Ein Segelschiff des Deutschen Evangelischen Kirchentages legt am Rheinufer neben der Hohenzollernbrücke in Köln an
Koggen segelten einst emissionsfrei den Rhein hinauf bis nach Köln. Dieser Nachbau, der evangelische Kirchentagsbesucher in die Stadt bringt, hat auch einen Dieselmotor, muss aber ein Tempolimit nicht fürchten. (Foto: Immanuel Giel/​Wikimedia Commons)

Ein Tempolimit in Deutschland? Das ist eine Frage, mit der man garantiert Emotionen auslöst. Zuletzt konnte das die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker erleben, als sie eine Idee suchte, um dem Dicke-Luft-Problem in der Metropole am Rhein beizukommen.

Die parteilose Politikerin forderte, das Tempo der Rheinschiffe zu drosseln, die auf dem großen Fluss mitten durch die Stadt tuckern. Es sei "unumgänglich, sowohl für die Personen- als auch für die Frachtschifffahrt" ein Tempolimit zu verhängen. Grund: Die Rheinschiffe mit ihren rauchenden Schornsteinen seien für einen großen Teil der Luftverschmutzung in Köln verantwortlich.

Köln muss sich, wie viele andere Großstädte in Deutschland, gemäß einem Urteil des zuständigen Verwaltungsgerichts auf Fahrverbote für Diesel-Autos vorbereiten. Ärger ist auch hier vorprogrammiert. Schon verständlich, dass Politiker da versuchen, den Zorn umzuleiten.

Dass die Diesel-Pötte auf dem Wasser nun wirklich keine Luftverbesserer sind, ist inzwischen bekannt. Es gibt wissenschaftliche Studien dazu. Und dass sie durchaus einen spürbaren Teil der Belastung in der Stadt ausmachen, bestreitet auch niemand – jedoch ist nur die Luft nahe der Ufer belastet. Ob ein Tempolimit da die generelle Lösung bringt, muss bezweifelt werden.

Tempolimits sind sinnvoll – auf der Straße

Tatsächlich sind die Rheinschiffe im Normalbetrieb schon heute recht langsam unterwegs – stromaufwärts mit Tempo acht bis zehn, stromabwärts mit bis zu Tempo 20. Wird langsamer gefahren, brauchen die Schiffe auch länger für die Passage und nebeln Köln dann zwar etwas weniger, dafür aber kontinuierlicher ein. Mit einem Tempolimit auf dem Wasser kommt man dem Problem da nicht bei.

Joachim Wille ist Chefredakteur des Onlinemagazins Klimareporter°.

Der Reker-Verstoß war also ein Rohrkrepierer. Schade insofern, als das Thema Tempolimits eine neue, sachliche Debatte durchaus vertragen könnte. Und zwar nicht, um vom Hauptthema abzulenken – im Gegenteil.

Die Argumente, die etwa das Umweltbundesamt für eine generelle Geschwindigkeitsbremse auf den Autobahnen ins Feld führt, sind ja triftig: Tempo 120 würde die deutsche CO2-Bilanz um etwa drei Millionen Tonnen jährlich entlasten. Zudem würde es den Autoverkehr langfristig umweltfreundlicher machen, da der Anreiz zur PS-Hochrüstung der Neuwagen entfiele.

Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland hat übrigens in dieser Woche beschlossen, eine öffentliche Petition an den Bundestag starten, um für ein Tempolimit zu werben. Mal sehen, ob das was hilft.

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