Nächtliche Aufnahme von zwei Blöcken eines Erdgaskraftwerks der South Carolina Public Service Authority.
Auch mit Erdgas geht das fossile Zeitalter in den G20-Staaten weiter. (Foto: American Public Power Association/​Unsplash)

Die G20-Staaten spielen eine Schlüsselrolle beim Klimaschutz. Denn die in dieser Gruppe zusammengefassten 19 Industrie- und Schwellenländer plus die EU sind für drei Viertel der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Ein Report zum Klimagipfel in Glasgow, der in gut zwei Wochen beginnt, zeichnet nun ein besorgniserregendes Bild.

Die Fortschritte seien insgesamt viel zu klein, um das 1,5-Grad-Limit des Pariser Klimaabkommens einzuhalten. Zudem habe sich die Lage mit dem Abflauen der Corona-Pandemie sogar noch verschlimmert. Der CO2-Ausstoß wächst, statt zu sinken.

Im "Climate Transparency Report" analysiert ein Zusammenschluss internationaler NGOs und Thinktanks jährlich den Fortschritt der G20 auf dem Weg zur Klimaneutralität. Die neue Ausgabe zeigt nun: Die Erwartung aus dem vorigen Jahr, der Corona-Einschnitt könne eine Trendwende auslösen, hat sich nicht erfüllt.

Die Emissionen steigen nach dem Rückgang 2020, der im Schnitt sechs Prozent betrug, überall wieder an und drohen zum Teil die Werte von 2019 sogar zu übertreffen. Zudem ist nur ein Bruchteil der Corona-Wiederaufbauhilfen in nachhaltige Bereiche investiert worden, nämlich 0,3 von 1,8 Billionen US-Dollar.

Die Schwellenländer Argentinien, China, Indien und Indonesien werden den Prognosen zufolge schon in diesem Jahr die Vorkrisen-Emissionen von 2019 wieder übertreffen. Das ist besonders bedenklich, da mit China und Indien die Nummern eins und drei der größten globalen Einheizer darunter sind, jedenfalls in absoluten Zahlen.

Jan Burck von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, einer der Autoren des Reports, erläuterte: "Der sogenannte Rebound-Effekt – das Wiederhochschnellen der Emissionen nach einem deutlichen Rückgang in der Coronakrise – fällt sehr groß aus." Steuerten die G20-Staaten jetzt nicht sehr zügig um, drohe das 1,5-Grad-Ziel unerreichbar zu werden.

Deutschland liegt in keinem Bereich mehr vorn

Laut dem Weltklimarat IPCC ist ungefähr eine Halbierung der globalen CO2-Emissionen bis 2030 nötig, um auf einen 1,5-Grad-Pfad zu kommen. Der Bericht zeigt, dass keines der Klimaziele der G20 ausreichend für das Einhalten des 1,5-Grad-Limits ist, sondern man kollektiv auf eine Erderwärmung um 2,4 Grad gegenüber vorindustrieller Zeit zusteuert.

Laut dem Bericht steigt der Anteil von Solar- und Windenergie an der Elektrizitätsversorgung in der G20 zwar zügig an, allerdings nimmt auch der Verbrauch von Kohle und Erdgas wieder zu. Es wird erwartet, dass der Ökostrom-Anteil in den G20-Staaten Ende dieses Jahres immerhin knapp 30 Prozent erreicht. Gleichzeitig wächst jedoch auch die Kohlenutzung geschätzt um fünf Prozent, während der Erdgasverbrauch bereits zwischen 2015 und 2020 um zwölf Prozent gestiegen ist.

Dem früheren Klimavorreiter Deutschland stellt der Report ein schlechtes Zeugnis aus. Anders als zum Beispiel Großbritannien, das bei den zentralen Klimaschutzmaßnahmen in fünf von neun Bereichen zur Spitze gehört, schaffte es die Bundesrepublik kein einziges Mal in die höchste Kategorie.

"Viele andere G20-Staaten haben in den vergangenen Jahren größere Schritte gemacht als Deutschland", sagt Burck. Sie hätten sich zum Beispiel ehrgeizigere Ziele beim Ausstieg aus Kohle und fossilen Verbrennungsmotoren gesetzt und seien zuletzt deutlich engagierter beim Ausbau von Wind- und Solarenergie gewesen.

Der globale Pfad zum 1,5-Grad-Limit

Wo es hingehen muss, zeigt auch der neue Weltenergiebericht der Internationalen Energieagentur IEA. Die IEA legt darin mehrere Szenarien zur Entwicklung des globalen Energiesektors vor.

Eines davon zeichnet einen 1,5-Grad-Kurs vor – und sieht deutlich anders aus als die aktuelle politische Lage. In dem Szenario gibt es ab 2035 keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr, ab 2040 keinen fossilen Strom. Neue Kohletagebaue, Öl- und Gasquellen werden darin ab sofort nicht mehr erschlossen.

Das Geld wird für den Aufbau der erneuerbaren Infrastruktur gebraucht. Die Investitionen in erneuerbare Energien müssten sich im nächsten Jahrzehnt verdreifachen, meint IEA-Chef Fatih Birol. Er warnt davor, sich auf dem Erfolg der erneuerbaren Energien weltweit auszuruhen. Auch die Kohle feiert schließlich klimaschädliche Rekorde.

"Die weltweit sehr ermutigende Dynamik bei den sauberen Energien trifft auf die sturen Platzhirsche der fossilen Kraft- und Brennstoffe in unseren Energiesystemen", sagte Birol. Den Regierungen, die sich in Glasgow treffen, will er mit auf den Weg geben, dass sich die Aufwendungen für die Energiewende mehrfach auszahlen. "Die sozialen und wirtschaftlichen Vorzüge einer beschleunigten Energiewende sind riesig und die Kosten des Nichthandelns sind immens."

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