister ist dafür verantwortlich, dass die Emissionsminderungen erreicht werden. Werden die Ziele verfehlt, müssen die Ministerien für etwaige Strafzahlungen auf ihr eigenes Budget zurückgreifen.

In den vergangenen Wochen hatte Schulze bei dem Gesetzesvorhaben erheblichen Widerstand zu spüren bekommen. Die Vorstellungen der Ministerin seien weit von den Vereinbarungen des Koalitionsvertrages entfernt, monierten Unionspolitiker.

Wie erwartet warnte die FDP heute vor staatlichen Eingriffen. Statt die europäische Klimapolitik durch Ausweitung des Emissionshandels in Deutschland zu stärken, wolle die Umweltministerin die "Klima-Planwirtschaft" durch nationale CO2-Mengen auf die Spitze treiben, twitterte der klimapolitische Sprecher der FDP-Fraktion Lukas Köhler. Das Gesetz sei schlimmer als befürchtet. Köhler forderte Unionspolitiker auf, "diesen Irrsinn" gemeinsam zu stoppen.

Zuspruch von Grünen, Linken und Erneuerbaren-Branche

Dagegen sicherte die Linksfraktion Schulze zu, sie bei dem Gesetzesvorhaben zu unterstützen. "Mit den Entwurf-Vorgaben rücken die Pariser Klimaziele in greifbare Nähe, es handelt sich erstmals um echtes Klima-Ordnungsrecht statt unverbindlicher Gummi-Paragrafen", sagte Lorenz Gösta Beutin, Klimaexperte der Linkspartei.

Ob sich Schulzes Vorgehen, erst übers Kabinett und dann über die Ressortabstimmung zu gehen, auszahlt, bezweifelt Beutin dennoch und mutmaßt, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Schulze auflaufen lassen wird.

Zuspruch für das Vorgehen der Umweltminsterin kam auch von den Grünen im Bundestag. "Es ist gut, dass die Umweltministerin nun ihre Kabinettskollegen beim Klimaschutz treibt", sagte Fraktionschef Anton Hofreiter. Entscheidend werde sein, ob sich Schulze durchsetze. "Es wäre absolut inakzeptabel, wenn die Bundesregierung kein echtes Klimaschutzgesetz auf den Weg bringt und den Klimaschutz weiter vertagt."

Kanzlerin Merkel äußerte sich bislang nicht zu dem Streit. Auch ihr Regierungssprecher Steffen Seibert blieb vage. Die Bundesregierung wolle dieses Jahr gesetzliche Regelungen verabschieden, um die Einhaltung der Klimaschutzziele für 2030 zu gewährleisten, sagte Seibert.

Vom Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) kamen lobende Worte. Der Entwurf sei mutig und habe Vorbildcharakter, sagte BEE-Chefin Simone Peter. "Die Bedeutung des Klimaschutzgesetzes liegt darin, dass nicht nur Ziele proklamiert werden, sondern ein konkreter Rahmen festgelegt wird, innerhalb dessen die Ziele erreicht werden."

"Noch zu wenig Ehrgeiz gemessen an der Klimakrise"

Die Klima-Allianz Deutschland kritisierte hingegen die mangelnden Ambitionen des Gesetzes. "Gemessen an der Klimakrise müsste das Gesetz deutlich ehrgeiziger ausfallen", sagte die Geschäftsführerin des zivilgesellschaftlichen Bündnisses Christiane Averbeck. Die im Klimaschutzplan 2050 formulierten Sektorziele für 2030, an denen sich der Gesetzentwurf orientiere, seien nicht kompatibel mit den Klimazielen von Paris.

Aus der Wissenschaft kam dazu Widerspruch. "Der Entwurf zum Klimaschutzgesetz liegt auf der Linie dessen, was auch der Weltklimarat IPCC in seinem jüngsten Sonderbericht zum 1,5-Grad-Ziel ausgeführt hat", sagte Sabine Fuss vom Berliner Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC). Fuss hatte selbst an dem Sonderbericht als Leitautorin mitgewirkt.

"Die Treibhausgas-Emissionen müssen in den kommenden Jahrzehnten schnell und deutlich in Richtung null gebracht werden", so Fuss. Wegen der verbleibenden Lücke müsse aber jetzt auch für die CO2-Entnahme aus der Luft etwas getan werden, damit die Technologien mittelfristig zur Verfügung stünden.

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