TV- oder Computer-Bildschirme in OLED-Technologie, biegsame Solarmodule, Sensoren in Textilien – der Trend geht zur "organischen Elektronik", bei der statt Metallen elektrisch leitfähige Kunststoffe benutzt werden.
Der Vorteil: Sie kann helfen, seltene und teure Rohstoffe zu ersetzen, und zur CO2-Einsparung beitragen.
Doch es droht damit auch ein neues Recyclingproblem. Nötig sei eine "Kreislaufstrategie" für die neuartigen Materialien, fordert jetzt ein Team von deutschen, britischen und US-amerikanischen Materialwissenschaftlern.
Bei der "Polytronik", wie die organische Elektronik auch genannt wird, werden die kunststoffbasierten Bauteile oftmals in hauchdünnen Schichten auf biegsame Trägermaterialien aufgebracht. Sie besitzen dadurch ein breiteres Einsatzspektrum als kristalline Materialien und sparen Material ein.
So kann bei den neuartigen Solarzellen wie auch bei anderen Anwendungen auf seltene, teure und zum Teil giftige Rohstoffe wie Silber, Platin oder Iridium verzichtet werden. Silberpaste wird zum Beispiel in 90 Prozent aller Silizium-Solarzellen eingesetzt.
Schon heute hat die organische Elektronik enorme Zuwachsraten im Bereich der OLED-Technologie, die vor allem bei TV- oder Computerbildschirmen genutzt wird.
Das Expertenteam argumentiert, die Entwicklung der organischen Elektronik habe angesichts des starken Wachstums und bei einem Markt von weltweit über 25 Milliarden US-Dollar allein bei den OLED-Displays einen "kritischen Punkt" erreicht. So werde die eigentlich ökologisch sinnvolle Technologie oftmals so in die Geräte eingebaut, dass das Material nicht wiederverwendet werden kann.
Ein besonders krasses Beispiel seien organische Sensoren in Textilien, die eine extrem geringe Lebensdauer haben. Aber auch die Effizienz der Bauteile sei noch verbesserungsfähig.
"Gerade die angewandte Forschung muss jetzt die Weichen dafür stellen, dass elektronische Bauteile in allen Einzelkomponenten und über den gesamten Lebenszyklus hinweg einen möglichst geringen ökologischen Fußabdruck hinterlassen", sagte Christoph Brabec, Co-Direktor des Helmholtz-Instituts für Erneuerbare Energien in Erlangen und Professor für Werkstoffwissenschaften an der dortigen Uni.
Brabec hat zusammen mit den Forscherkollegen kürzlich einen Report zu dem Problem im Fachjournal Nature Materials veröffentlicht.
Wiederverwertung schon im Labor einbeziehen
Wichtig ist laut den Forschern die Weiterentwicklung der Polytronik selbst, denn durch neue Materialien und effizientere Herstellungsverfahren ließen sich Produktionsaufwand und Energieeinsatz reduzieren. Sie schlagen vor, günstigere und umweltfreundlichere Syntheseprozesse zu etablieren – zum Beispiel durch Aufdrucken im Tintenstrahlverfahren.
Brabec: "Eine große Herausforderung dabei ist, Materialien zu entwickeln, die ohne giftige und umweltschädliche Lösemittel verarbeitet werden können." Im Falle von OLED-Displays biete der Tintenstrahldruck auch die Chance, Edelmetalle wie Iridium und Platin durch organische Materialien zu ersetzen.
Weiterer Punkt: die Stabilität der Materialien während der Nutzung. Bisher müssen zum Beispiel bei organischen Solarmodulen die aufgedampften Kohlenstoffschichten aufwändig verkapselt werden, um sie vor Umwelteinflüssen zu schützen. Bessere Werkstoffkombinationen könnten hier zu einer deutlichen Material-, Gewichts- und Energieersparnis beitragen.
Brabec fordert: "Wir müssen damit beginnen, das Recycling bereits im Labor zu berücksichtigen." Mit sogenannten Multilayer-Designs könne schon bei der Konstruktion dafür gesorgt werden, dass sich verschiedene Materialien am Ende des "Produktlebens" leicht voneinander trennen und recyceln lassen.
"Dieser Cradle-to-Cradle-Ansatz wird eine entscheidende Voraussetzung dafür sein, dass organische Elektronik ein wichtiger Baustein der Energiewende werden kann." Cradle to Cradle bedeutet "von der Wiege zur Wiege", also eine komplette Kreislaufführung eingesetzter Materialien.