strahlend blauer Himmel, weiße Wolken und Flugzeug von unten
Kein Verkehrsmittel heizt die Atmosphäre mehr auf als das Flugzeug. (Foto: Pexels/​Pixabay)

Wofür haben Sie sich zuletzt geschämt? In Schweden ist ein Trend entstanden, der mit Peinlichkeit Großes erreichen will. Seine Vertreter empfinden und bewerben "flygskam", also "Flugscham", um den klimaschädlichen Luftverkehr einzudämmen.

Dass das Flugzeug für die Bewohner der reichen Nordhalbkugel zum Massenverkehrsmittel geworden ist, ist tatsächlich dramatisch und muss sich ändern. In Tausenden Metern Höhe richten Abgase noch viel mehr Schaden an als am Boden. Klimaschädlich ist nicht nur das bloße Kohlendioxid, das beim Verbrennen von Kerosin entsteht. Zusätzlich heizen Flugzeuge die Atmosphäre durch die Bildung von Schleierwolken sowie Kondensstreifen und den Aufbau des Treibhausgases Ozon auf.

Aber ist die richtige Antwort darauf ein Appell an das Schamgefühl? Nein.

In geringen Dosen hat Scham nützliche Funktionen für den Zusammenhalt von Gemeinschaften. Wer in ein Fettnäpfchen getreten ist, signalisiert durch einen roten Kopf, dass ihm der Fehltritt bewusst ist – und dass keine Wiederholungsgefahr besteht.

Kollektiver Wandel statt vereinzelter Scham

Scham gezielt auszulösen ist aber Demütigung, selbst wenn es für höhere Ziele wie den Klimaschutz passiert. Das Gefühl signalisiert Achtungsverlust und Unzulänglichkeit, nagt am Selbstwert, hinterlässt Ohnmacht.

Auf so einer Basis trifft kein Mensch Entscheidungen, die sich frei anfühlen. Vor allem, solange das Reisen an ferne Ziele für Selbstverwirklichung, Weltoffenheit und Status steht. Die Beschämten wenden sich im schlimmsten Fall den politischen Kräften zu, die mit falschen Behauptungen Erlösung von der Schmach versprechen: den Rechten, die die Klimakrise abstreiten oder zumindest kleinreden.

Scham vereinzelt, sie lässt allein. Das ist genau das Gegenteil von dem, was wirksamen Klimaschutz ausmacht: kollektiver Wandel. Die Politik kann dafür zumindest Weichen stellen. Sie kann dafür sorgen, dass die Preise für Mobilität die schmutzige Wahrheit abbilden: Fliegen verursacht der Allgemeinheit enorme Kosten, ist aber trotzdem oft billiger als Zugfahren, weil die Fluggesellschaften nicht für ökologische Schäden aufkommen.

Susanne Schwarz ist Redakteurin bei Klimareporter°.

Das kann man durch Gesetze ändern, genau wie die Mindesthöhe von Einkommen und Sozialleistungen, damit sich wirklich alle die Zugtickets leisten können.

In eine Welt, in der der geistige und räumliche Horizont auf der Grenze des Heimatdorfs liegt, kann und will schließlich niemand zurück.

 

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