Nachts scheint die Sonne nicht und manchmal weht auch kein Wind. Aus diesem banalen Grund schwankt die Menge an Energie, die mit Sonne und Wind erzeugt werden kann. Gleichzeitig erwarten die Menschen, dass genug Strom da ist, wenn sie das Licht anmachen.
Hinzu kommt, dass industrielle Prozesse oft auf eine kontinuierliche Zufuhr an Energie angewiesen sind. Folglich braucht man Energiespeicher, um das Energieangebot und die Energienachfrage in Gleichklang zu bringen.
Am bekanntesten sind hier Pumpspeicherkraftwerke, die Energie speichern, indem sie Wasser einen Berg hinaufpumpen.
Ein rasantes Wachstum erleben zudem Batteriespeicher. In Deutschland wuchsen der Markt für private Batterien letztes Jahr um 52 Prozent und der Markt für industrielle Anwendungen um 24 Prozent.
Doch nicht alle Gegenden eignen sich für Pumpspeicher und noch sind Batterien nicht groß genug, um Energie für Tage oder gar Wochen zu speichern. Zudem geht bei beiden Speichermethoden zwischen einem Fünftel und einem Viertel der Energie verloren.
Gesucht wird also ein Energiespeicher mit einer höheren Effizienz und der Möglichkeit, sehr große Mengen an Energie zu speichern. Oder anders: Gesucht werden Energieverbraucher, die Energie relativ günstig zwischenlagern können.
Damit rückt ein Sektor in den Blick, der sehr große Mengen an Energie verbraucht: Die Industrie benötigt 29 Prozent der Endenergie in Deutschland – zu einem Gutteil als Wärme mit Temperaturen bis zu 1.500 Grad.
Das Praktische an Wärme ist, dass sie sich im Gegensatz zu Elektrizität sehr effizient speichern lässt. In den letzten beiden Jahren haben sich erste Start-ups dies zunutze gemacht und Wärmespeicher für Industriekunden auf den Markt gebracht. Diese haben einen Energieverlust von unter fünf Prozent, wenn man die gespeicherte Wärme anschließend wieder als Wärme nutzt.
Diesen Wert erreicht etwa ein System von Polar Night Energy aus Finnland. Die Firma nutzt Sand als Speichermedium. Darin lässt sich Wärme bis zu 1.000 Grad speichern.
Noch höhere Temperaturen erreichen Kraftblock aus Deutschland und Rondo aus den USA. Deren Systeme eignen sich als Speicher für bis zu 1.300 respektive 1.500 Grad.
Kosteneffizienter als Wasserstoff
Damit lassen sich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Zum einen ermöglichen die Wärmespeicher die Elektrifizierung der Industriewärme. Damit fallen Emissionen weg, da die hohen Temperaturen bisher meist durch Verbrennung von Kohle oder Gas erzeugt wurden.
Gleichzeitig erhöht sich der Strombedarf enorm. Doch dieser Bedarf kann durch die Zwischenspeicherung der Wärme auf das Stromangebot angepasst werden: Wenn Strom billig ist, werden die "Wärmebatterien" geladen, und bei Strommangel eben nicht.
Eine Analyse der Agentur für erneuerbare Energien, Irena, kommt daher zum Ergebnis: "Die thermische Energiespeicherung hat das Potenzial, ein wichtiger Wegbereiter für einen höheren Anteil erneuerbarer Energien im Energiesystem zu sein."
Die Irena erwartet denn auch ein rasantes Wachstum solcher "Wärmebatterien". Im Jahr 2019 gab es weltweit derartige Speicher mit einer Kapazität von 234 Millionen Kilowattstunden – bis zum Ende des Jahrzehnts werde sich dieser Wert verdreifachen, so Irena.
Zudem lassen sich solche Systeme nicht nur in der Industrie, sondern auch für Fernwärmenetze nutzen. Möglich ist schließlich auch die Speicherung von Kälte.
Nützlich für den Markthochlauf sind zudem die Kosten. Eine Analyse des Industrieverbands für langfristige Energiespeicher, LDES Council, und der Beratungsfirma McKinsey aus dem letzten Jahr liefert hier Zahlen: Werden hohe Temperaturen mit Erdgas erzeugt, ergeben sich Kosten von 40 bis 65 US-Dollar je Megawattstunde. Wenn man hingegen die Hitze mit Elektrizität erzeugt und eine "Wärmebatterie" nutzt, kostet die Megawattstunde 30 bis 60 Dollar.
Herkömmliche Batterien oder Wasserstoff können hier nicht mithalten. Diese verursachen Kosten von bis zu 100 Dollar pro Megawattstunde. Die LDES-Analyse kommt daher zum Schluss: Es sei "kosten- und energieeffizienter", Wärme statt Strom zu speichern, "wenn der Endbedarf Wärme ist".
Womöglich wurde das Energiesystem der Zukunft also bislang falsch gedacht. Denn wenn man konsequent Wärme als Energiespeicher nutzt, dann lässt sich der Strombedarf durchaus an das Stromangebot anpassen.